Mehr als 1.400 Soldatinnen und Soldaten haben in den vergangenen Tagen den Schutz wichtiger Infrastruktur in verschiedensten Übungsszenarien in ganz Deutschland durchgespielt. Für die Heimatschutz-Übungen wurden überwiegend Reservisten eingesetzt, zusammen mit aktiven Soldaten und dem Landeskommando der Bundeswehr, regionalen Organisationen und Rettungskräften.
Auch in Kriegsfeld – auf einem ehemaligen Munitionslager im Donnersbergkreis, das bis 2028 wieder reaktiviert werden soll – wurde der Ernstfall durchgespielt. Ziel der Übung: die Sicherung und der Schutz des Munitionslagers.
Szenario 1: Waffenlieferung zum Munitionslager in Kriegsfeld
Ein Konvoi aus mehreren Bundeswehr Lkw liefert Munition ins Lager nach Kriegsfeld. Der Checkpoint am Gate ist maximal abgesichert: Maschendrahtzaun, Absperrgitter, überall uniformierte Menschen mit Walkie-Talkies und großen Maschinengewehren im Anschlag. Oberst Stefan Weber, Kommandeur des Landeskommandos Rheinland-Pfalz beobachtet die Übungen. Für ihn ist es nach eigenen Angaben immens wichtig, das eigene Land fit zu machen für den möglichen Ernstfall. Denn seit dem Beginn des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs gegen die Ukraine werde immer klarer, dass Russland in fünf bis acht Jahren in der Lage sein werde, auch NATO-Territorium anzugreifen. Deshalb werde auch das Munitionslager in Kriegsfeld 2028 wieder in Betrieb genommen.
Die ankommenden Lkw werden am Gate nacheinander mit einem Inspektionsspiegel von vorne bis hinten nach möglichen versteckten Sprengladungen abgesucht und Berechtigungsscheine kontrolliert. "Alles sauber!", ruft ein Reservist. Es sind zahlreiche Freiwillige aus dem Heimatschutz im Einsatz: Ärzte, Juristen, Elektriker, IT-ler, Handwerker, von Anfang 20 bis 60. Es sei im Trend, sich als Reservist bei der Bundeswehr zu melden, sagt Weber. "Immer mehr Menschen kommen bewusst zum Heimatschutz, wollen etwas für ihr Land tun", sagt er.
Szenario 2: Drohnenspionage mit Sprengstoff an Bord
Kurz später surrt eine Drohne über dem Munitionslager und macht verbotene Luftaufnahmen vom riesigen abgesperrten Gelände. Ein Spionageakt von außen, der Feind ist unsichtbar. Mit einer sogenannten Strahlenkanone wird die Dohne kontrolliert zum Absturz gebracht. Sie trägt allerdings eine explosive Ladung an Bord. Ein Sprengstoff-Hund kommt zum Einsatz und schlägt nach wenigen Sekunden Alarm, hier ist Sprengstoff im Spiel. Die Bombenentschärfer müssen anrücken. Die Feldjägerkräfte der Bundeswehr unterstützen die Heimatschutzkompanie Rheinland-Pfalz in diesem Fall. Auch hier geht alles glatt.
Szenario 3: Sabotageakt von Eindringlingen im Munitionslager-Gelände
Wir stehen mitten im Wald auf dem mehrere Hektar großen Gelände des ehemaligen Munitionslagers in Kriegsfeld. Hier und da raschelt es im Wald, das Unterholz knackt und durch einen Zaun dringt ein Spion in die Anlage, um das Gelände und die Bunker zu Fuß auszuspionieren. Ein Eindringling wird nach wenigen Minuten entdeckt und kann schnell überwältigt werden. Eine zweite unbekannte Person schleicht aber immer noch durch das unübersichtliche und zugewachsene Gelände. Ein Spürhund muss helfen, er entdeckt die Fährte des Eindringlings in wenigen Sekunden, rennt auf die Person zu und reißt sie unmittelbar zu Boden. Gemeinsam mit den Reservisten werden die Festgenommenen an die örtliche Polizei übergeben.
Szenario 4: Kritischer Einbruch in Munitionslager-Bunker
Es kommt zum Höhepunkt der Übung. Zwei vermummte Eindringlinge machen sich am Schloss des Munutionsbunkers zu schaffen und knacken es in wenigen Minuten. Jetzt zählt jede Sekunde, damit keine sensiblen Informationen über Waffen und Munition an den Feind gehen. Von allen Seiten laufen Reservisten zum Bunker, schreien, es fallen Schüsse und zwei Menschen krachen zu Boden. Kurz später kommen weitere Soldaten, Rettungskräfte und Polizei von überall dazu. Auch die 26-jährige Reservistin Laura R. Sie ist studierte Juristin und Teil der Heimatschutzkompanie in Rheinland-Pfalz.
Jetzt geht es darum, effektiv zusammenzuarbeiten, um die Verwundeten aus den eigenen Reihen zu retten und die gefangenen Eindringlinge festzunehmen. Die Bilanz nach dem Feuergefecht: ein Schwerverletzter und ein Toter. Die Übung ist vorbei und Oberst Stefan Weber sehr zufrieden mit dem Tag. Das Zusammenspiel der zivilen Rettungskräfte mit militärischen Rettungskräften, die Versorgung der Verwundeten und Verletzten, die Sicherung des Objektes und die anschließende Übergabe der Festgenommenen an die Polizei habe reibungslos geklappt, sagt Weber. Er ist zufrieden.
Landeskommando Rheinland-Pfalz: Wie werde ich Reservist?
Im Krisenfall verstärkt und koordiniert das Landeskommando Rheinland-Pfalz den Schutz verteidigungswichtiger Infrastruktur im Land - Hand in Hand mit den für den Schutz ziviler kritischer Infrastruktur zuständigen Behörden des Landes. Dafür werden Heimatschutzkräfte bereitgestellt, die vom Landeskommando ausgebildet werden.
Seit 2019 bietet die Bundeswehr Ungedienten diese Ausbildungsmöglichkeit einer militärischen Ausbildung zum Soldaten der Reserve an. Rheinland-Pfalz hat aktuell zwei Heimatschutzkompanien, in denen sich jeweils etwa 120 Reservistinnen und Reservisten engagieren.