Es ist ein umstrittenes Thema, das in den kommunalen Verwaltungen in Rheinland-Pfalz aber gerade besonders oft auf den Schreibtischen landet: Freiflächen-Photovoltaikanlagen (PV), die meist auf Feldern örtlicher Landwirte errichtet werden sollen. Der regelrechte Photovoltaik-Boom fordert die Gemeinden heraus.
Freiflächen-Photovoltaik: SGD Süd gibt Kommunen Tipps
Knapp 100 Verbandsbürgermeisterinnen und Bürgermeister und Verwaltungsmitarbeiter aus Bauämtern sind an diesem Morgen nach Neustadt gekommen. Die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Süd hat geladen, damit sich die Kommunen in Sachen Freiflächen-PV und den dazugehörigen kommunalen Planungs- und Genehmigungsprozessen schlau machen können.
Wie sehr das pressiert, zeigt eine kleine Umfrage unter den anwesenden Verwaltungsbeschäftigten: Viele von ihnen stehen gerade vor der Aufgabe, in ihrer Gemeinde oder Stadt die kommunalen Satzungen oder Pläne zu überarbeiten – um einheitlich zu klären, wo Flächen für Photovoltaik-Projekte ausgewiesen werden können.
"Solche Photovoltaik-Investoren rufen bei uns jede Woche an", berichtet Lothar Görg aus dem Bauamt in Eisenberg im Donnersbergkreis. Die Projektierer wollten wissen: "Wie weit sind Sie mit der Planung? Welche Flächen werden ausgewiesen?" Ähnliches berichten andere Bauamtsmitarbeiter, zum Beispiel aus Landstuhl, Bruchmühlbach-Miesau oder der Verbandsgemeinde Kusel-Altenglan.
Gemeinden wollen in puncto Photovoltaik aktiv steuern
Sie berichten, manchmal würden sich Photovoltaik-Investoren an die Verwaltung wenden, die längst mit den Eigentümern der Fläche handelseinig sind und jetzt noch eben die Baugenehmigung der Behörden einholen wollen. Laut den Verwaltungsmitarbeitern würden die Kommunen bis jetzt nur "auf Zuruf" agieren, also als Reaktion auf die Anfrage eines PV-Investors. Das wollen sie ändern und die Handhabung mit ausgewiesenen Flächen künftig aktiv steuern.
Zum Beispiel auch die Verbandsgemeinde (VG) Winnweiler. "Wir haben einen Potentialanalyse bezüglich Flächen-PV für die gesamte VG erstellen lassen", berichtet Bürgermeister Rudolf Jacob (CDU). Das gleiche habe seine Verbandsgemeinde auch für Windenergieanlagen gemacht. "Die Ergebnisse fließen nun in die Fortschreibung des Flächennutzungsplans ein."
"Klimaschutz durch Bauleitplanung" – so der Titel, unter dem die Veranstaltung der SGD Süd steht. Die Gemeindevertreter wollen wissen: "Müssen wir vielleicht den Flächennutzungsplan in unserer Stadt ändern, wenn ein Investor auf uns zu kommt?" Präsident Hannes Kopf erklärt den neuen "Photovoltaik-Leitfaden", gibt Kommunen Tipps für die Praxis, zeigt auf, wie mögliche Flächen über die Regionalplanung, den Flächennutzungsplan, den Bebauungsplan und weitere Stellschrauben ausgewiesen oder ausgeschlossen werden können.
Freiflächen-PV auf fruchtbaren Böden: ein umstrittenes Thema
Die Frage, auf welchen Flächen PV-Anlangen entstehen dürfen, ist umstritten. Seit 2023 sind Freiflächen-PV unter gewissen Umständen längs von Autobahnen oder zweischienigen Bahngleisen möglich. Bis jetzt werden im Land die meisten Freiflächen-Photovoltaik-Projekte auf sogenannten "Restriktionsflächen" umgesetzt, zumeist sind das Flächen, die vorrangig der Landwirtschaft zugesprochen sind, ordnet Hannes Kopf von der SGD Süd ein.
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Kritik wird laut, wenn für PV-Anlagen letztlich fruchtbare – also ertragsreiche – Böden genutzt werden. Das sei gar nicht notwendig, unterstreicht der Präsident der SGD Süd. In RLP gebe es ausreichend ertragsarme Ackerflächen, die für Photovoltaik-Anlagen genutzt werden könnten. In der Verbandsgemeinde Winnweiler soll die erwähnte Potentialanalyse genau darauf Rücksicht nehmen. "Es sind dort nur unterdurchschnittlich ertragreiche Ackerflächen ausgewiesen", so Bürgermeister Rudolf Jacob.
Photovoltaik-Boom wirkt sich auf Pachverträge von Bauern aus
Und doch hat der Photovoltaik-Boom für die Landwirte im Land jetzt schon Folgen. Das zeigt ein Beispiel aus Pirmasens-Windsberg.
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Der dort ansässige Schweinebauer Uwe Bißbort beobachtet: Eigentümer von Ackerflächen, die diese früher langfristig an Bauern wie ihn verpachtet haben, würden sich in jüngster Zeit anders verhalten.
Die Flächen-Eigentümer hofften darauf, ein lukratives Angebot von einem PV-Projektierer zu bekommen. Sie würden deswegen nur für die nächsten Monate ihre Flächen an die Landwirte vermieten. Für Bißbort – ein Riesenproblem, da er schon im Vorjahr die Fruchtfolge auf seinen Feldern für das kommende Jahr planen muss. "Wir Landwirte sind ja grundsätzlich nicht gegen erneuerbare Energien, aber wir brauchen eine gewisse Planungssicherheit und die wird uns momentan genommen."
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Der Pirmasenser Bauer würde sich wünschen, dass Landwirte in den Flächenplanungs-Prozess der Kommunen eingebunden werden. "Das Problem ist aktuell, dass sich die Gemeinden nicht vorher mit der Landwirtschaft zusammensetzen und über die Gebiete nachdenken, wo man so was umsetzen kann", so Bißbort.
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Auch er glaubt, dass es in der Umgebung von Pirmasens genügend Flächen gibt, die für Freiflächen-Photovoltaik genutzt werden könnten, weil sie für Landwirte ohnehin nicht viel Ertrag abwerfen. Er ist sich sicher: Wenn Bauern bei der Flächenauswahl beteiligt werden und es dann von den Kommunen eine transparente Regelung zu ausgewiesenen Flächen gibt, dann sei das letztlich für alle Akteure besser und planbarer.