Am 9. Juni findet in Deutschland die Europawahl statt. Wie wird gewählt, wie viele Parteien stehen zur Auswahl und wer darf wählen? Wir geben einen Überblick.
- Wann ist die Europawahl?
- Wie viele Wahlberechtigte gibt es?
- Wählen ab 16 - gilt das bei der Europawahl?
- Wie groß ist das Europaparlament und wie viele Sitze hat Deutschland?
- Das Wahlsystem - so wird abgestimmt
- Sitzverteilung nach Verhältniswahlrecht
- Die Parteien und ihre Spitzenkandidaten
- Frauen, Männer, Gleichberechtigung - wo steht das EU-Parlament?
- Was macht das EU-Parlament genau?
- Was machen Wahlberechtigte mit doppelter Staatsbürgerschaft?
- Rückblick auf die Europawahl 2019
Wann wird das Europaparlament neu gewählt?
In Deutschland ist traditionell der Sonntag der Wahltag. Entsprechend wird am Sonntag, den 9. Juni, für das Europaparlament abgestimmt, das übrigens mal in Straßburg und mal in Brüssel tagt. Über die ganze EU verteilt findet die Wahl vom 6. bis 9. Juni statt, denn in anderen Ländern gibt es andere Wahlgewohnheiten. Es ist übrigens die erste Wahl seit dem Brexit - die Briten sind zum ersten Mal nicht mehr dabei.
Wie viele Menschen dürfen bei der Europawahl abstimmen?
In der gesamten EU sind etwa 350 Millionen Menschen dazu aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Fast 65 Millionen Menschen sind es in Deutschland. Davon sind 60,9 Millionen deutsche Staatsangehörige. Die übrigen Wahlberechtigten sind Unions-Bürger und -Bürgerinnen, die hier bei uns leben. In Baden-Württemberg leben 8,6 Millionen der Wahlberechtigten, in Rheinland-Pfalz sind es rund 3,2 Millionen.
Wählen ab 16 - gilt das bei der Europawahl?
Erstmals dürfen in der Bundesrepublik auch 16-Jährige über die Zusammensetzung des EU-Parlaments mit abstimmen. Die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP hatte einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorgelegt, der im November 2022 vom Bundestag beschlossen wurde - gegen die Stimmen von CDU und AfD. Die Ampelkoalition begründete den Schritt damit, dass junge Menschen bisher bei vielen für sie wichtigen Themen ausgeschlossen worden seien. Zudem gab es eine Entschließung des EU-Parlaments, die eine Absenkung empfahl.
In Baden-Württemberg gibt es etwa 190.000 und in Rheinland-Pfalz knapp 69.000 junge Menschen, die ohne diese Änderung nicht hätten wählen dürfen. Bei den Kommunalwahlen in den beiden Bundesländern gelten indes unterschiedliche Regeln zum Wählen ab 16.
Wie groß ist das Europaparlament und wie ist Deutschland vertreten?
Die Anzahl der Sitze im Europaparlament hat sich im Laufe der Jahre geändert. Zuletzt saßen 705 Abgeordnete im Parlament. Zuvor waren es 751, doch durch den Austritt Großbritanniens aus der EU hatte sich die Zahl verringert.
Nun geht die Zahl wieder nach oben: Im Juni werden insgesamt 720 Parlamentssitze vergeben. Hintergrund sind steigende Bevölkerungszahlen in einigen EU-Ländern, die beim Stimmengewicht berücksichtigt werden sollen.
So hat zum Beispiel Spanien laut der europäischen Statistikbehörde Eurostat rund eine halbe Million mehr Einwohner als noch 2019, in Frankreich ist die Bevölkerung sogar um fast 600.000 Menschen gewachsen. Beide Länder sowie die Niederlande erhalten deshalb zwei zusätzliche Plätze im EU-Parlament. Neun weitere Länder bekommen einen Sitz extra.
Deutschland schickt 96 Abgeordnete in das EU-Parlament - so wie in der Legislaturperiode davor. Davon kamen zuletzt zwölf Abgeordnete aus Baden-Württemberg und sechs aus Rheinland-Pfalz. Insgesamt darf das Parlament nach europäischem Recht maximal 750 Sitze plus den Sitz des Parlamentspräsidenten haben.
Wahlsystem - so wird abgestimmt
Jede wahlberechtigte Person in Deutschland hat genau eine Stimme. Das ist also anders als bei den parallel stattfindenden Kommunalwahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Mit dieser einen Stimme wird eine Partei gewählt.
Dieses Jahr sind in Deutschland insgesamt 35 Parteien zur Europawahl zugelassen. Auf den Stimmzetteln stehen aber nur 34 Parteien, denn: Zugelassen zur Wahl sind sowohl CDU als auch CSU. Sie stehen aber nicht gleichzeitig auf den Stimmzetteln. Während in Bayern die CSU aufgelistet ist, ist es in allen anderen Bundesländern die CDU.
Und es gibt noch einen Unterschied zwischen den einzelnen Bundesländern: Die Reihenfolge, in der die 34 Parteien auf dem Stimmzettel stehen, ist nicht überall gleich. Sie wird unter anderem durch die Stimmverteilung an die Parteien in den einzelnen Bundesländern bei der vergangenen Europawahl bestimmt.
Hier erfahren Sie mehr zu den zugelassenen Parteien in Baden-Württemberg sowie den aufgestellten Parteien in Rheinland-Pfalz.
Wie wird die Sitzverteilung berechnet?
Das funktioniert nach dem so genannten Verhältniswahlrecht und lässt sich gut an einem Beispiel erklären: Deutschland darf insgesamt 96 Abgeordnete ins EU-Parlament entsenden. Angenommen, Partei A gewinnt in Deutschland ein Drittel der abgegebenen Stimmen. Dann bekäme diese Partei auch ein Drittel der deutschen Parlamentssitze, also 32.
