Der Initiative um Dieter Distler aus Bietigheim-Bissingen (Kreis Ludwigsburg) nach, sitzen schon jetzt zu viele Abgeordnete im Landtag. Sie befürchten, nach der nächsten Wahl könnten es noch mehr sein - wegen der Wahlrechtsreform. Das wollen sie mit einem Volksbegehren verhindern. Ihn treibe der Gedanke der Effizienz an, sagte Distler am Freitag bei einer Pressekonferenz.
Die erste Hürde hat die Initiative bereits genommen. Das Innenministerium ließ das Volksbegehren zu. Ab Montag hat die Initiative nun sechs Monate Zeit, um Unterschriften von zehn Prozent der Wahlberechtigten zu sammeln. Das sind etwa 770.000 Menschen. Gelingt das, muss der BW-Landtag über das Volksbegehren - also den Gesetzentwurf - abstimmen. Stimmen die Abgeordneten diesem unverändert zu, ist das Gesetz damit beschlossen und das Verfahren beendet. Andernfalls kommt es zur Volksabstimmung.
Der Gesetzentwurf der Initiative sieht vor, die Anzahl der Landtagswahlkreise und damit die Direktmandate von 70 auf 38 zu reduzieren. Außerdem soll die Mindestgröße des Landtags von 120 auf 68 Mandate verringert werden.
Wo das Volksbegehren gerade steht, darüber hat SWR Aktuell-Moderator Andreas Fischer mit Filiz Kükrekol aus der SWR-Redaktion Landespolitik in Stuttgart gesprochen.
Unterstützung bekommt die Initiative von der FDP. "Das kann nicht im Sinne der Demokratie sein, dass Parlamente immer größer werden", sagte der FDP-Fraktionsvorsitzende Hans-Ulrich Rülke am Freitag.
Die FDP will die Initiative strukturell mit der nötigen "Manpower" unterstützen. Unterschriften sollen unter anderem auf Marktplätzen oder über die Webseite der Initiative gesammelt werden. Außerdem liegen vom 11. September bis zum 10. Dezember entsprechende Formblätter in den Städten und Gemeinden aus.
FDP kündigt Gang vor Verfassungsgericht an Verkleinerung des Landtags: Innenministerium lehnt FDP-Volksbegehren ab
Die Liberalen wollen einen kleineren Landtag und haben genügend Unterschriften für ein Volksbegehren gesammelt. Das Innenministerium hält das Ansinnen aber für verfassungswidrig.
FDP war mit eigenem Volksbegehren gescheitert
Die FDP hatte eigentlich ein eigenes Volksbegehren zur Verkleinerung des Landtags angestrebt und dafür Unterschriften gesammelt. Das Innenministerium stoppte das Vorhaben jedoch im vergangenen Dezember. Die Liberalen hätten zwar ausreichend Unterschriften eingereicht, der angestrebte Gesetzentwurf sei aber aus verfassungsrechtlichen Gründen unzulässig, teilte das Innenministerium damals mit.
Die FDP klagt derzeit gegen diese Entscheidung des Innenministeriums vor Gericht. "Wir halten an der Klage auf Zulassung unseres eigenen Volksbegehrens fest und lassen uns durch die ungerechtfertigte Ablehnung durch das Innenministerium nicht entmutigen", teilte Michael Theurer, Landesvorsitzender der FDP, zuletzt im Juni mit.
Kritik und Verständnis für Volksbegehren von anderen Parteien
Andreas Deuschle, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU im Landtag, kann verstehen, dass die Initiatoren die Steuergelder im Blick haben. "Was ich weniger nachvollziehen kann, ist, dass man dann ausgerechnet bei der Vertretung des Volkes anfängt zu sparen", sagte er dem SWR. Die Aufgabe der Parlamentarier sei, die Regierung zu kontrollieren. "Da zu sparen, ist am Ende ein starker Einschnitt in die Demokratie in unserem Land", bekräftigte Deuschle.
Für Sascha Binder, den Parlamentarischen Geschäftsführer der SPD-Fraktion, bedeutet das Vorhaben einen erheblichen Einschnitt in die Bürgernähe. "Und es bedeutet, dass Wahlkreise praktisch immer künstliche Gebilde über Landkreisgrenzen hinweg werden - genau das, was die Menschen bei den Wahlkreisen für Bundestag und Europaparlament immer beklagen." Aktuell kämen auf jedes Landtagsmitglied über 51.300 Wahlberechtigte - nur in einem einzigen anderen Bundesland in ganz Deutschland müssten die einzelnen Abgeordneten noch mehr Menschen vertreten.
Außerdem erweckt das Volksbegehren laut Binder auch den Anschein, als werde der Landtag unweigerlich enorm anwachsen. "Dabei wäre das nur in wenig wahrscheinlichen Szenarien so, und auch die würden dann eben den Willen der Wählerinnen und Wähler abbilden", sagte Binder. Schließlich unterstellten die Initiatoren pauschal, der Landtag sei eine enorme Kostenbelastung für die Bürgerinnen und Bürger, was schlicht nicht stimmt. Für seinen Landtag gibt Baden-Württemberg laut Binder aktuell gerade einmal 0,22 Prozent des Landeshaushalts aus. "Auch das ist im Ländervergleich deutlich unter dem Durchschnitt."
Der AfD-Abgeordnete Ruben Rupp übt generelle Kritik am neuen Landtagswahlrecht. Die beste Option für Baden-Württemberg wäre gewesen, dem neuen Wahlrechtsgesetz grundsätzlich nicht zuzustimmen. Seiner Meinung nach war das alte Landtagswahlrecht fairer und demokratischer.