Wer gerne gut isst und trinkt, kann an diesem Wochenende auf dem Stuttgarter Messegelände viele verschiedene Gerichte und Lebensmittel probieren. Dort läuft die Messe „Markt des guten Geschmacks“. Sie ist ein Treffpunkt der Slow Food-Bewegung. Was Slow Food genau ist, hat SWR Aktuell Moderator Jonathan Hadem mit der Ernährungsberaterin Anna Dandekar besprochen.
SWR Aktuell: Slow Food heißt übersetzt „langsames Essen“. Worum geht es den Anhängern dieser Bewegung?
Anna Dandekar: Es ist die Gegenbewegung zum Fastfood, also zu schnell zubereitetem, hoch verarbeitetem Essen internationaler Restaurantketten. Es wurde ursprünglich in Italien gegründet und entstand als Gegenbewegung zu einer Mc Donald’s Filiale, die auf der Piazza Navona gebaut wurde (1986 in Rom, Anmerkung der Redaktion).
Inzwischen sind sie weltweit vertreten. Der Maßstab der Bewegung heißt gut, sauber und fair. Das kann man übersetzen mit regional, nachhaltig und in fairen Arbeitsbedingungen hergestellt. Es geht bei Slowfood also nicht um die Geschwindigkeit beim Essen, sondern wirklich um das Gegenteil von Fastfood. Und zwar in allen Belangen.
SWR Aktuell: Heißt das denn dann auch, das Slow Food automatisch gesund ist?
Dandekar: Nein. Bei Slow Food geht es hauptsächlich um den Genuss und die Qualität. Außerdem um den regional angepassten Anbau und die Biodiversität. Das kann zwar gleichzeitig auch gesund sein und ich bin mir auch sicher, dass man so schon einen sehr großen Schritt in Richtung langes Leben geht. Aber die einzelnen Produkte macht es deswegen nicht weniger ungesund. Nehmen wir mal den Schwarzwälder Schinken, der kann Slow Food sein, wenn er regional ist. Also es gibt bestimmt Bauern hier in Deutschland, die ihre Schweine richtig gut halten, diese Produkte traditionell herstellen. Trotzdem enthält der Schinken eine Menge gesättigtes Fett und Nitritpökelsalz. Und die sind bekanntlich gar nicht gesund. Das heißt jetzt nicht, dass man ihn gar nicht essen darf. Aber man muss sich halt darüber bewusst sein und dann lieber in Maßen genießen. Wie bei Slow Food eben.
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SWR Aktuell: Wenn ich jetzt selbst nach den Regeln der Slow Food Bewegung kochen möchte, dann kann ich meine Sachen natürlich im kleinen Hofladen kaufen, bei mir um die Ecke. Aber geht das denn auch im großen Supermarkt?
Dandekar: Wenn ich die Wahl habe, würde ich auf jeden Fall wirklich immer den kleinen Hofladen nehmen. Denn eigentlich ist es genau das, was Slow Food vertritt. Der kleine regionale Bauer, der zu fairen Preisen traditionell heimische Produkte verkauft. Viele haben diese Wahl aber nicht. Da würde ich dann im Supermarkt schauen, dass ich möglichst regionale Angebote kaufe. Die gibt es inzwischen immer öfter. Man kann sich auch Biokisten nach Hause liefern lassen, im Bio-Supermarkt einkaufen oder auch auf der Messe vorbeischauen und sich da noch mal Inspiration holen.
SWR Aktuell: Muss es denn tatsächlich immer Bio sein oder gehen bei Slow Food auch Lebensmittel aus konventioneller Erzeugung und ohne Bio-Siegel?
Dandekar: Bio muss nicht direkt draufstehen, aber die Erzeugung sollte eben gut, sauber und fair sein. Das ist die konventionelle Erzeugung definitiv nicht. Aber nicht jeder Bauer kann sich das Bio-Siegel auch leisten, obwohl er oder sie die Slow Food Kriterien erfüllt. Zum Beispiel kenne ich das wirklich oft bei Eiern, dass man die Hühner draußen rumrennen sieht auf dem Misthaufen. Man weiß, es geht ihnen gut, aber es gibt keinen Biostempel. Das würde ich trotzdem als Slow Food kategorisieren. Auf der anderen Seite gibt es natürlich auch wirklich unzählige Bioprodukte, die weder regional sind noch fair bezahlt angebaut werden und die entsprechen dann eben auch nicht Slow Food Kriterien.
SWR Aktuell: Slow Food legt ja besonders großen Wert darauf saisonal zu kochen. Gibt es denn ein Gericht, das ich jetzt Anfang April ausschließlich mit saisonalen Zutaten kochen kann?
Dandekar: Ja, wir sind mitten in der Bärlauch-Saison und am Anfang der Spargelzeit und zu beiden passen sehr gut Kartoffeln. Die gibt es jetzt auch noch aus Deutschland. Also man könnte zum Beispiel Salzkartoffeln machen. Dazu einen Bärlauch-Rahm mit Spargelspitzen und einen Radieschensalat. Die haben auch gerade Saison. Wenn man es jetzt nicht ganz so fancy machen möchte, kann man natürlich einfach nur ein Bärlauch- oder Spargelsüppchen machen. Ganz wichtig für Slow Food wäre dann noch, dass man es wirklich gut genießt.