Mittlerweile ist es fast zwei Wochen her, aber ich muss sagen: Die Olympischen Spiele fehlen mir mehr, als ich gedacht hätte. Das war schon eine ganz erholsame Alternative zu dieser ansonsten recht anstrengenden Phase der Weltgeschichte. Und vor allem war es so klar.
Die Kolumne zum Wochenende können Sie sich hier auch anhören:
Leute laufen um die Wette, und am Ende gewinnt einfach der Schnellste. So, wie es immer war. Da gab es keine postfaktischen Diskussionen, ob die langsamere Zeit vielleicht doch irgendwie besser sein könnte. Oder ob es vielleicht Vorteile hätte, den Speer nicht ganz so weit zu werfen, oder unter der Latte durchzuspringen: Schneller gelaufen, weiter geworfen – bessere Medaille. Und damit rüber zum Schießen – und da verstehe ich immer noch nicht, wie gezählt wird – aber auch da gab es keine Debatten, sondern einfach einen Handschlag für den Sieger. Obwohl alle bewaffnet waren. Dazu: Dieses Lebensgefühl.
Ich meine: Wann sonst kann man einfach irgendwann aufstehen, den Fernseher anmachen und zu seiner Sportfamilie dazustoßen – und sich einfach völlig unverbindlich irgendwas angucken, das einen sonst nicht die Bohne interessiert? Sich über eine Leistung freuen, die man nicht im geringsten einschätzen kann – die aber wahrscheinlich gut war, weil alle so aufgeregt sind. Die Kommentatoren und Moderatoren: Sowieso. Zwei Wochen lang meine Familie, im Studio. Dann schalten wir raus zu jemandem, der sich ganz offensichtlich schon sein Leben lang mit Diskusdressur, Bogenbiegen oder Dreierkanadier beschäftigt, oder der verrückte Onkel vom Reitsport.
Von den Reportern habe ich in der Zeit am meisten mitgenommen, habe mich zur Arbeit moderiert und auf dem Weg angefeuert: Jetzt kommt er hier über die rechte Straßenseite, da muss er kurz bei Rot an der Ampel halten – aber dann kann er wirklich nochmal alles rausholen. Funktioniert auch bei der Arbeit. Einfach mal das kleine Tief nach dem Mittagessen wegmoderieren: Jetzt muss er abliefern, jetzt zählt es … und dann gehen wir rein in diese Konferenz, dann belegen wir auch dieses Backblech, pflanzen diesen Baum, graben diesen Graben, dann machen wir was auch immer. Und wenn es klappt, dann lassen wir einfach auch mal einen raus, dann freuen wir uns einfach mal.
Also: Wenn Sie mich fragen: Ich finde, Olympia könnte öfter sein. Ich könnte schon wieder.