Schüsse knallen über den Truppenübungsplatz in Baumholder im Landkreis Birkenfeld. Sieben Männer und Frauen stehen in einer Reihe. Alle tragen Tarn-Uniformen und zielen konzentriert auf Pappscheiben. Sie sind sogenannte "Ungediente", also Menschen, die bislang noch nie in der Bundeswehr gedient haben.
Ausbildung für "Ungediente" bei der Bundeswehr
Sie absolvieren eine spezielle Kurz-Ausbildung bei der Bundeswehr, um Soldat der Reserve zu werden. Das Programm für Ungediente wurde 2019 bundesweit aufgelegt.
In der Reihe steht auch Christoph K. Wie bei der Bundeswehr üblich, dürfen wir nicht seinen vollen Namen nennen. Mit einem Gewehr zu schießen sei gewöhnungsbedürftig, sagt er: "Wenn man das vorher noch nie gemacht hat, dann ist der Adrenalinspiegel schon ganz schön hoch."
Früher Kriegsdienstverweigerer - jetzt Soldat der Reserve
Dass er einmal in Tarnfarben-Uniform ein Gewehr in der Hand hält, hätte Christoph als junger Mann nicht gedacht. Damals verweigerte er den Wehrdienst. Der Jugoslawienkrieg sei beendet gewesen, Kriege hätten sich in Afghanistan oder im Irak abgespielt, sagt er: "Sie waren weit weg. Dieser Illusion hat man sich damals gerne hingegeben."
Die Annexion der Krim durch Russland habe bei ihm einen Prozess in Gang gesetzt, erklärt er. Er habe realisiert, dass der Verteidigungsfall näher an Deutschland heranrückt. Nach einigen Jahren habe er dann die Entscheidung getroffen, Soldat der Reserve zu werden.
Ausbildung für Ungediente setzt sich aus zwei Modulen zusammen
Vier Wochen dauert die Ausbildung für Ungediente. Sie ist in zwei Module aufgeteilt. Voraussetzungen: Man muss zwischen 18 und 65 Jahren alt sein und körperlich und mental fit sein. Außerdem darf man keine Vorstrafen haben und auch nicht einer radikalen Partei angehören.
Im Verteidigungsfall - kurz V-Fall - könne ein Soldat der Reserve im Heimatschutz eingesetzt werden, um kritische Infrastruktur zu bewachen und zu verteidigen, erklärt Oberstleutnant Wilfried Luchtenberg: "Etwa Wasserwerke, Stromunternehmen oder militärische Einrichtungen oder Depots der Bundeswehr gehören dazu."
Das Interesse an der Ausbildung für Ungediente sei seit dem Ausbruch des Ukrainekrieges gestiegen. Es gebe aber keine Statistik darüber, ob auch mehr Kriegsdienstverweigerer darunter seien, so Oberstleutnant Luchtenberg. Der 40-jährige Christoph K. sei aber kein Einzelfall. Der wiederum sieht sich in seiner Entscheidung bestätigt. Christoph befürchtet, dass seit dem Ukraine-Krieg der V-Fall näher gerückt ist: "Und wenn der V-Fall eintritt, möchte ich wissen, was zu tun ist und einen Beitrag leisten."