Was haben die Anhänger von AfD und Grünen gemeinsam? Nicht viel, außer: Sie umgeben sich besonders gerne mit Menschen, die genauso denken und wählen wie sie selbst. Das hat eine aktuelle Studie des Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt herausgefunden. In „homogenen Bekanntenkreisen“, wie die Forschenden das nennen, fühlen aber nicht nur sie sich wohl. Gerne unter sich bleiben auffallend viele Wohlhabende, Moslems, Ostdeutsche, Hochgebildete und Landbewohner. Sie alle eint, dass sie in ihren „Blasen“ nicht oder kaum mit Widerspruch rechnen müssen.
Eingeschränkte Meinungsfreiheit?
Für viele ist das offensichtlich attraktiv. Immer mehr Zeitgenossen halten meiner Wahrnehmung nach Widerspruch für eine Zumutung, die sie nicht ertragen wollen. Das drückt sich zum Beispiel auch darin aus, dass in Umfragen ein stetig wachsender Anteil der Befragten behauptet, sie könnten in Deutschland nicht mehr frei ihre Meinung sagen. Diese Ansicht ist erkennbarer Unfug, natürlich kann jeder und jede sagen, was er oder sie will. Wie unterdrückte Meinungsfreiheit wirklich aussieht, lässt sich in unzähligen Ländern dieser Welt für alle mit Leichtigkeit beobachten.
Preis der Überempfindlichkeit
Wenn trotzdem fast die Hälfte der Bundesbürger der Auffassung ist, man müsse vorsichtig sein, bei dem was man sagt, hat das mit der zunehmenden Unlust zu tun, die Komfortzone der eigenen Blase zu verlassen. Gegenrede wird dann als Einschränkung der eigenen Meinungsfreiheit missverstanden. Diese Überempfindlichkeit verhindert jedoch, wenigstens zu versuchen, die Perspektive der Gegenseite einzunehmen. Für unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt ist dieser Drang, sich abzuschotten eine Gefahr. Und für jeden Einzelnen bedeutet er einen Verlust an Perspektiven, Erfahrungen und Erkenntnissen.