Wichtig zu wissen: In Deutschland gibt es bei der Europawahl keine Sperrklausel wie beispielsweise eine Fünf-Prozent-Hürde - anders als bei Bundestagswahlen. Dadurch ziehen aus Deutschland auch Parteien, die nur wenige Stimmen bekommen, mit Vertretern ins Europaparlament ein.
Bei der Europawahl 2029 werden aber wahrscheinlich andere Spielregeln gelten: Bundestag und Bundesrat haben bereits eine Sperrklausel auf den Weg gebracht. Damit diese in Kraft treten kann, fehlt nur noch die Unterschrift des Bundespräsidenten. Damit zieht Deutschland nach - denn bis auf Spanien und eben Deutschland gilt schon in allen anderen 25 EU-Ländern eine Sperrklausel, so wie es auf EU-Ebene für alle Länder verpflichtend 2018 beschlossen wurde.
Wer sind die Spitzenkandidaten aus Deutschland?
- CDU: Ursula von der Leyen
- CSU: Manfred Weber
- SPD: Katarina Barley
- Grüne: Terry Reintke
- FDP: Agnes Strack-Zimmermann
- AfD: Maximilian Krah
- Linke: Carola Rackete und Martin Schirdewan
- BSW: Fabio De Masi und Thomas Geisel
Frauen, Männer, Gleichberechtigung - wo steht das EU-Parlament?
Die europäische Statistikbehörde Eurostat hat für 2019 berechnet, dass EU-weit etwas mehr Frauen als Männer leben - und zwar fünf Prozent. Auf 100 Männer kommen rein rechnerisch in der Europäischen Union also 105 Frauen.
Und wie sieht es in der europäischen Volksvertretung mit der Geschlechterverteilung aus? Positiv ist, dass sich in den vergangenen Jahrzehnten die Anzahl der Frauen im Europaparlament signifikant erhöht hat. Aber: Noch immer entspricht der Anteil der Frauen an den Abgeordneten noch nicht dem Anteil der Frauen in der EU-Bevölkerung.
Die Zahlen vom wissenschaftlichen Dienst des Europaparlaments dazu:
- 1979 (erste Direktwahl Europaparlament): Frauenquote im Parlament 15,9 Prozent
- Februar 2024: Frauenquote im Parlament bei 39,8 Prozent.
Die Mehrheit der Frauen in der EU-Bevölkerung findet sich also noch nicht in einer weiblichen Mehrheit im EU-Parlament wieder.
Was macht das Europaparlament eigentlich genau?
Umwelt- und Verbraucherschutz, Sicherheit oder Wirtschaft: Das Europaparlament redet in vielen Bereichen mit, die unser Alltagsleben betreffen. Es kann zwar keine Gesetze von sich aus vorschlagen - das darf nur die Europäische Kommission. Aber es berät dann diese Gesetzesvorschläge mit und stimmt auch darüber ab.
So hat ein europäisches Gesetz dafür gesorgt, dass innerhalb der EU die Roaming-Gebühren abgeschafft wurden. Auch die Vorschrift, dass sämtliche in der EU verkauften Handys und Tablets bis spätestens Ende 2024 den einheitlichen USB-C-Anschluss haben müssen, ist auf europäischer Ebene entstanden.
Jüngstes Beispiel für europäische Gesetzgebung: Das Lieferkettengesetz für Menschenrechte und Umweltschutz.
Was machen Wahlberechtigte mit doppelter Staatsbürgerschaft?
Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft müssen sich bei der Stimmabgabe zur Europawahl für ein Land entscheiden. Das gilt auch für Wahlberechtigte, die in einem anderen EU-Land leben. Sie können ihre Stimme an Kandidatinnen und Kandidaten aus ihrem Heimatland beziehungsweise bei Doppelstaatlern aus einem ihrer Heimatländer abgeben - oder aus dem Land, in dem sie leben.
Der Eintrag ins Wählerverzeichnis erfolgt für Deutsche, die spätestens 42 Tage vor dem Wahltermin mit Hauptwohnsitz in Deutschland gemeldet sind, normalerweise automatisch. Deutsche, die in einem anderen EU-Land ihren Hauptwohnsitz haben, müssen den Eintrag ins Wahlverzeichnis beantragen, wenn sie ihre Stimme in Deutschland abgeben wollen. Wenn sie in ihrem Wohnsitzland abstimmen möchten, gelten die Bestimmungen des jeweiligen Mitgliedsstaates. Bürgerinnen und Bürger ab dem 16. Lebensjahr aus einem anderen EU-Land müssen, wenn sie in Deutschland wählen möchten, vor der ersten Teilnahme erstmal den Eintrag ins Wählerverzeichnis beantragen.
Zumindest bei EU-Bürgerinnen und -Bürgern mit doppelter Staatsbürgerschaft tauschen sich die Länder wegen der Stimmberechtigungen nicht aus. Allerdings gilt, dass jeder Wahlberechtigte nur einmal sein Wahlrecht ausüben darf. Wer dagegen verstößt, macht sich der Wahlfälschung schuldig. Das kann eine Geldstrafe oder auch eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren nach sich ziehen.
Rückblick auf die Europawahl 2019
Die letzte Europawahl fand 2019 statt. Damals legten sowohl rechte als auch rechtsradikale Parteien zu, allerdings konnten auch Grüne und Liberale kräftige Gewinne verbuchen. Christdemokraten und Sozialdemokraten erreichten ein historisches Tief.
Europawahl Wahlergebnis - Deutschland
Hier finden Sie das Deutschland-Ergebnis der Europawahl 2019.