Es war eine politische Kernschmelze, die sich da gestern Abend in Berlin ereignet hat. Schon lange gab es tiefe Risse in der Ampel-Hülle, jetzt hat sich auch das Zentrum der Koalition verflüssigt - die selbsternannte Fortschrittskoalition ist seit der Nacht Geschichte.
Die Bundespolitik steckt in ihrer schwersten Krise seit Jahrzehnten - und das in einer wirtschaftlich angespannten und geopolitisch herausfordernden Lage. Bundespräsident Steinmeier hat zwar heute gesagt: Es ist nicht das Ende der Welt, nur das einer Regierung. Das heißt aber nicht, dass Kanzler Scholz nun so tun kann als sei nichts geschehen. Das hat er jetzt drei lange Jahre getan, Machtworte nur geflüstert, Streit nur moderiert.
Die Republik hat aber keine Zeit für Stillstand. Deshalb müssen rasch Neuwahlen her, nicht erst im März. Auch für Baden-Württemberg steht viel auf dem Spiel: Wenn nicht bald Klarheit in Berlin herrscht, sind auch die Gemeinsamkeiten der grün-schwarzen Regierung im Land rasch aufgebraucht. Und es wird auf Wahlkampf umgeschaltet.
Zügige Neuwahlen gefordert Ampelkoalition gescheitert: So reagiert die Politik in Baden-Württemberg
Gegenseitige Vorwürfe zwischen SPD und FDP, scharfe Kritik an allen Ampel-Parteien bei der CDU: So fallen die Reaktionen aus BW auf das Ende der Ampelkoalition im Bund aus.
Vor allem Cem Özdemir geht dabei ins Risiko: Statt als Bundesminister in den Wahlkampf um die Nachfolge von Ministerpräsident Kretschmann zu ziehen, könnte der Grüne bald ohne Amt und Mandat dastehen. Immerhin fällt der politische Ampel-Ballast bald von ihm ab.
Und sein Herausforderer Manuel Hagel von der CDU? Der hätte von der Fortsetzung des Koalitionschaos in Berlin bis weit ins nächste Jahr hinein eher profitiert. Die Versuchung ist sicherlich groß, auch in Baden-Württemberg auf Angriff zu gehen. Doch das Risiko ist hoch, dass es in diesem Fall zur vorzeitigen Abschaltung der Landesregierung kommen könnte.