Seit dem 1. April kann hierzulande jede volljährige Person 25 Gramm Cannabis dabei haben und auch in der Öffentlichkeit rauchen. Das neue Gesetz zur Teil-Legalisierung der Droge tritt in Kraft, nach langen Debatten - und unter anhaltender Kritik. So hat Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) gar vor einem "Kiff-Tourismus" aus dem Nachbarland Frankreich gewarnt.
Die Politik in Rheinland-Pfalz sieht das gelassener. Auch Jörn Patzak, Leiter der JVA Wittlich und Drogenexperte, warnt im Gespräch mit dem SWR vor Panikmache.
Ist Kiffen in Luxemburg, Belgien und Frankreich erlaubt?
Luxemburg hat im Sommer 2023 die Regeln bei Cannabis liberalisiert. Seit Juni gilt ein Gesetz, wonach der Anbau von bis zu vier Cannabispflanzen pro Haushalt legal ist. Besitz und Erwerb von bis zu drei Gramm Cannabis werden nicht strafrechtlich verfolgt, sondern als Ordnungswidrigkeit behandelt, wie etwa Falschparken. Wer allerdings mehr als drei Gramm Cannabis in der Öffentlichkeit mit sich führt, gilt als Drogenhändler und muss mit entsprechenden Strafen rechnen.
Im Nachbarland Belgien ist die Rechtslage ähnlich. Seit Juni 2023 wird der Cannabisbesitz zum persönlichen Gebrauch nicht mehr strafrechtlich verfolgt. Die Grenze liegt bei drei Gramm beziehungsweise einer Pflanze. Es wird jedoch ein Bußgeld von 75 bis 125 Euro verhängt. Für Wiederholungstäter steigt das Bußgeld.
Ganz anders sieht es in Frankreich aus. Das Land hat eines der härtesten Drogengesetze in Europa. Eine Legalisierung von Cannabis ist nicht in Sicht. Die medizinische Nutzung der Pflanze zur Behandlung schwerer Krankheiten ist zwar seit dem 1. März 2022 erlaubt. Grundsätzlich sind Anbau, Verkauf, Besitz und Konsum von Cannabis aber illegal. Teils drohen drastische Geld- oder Haftstrafen.
Interessant in diesem Zusammenhang: Die Zahl der Cannabis-Konsumenten ist in Frankreich deutlich höher als im europäischen Durchschnitt. Mehr als 47 Prozent der Befragten gaben für eine Studie an, mindestens einmal im Leben Cannabis zu sich genommen zu haben. Zum Vergleich - in Deutschland sind es knapp 35 Prozent.
Was sagt das Innenministerium zum "Kiffer-Tourismus"?
Unsere Nachbarinnen und Nachbarn aus Luxemburg und Belgien haben also objektiv betrachtet keinen Grund, zum Kiffen umständlich nach Rheinland-Pfalz zu reisen. Die Franzosen vielleicht schon eher. Das rheinland-pfälzische Innenministerium hält die "Etablierung eines solchen Phänomens" aber zumindest für fraglich. Denn die Regelungen für den Besitz von Cannabis im nicht-öffentlichen Raum - Stichwort drei Pflanzen auf der Fensterbank - gelten laut Ministerium ausschließlich für Personen mit Wohnsitz in Deutschland.
Gleichwohl werde die rheinland-pfälzische Polizei genau beobachten, ob ein "Kiffer-Tourismus" im deutsch-französischen Grenzgebiet tatsächlich stattfinden wird, so eine Sprecherin. "Sollte im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des Gesetzes eine solche Lageveränderung eintreten, werden die polizeilichen (Kontroll-)Maßnahmen entsprechend überprüft und - soweit erforderlich - natürlich angepasst", hieß es.
Dürfen Ausländer Mitglied in Cannabis-Clubs werden?
Frei verkäuflich ist Cannabis in Deutschland auch nach dem 1. April nicht. Wer rauchen will, muss selbst gärtnern und ernten. Entweder die erwähnten drei Pflanzen in der eigenen Wohnung oder in so genannten Cannabis-Social-Clubs - vom Gesetzgeber offiziell Anbaugemeinschaften genannt. Diese Vereine sind streng reglementiert. Und die Ernte darf auch nur an Mitglieder abgegeben und nicht außerhalb des Vereins verkauft werden. Das Gesetz für die Anbaugemeinschaften tritt aber erst am 1. Juli 2024 in Kraft.
Außerdem müssen Mitglieder von Anbauvereinigungen ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben. Personen mit Wohnsitz in einer Grenzregion können daher nicht Mitglied einer Anbauvereinigung in Deutschland werden. Die Bundesländer können auch die Anzahl der Anbauvereinigungen auf eine je 6.000 Einwohner pro Stadt oder Landkreis beschränken. Nach Auskunft des Sozialministeriums hat Rheinland-Pfalz vor, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen.
Eifeler Konsumenten freuen sich Cannabis-Legalisierung: Prümer Verein darf bald loslegen
Der Bundestag hat die Cannabis-Legalisierung beschlossen. Die Abgabe und der Anbau werden demnach über Vereine geregelt. Einen solchen gibt es beispielsweise in der Eifel.
Die Clubs sind zudem erst ab dem 1. Juli erlaubt, das heißt, ab diesem Datum können Anträge auf eine Betriebsgenehmigung bei der zuständigen Behörde gestellt werden. Welche das ist, entscheiden die Bundesländer selbst. Die Räumlichkeiten müssen etliche Vorgaben erfüllen, unter anderem einbruchssicher sein. Privatpersonen und die geplanten Cannabis-Clubs dürfen legal Saatgut für den Anbau von Cannabispflanzen aus dem Ausland erwerben. Außerdem dürfen die Clubs Samen und Stecklinge für den Eigenanbau zu Hause an ihre Mitglieder weitergeben.
Realistisch betrachtet wird kaum schon am Stichtag 1. Juli jeder Anbauverein Cannabis an seine Mitglieder ausgeben können. Denn auch eine Hanfpflanze muss erstmal wachsen. Bis legal geerntet werden kann, dauert es zwei bis drei Monate. Wenn sich die Anbauvereine also an die gesetzlichen Vorgaben halten, gibt es wohl nicht vor Herbst 2024 legal Cannabis für die Mitglieder.