Der Widerstand gegen eine drohende Aufblähung des baden-württembergischen Landtags im Zuge der Wahlrechtsreform wächst. Auch Vertreterinnen und Vertreter aus der Wirtschaft sprechen sich gegen eine Vergrößerung des Landtags aus. Die könnte es mit einem Zwei-Stimmen-Wahlsystem durch Ausgleichs- und Überhangmandate geben.
IHK verlangt "klares Bekenntnis zu schlanken Strukturen"
Die Hauptgeschäftsführerin der Industrie- und Handelskammer (IHK) Region Stuttgart, Susanne Herre, sagte dem SWR: "Eine Wahlrechtsreform, die zu einer weiteren Aufblähung des Landtages führt, ist alles andere als ein klares Bekenntnis zu schlanken Strukturen und einem ernst gemeinten Bürokratieabbau." Dies sei das genaue Gegenteil von dem, "was die Politik uns seit Jahren verspricht".
Im Bereich politische Führung und zentrale Verwaltung habe es in den vergangenen Jahren ohnehin einen massiven Stellenaufbau gegeben. "Ob ein größerer Verwaltungsapparat aber zu einer besseren Qualität führt, darf zumindest bezweifelt werden", so Herre.
Handwerkstag fordert Begrenzung der Mandate
"Eine simple Begrenzung der Mandate" fordert der Hauptgeschäftsführer des baden-württembergischen Handwerkstags, Peter Haas. Denn mehr Abgeordnete bedeuteten nicht nur zusätzliche Ausgaben, mehr Beamtenstellen und noch langsamere Prozesse, kritisierte Haas, mehr Staat sorge auch "immer für Kolbenfresser im Wirtschaftsmotor". Es gehe aber auch grundsätzlich um das Verständnis von Demokratie.
Gerade in Krisenzeiten, in denen Unternehmen Standorte schließen und Arbeitsplätze verloren gehen, dürfe die Politik nicht den Anschein erwecken, sich abzusichern. Eine Überprüfung des neuen Wahlrechts wäre ein Beleg staatsmännischer Verantwortung, eine Verkleinerung des Landtags wäre ein noch deutlicheres Zeichen an die Bürger, sagte Haas.
DGB: "Größerer Landtag nicht vermittelbar"
Kritisch äußert sich auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB): In Kitas, auf Ämtern und in Krankenhäusern sei die Personaldecke stark angespannt. Ein deutlich größerer Landtag stünde dazu in einem starken Widerspruch, der nicht vermittelbar wäre. "Die Beschäftigten erwarten von der Landespolitik, dass ihre Alltagsprobleme gelöst werden", sagte der DGB-Landesvorsitzende Burmeister.
Er betonte jedoch: "Für den DGB sind Demokratie und Parlament niemals lediglich Kostenstellen, die unter betriebswirtschaftlicher Optimierung zu betrachten sind." Maßstab seien vielmehr die zu erfüllenden Aufgaben. Dazu gehöre, die Demokratie durch Bürgernähe und Transparenz zu stärken. "Wir setzen uns für einen Landtag ein, der handlungsfähig ist und in dem Männer und Frauen gleichermaßen vertreten sind", so der DGB-Landesvorsitzende. Wie dies am besten gelinge, müssten die Fraktionen entscheiden.