13 Jahre nach dem Aussetzen der allgemeinen Wehrpflicht ist in Deutschland eine Debatte über die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr entbrannt. Angesichts der aktuellen Weltlage - vor allem mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine - fordern zahlreiche Experten, die Personalstärke der Bundeswehr deutlich zu erhöhen.
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat am Mittwoch vergangener Woche seine Pläne für einen neuen Wehrdienst vorgestellt. Ziel sei, bis 2031 die Zahl der Soldatinnen und Soldaten auf mindestens 203.000 zu erhöhen und eine Reserve mit bis zu 260.000 Frauen und Männern zu bilden. Derzeit dienen rund 181.500 Soldatinnen und Soldaten im deutschen Militär, hinzu kommen knapp 81.000 zivil Beschäftigte.
34.600 Reservisten können derzeit Truppe verstärken
Die Zahl der Reservisten liegt laut Pistorius aktuell bei rund 60.000. Davon sind aber laut Bundeswehr-Landeskommando Rheinland-Pfalz nur rund 34.600 sogenannte Grundbeorderte - also so ausgebildet, dass sie die aktive Truppe im Kampf verstärken oder ersetzen könnten. Ziel sei es nun "künftig bis zu 60.000 Männer und Frauen als Reservisten in einer sogenannten Grundbeorderung zu haben", betonte Generaleutnant Andreas Hoppe, Stellvertreter des Generalinspekteurs und Beauftragter für Reservistenangelegenheiten.
Im Verteidigungsministerium werde nun geprüft, "wie groß die Zahl derer ist, die grundsätzlich im Verteidigungsfall zum Dienst herangezogen und geeignet sein könnten". Dabei spricht man - im Gegensatz zu den Grundbeorderten - von "unbeorderter Reservistentätigkeit". Es geht also um die Bürger, die einmal Dienst in der Bundeswehr geleistet haben, aber nicht beordert sind.
"Es gibt dazu unterschiedliche Zahlen. Wir gehen davon aus, dass es etwa 800.000 sind, die noch wehrrechtlich herangezogen werden können", sagte Hoppe.
Zahl der Reservisten unklar
Auch in Rheinland-Pfalz gibt es keine konkreten Zahlen. Eine detaillierte Aufschlüsselung - beispielsweise nach Bundesländern - sei unverhältnismäßig aufwendig, sagte ein Sprecher des Landeskommandos in Mainz auf SWR-Anfrage.
Die Gesamtzahl aller Reservisten in Deutschland umfasse etwa 930.000 Frauen und Männer, heißt es aus Mainz. Das seien aber alle Personen, "die in irgendeiner Weise seit Gründung in der Bundeswehr Dienst geleistet haben und das Lebensalter von 65 Jahren noch nicht vollendet haben".
Eine Auswertung von Daten sei aber schwierig, so das Landeskommando. Gründe dafür gebe es viele: "die Wiedervereinigung und zusätzliche Datenerfassung von Angehörigen der NVA, die Umstellung von Papier auf IT-basierte Datenerfassung, die Aussetzung der Wehrpflicht mit beschränkter Wehrerfassung".
Vorbereitung auf den Verteidigungsfall Kriegsdienstverweigerer aus dem Raum Koblenz wird Soldat der Reserve
Christoph K. aus dem Raum Koblenz hat als junger Mann den Kriegsdienst verweigert. In den letzten Jahren hat er umgedacht und wird jetzt Soldat der Reserve bei der Bundeswehr.
Programm für Ungediente
Um deren Anzahl der Reservisten zu erhöhen, hat die Bundeswehr schon vor Jahren ein Programm für Ungediente aufgelegt, das seit 2019 auch in Rheinland-Pfalz angeboten wird. Seitdem "wurden im Verantwortungsbereich des Landeskommando Rheinland-Pfalz insgesamt 121 Ungediente ausgebildet", teilte das Bundeswehr-Landeskommando mit.
Nach dem Beginn des Ukraine-Krieges Anfang 2022 habe sich die Zahl der Bewerber für dieses Programm erhöht. Aktuell würden etwa 40 weitere Ungediente dazu kommen, die ihre Ausbildung an diesem Wochenende mit einem öffentlichen Gelöbnis abschließen würden. Diese würden dann den bereits bestehenden beiden Heimatschutzkompanien in Rheinland-Pfalz hinzugefügt.