Das Gedenken an den 9. November 1938 stand in diesem Jahr unter dem Eindruck des Angriffs der Terrororganisation Hamas auf Israel. Viele Juden im Land fühlen sich alleine und nicht mehr sicher. Als sichtbares Zeichen der Solidarität wurde an der rheinland-pfälzischen Staatskanzlei die israelische Flagge gehisst.
Dreyer: Judenfeindlichkeit entschieden und entschlossen entgegenstellen
Bei einer Gedenkstunde zum 85. Jahrestag der Reichspogromnacht erinnerte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) in der Neuen Synagoge in Mainz an die bleibende Verantwortung, jüdisches Leben in Deutschland zu schützen und gegen Antisemitismus vorzugehen. Es dürfe niemanden gleichgültig lassen, dass jüdische Bürger und Bürgerinnen derzeit auch in Rheinland-Pfalz Angst hätten, ihre Kinder in die Schule zu schicken, den Bus zu nutzen oder in die Synagoge zu gehen, so Dreyer.
Mit Blick auf den Angriff der radikal-islamischen Hamas auf Israel ergänzte Dreyer, wer die terroristische Gewalt verherrliche oder öffentlich das Existenzrecht Israels in Frage stelle, werde mit aller Härte des Gesetzes verfolgt. Neben dem Staat sei auch jeder und jede Einzelne gefordert, sich Judenfeindlichkeit entschieden und entschlossen entgegenzustellen.
Festnahme in Mainz wegen Zwischenfall
Parallel zur Gedenkveranstaltung in der Mainzer Synagoge ist ein Mann festgenommen worden. Nach Angaben der Polizei hat der 31-jährige polizeibekannte Wohnsitzlose einen Silvesterböller auf die Straße hinter der Synagoge geworfen und "Free Palästina" gerufen. Ihn erwarte jetzt eine Anzeige wegen des Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz, teilte die Polizei mit.
Fuhr: "Antisemitismus ist leider eine bittere Realität"
Die Beauftragte für jüdisches Leben und Antisemitismusfragen im Land, Monika Fuhr, teilte mit, es sei wichtig, dass das Erinnern "an die Gräueltaten, die in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 stattfanden, und an die Opfer der Shoah" nie aufhören dürfe. Das Engagement vieler junger Menschen in diesem Zusammenhang sei sehr ermutigend.
Die Beauftragte forderte alle Demokratinnen und Demokraten auf, über den Tag des Gedenkens hinaus aktiv zu bleiben. "Wer das Bekenntnis ‚Nie wieder‘ ernst meint, muss beständig aktiv bleiben und gegen Antisemitismus und für unsere Demokratie kämpfen", so Fuhr.
Gestiegene Anzahl der Straftaten Antisemitismus-Beauftragter Felix Klein: "1938 ist nicht 2023"
85 Jahre nach der Pogromnacht fühlen sich viele Juden in Deutschland nicht sicher. Über die aktuelle Lage haben wir mit dem Antisemitismus-Beauftragten, Felix Klein, gesprochen.
Landesweit gab es zahlreiche Gedenkveranstaltungen
Im Koblenzer Rathaus wollten Schülerinnen und Schüler von 20 Schulen der NS-Opfer gedenken. Mehrere Landtagsabgeordnete besuchten Schulen, um mit Jugendlichen über den Nazi-Terror zu sprechen.
In Kaiserslautern fand die Gedenkveranstaltung der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes statt. Daran nahmen auch Mitglieder der jüdischen Gemeinde Kaiserslautern und der Deutsch-Israelischen Gesellschaft teil. Auch Gläubige der Kirchen waren zur Teilnahme eingeladen.