Erik Sturm steht im Foyer der Pfalzgalerie hinter einem großen Tisch. Darauf die beiden jeweils etwa acht Zentimeter dicken Plakatblöcke, diverse Klebematerialien und ein Gerät, dass Wasserdampf ausstößt. Damit löst Erik Sturm die einzelnen Plakate ganz vorsichtig voneinander ab.
Eine der letzten Litfaßsäulen in Kaiserslautern
Die Plakate wurden über circa 30 Jahre auf die Litfaßsäule am Kaiserslauterer Pfaffplatz geklebt, erzählt Sturm. Das genaue Datum wird er ganz am Ende, wenn alle Plakate abgelöst sind, rausfinden, hofft der Künstler. Die Litfaßsäule sei eine der letzten in Kaiserslautern, sagt Svenja Kriebel von der Pfalzgalerie. Mit der Aufstellerfirma sei vereinbart worden, dass sie zunächst nicht abgebaut wird.
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Die Litfaßsäule als städtische Chronik
Erik Sturm ist eigentlich Bildhauer. Er arbeitet aber nicht nur mit Holz und Stein, sondern, so erzählt er, er versucht andere Materialien zu be- und verarbeiten, die nicht offensichtlich erscheinen. Beispielsweise begleite er die Bahnhofsbaustelle Stuttgart21 künstlerisch. Eines seiner Materialien dort sei Feinstaub, erzählt Sturm. Litfaßsäulen haben es ihm schon länger angetan. Denn – so erzählt er – sie seien eine Art städtische Chronik. Die Werbung im Wandel der Zeit zeige, wie sich der Zeitgeist verändert habe, wie sich Mode geändert hat, auf welche (auch menschlichen) Stereotypen in der Werbung zurückgegriffen worden sei.
Mit Motorsäge an die Plakate
Die Litfaßsäule vom Pfaffplatz wurde nie abgeschält. Die Plakate wurden einfach Monat für Monat, Jahr für Jahr überklebt, immer wieder. Auf acht Zentimeter ist die Plakatschicht dabei im Laufe der Zeit angewachsen. Das hat Erik Sturm im Mai herausgefunden, als er in strömendem Regen mit Motorsäge, Hammer und Meißel die beiden Plakatblöcke von der Litfaßsäule gelöst hat. Harte Arbeit sei das gewesen, die mehrere Stunden gedauert habe, blickt Sturm zurück.
Besucher können gemeinsam mit Erik Sturm Plakate ablösen
In der Pfalzgalerie konnten Besucher gemeinsam mit dem Künstler die Plakate ganz vorsichtig voneinander lösen. "Werbegrabung" hieß die Aktion. Die abgelösten Plakatausschnitte werden zunächst im Treppenhaus im Foyer der Pfalzgalerie an Klemmbügeln aufgehängt und sorgfältig nummeriert. "Mitgegraben" haben über drei Tage Schulklassen und Privatpersonen, erzählt Svenja Kriebel von der Pfalzgalerie. Ab Mitte September wird eine Auswahl der Plakate in der Ausstellung "Betze, K-Town, Pfaff" zu sehen sein. Die Besucher können nach Abschluß der Ausstellung ihr Plakat – von Erik Sturm signiert – mit nach Hause nehmen.
Archäologie an der Litfaßsäule
Inzwischen hat Sturm mit Hilfe der Besucher schon über 200 Plakate voneinander gelöst. Viel Zigarettenwerbung sei dabei, so Sturm, aber auch Coca-Cola-Werbung. Nur wenig regionale Veranstaltungen habe er bisher gefunden. Das sei schade, findet Sturm. Aber dennoch hofft er, dass er noch Plakate findet, die konkrete Daten enthalten – um am Ende eben genau zu wissen, in welchem Jahr das erste Plakat auf die Litfaßsäule am Kaiserslauterer Pfaffplatz geklebt wurde.