Die Landkreise in Baden-Württemberg geraten immer tiefer in die roten Zahlen. Ohne Hilfe aus dem Landeshaushalt steht ihnen nach Angaben ihres Dachverbands ein finanziell überaus bitteres Jahr bevor. Die aktuell noch bestehenden Rücklagen seien zum Jahresende weitgehend aufgezehrt, warnte der Präsident des Landkreistags, Joachim Walter, erneut. Das werde sich im Jahr 2025 massiv auswirken - dann werde die Haushaltslage deutlich schlechter. "Kurzum: Die Kreishaushalte befinden sich im freien Fall", so Walter.
Bereits im laufenden Jahr könnten 80 Prozent der Kreise ihre Aufwendungen nicht mehr aus dem Geld erwirtschaften, das sie einnähmen. Aktuell geht Walter davon aus, dass sich das ordentliche Ergebnis der Kreise gegenüber der Planung um rund 229 Millionen Euro verschlechtern werde. Diese Zahlen hat der Dachverband erstmals auch schwarz auf weiß: Ein neuer Kreisfinanzbericht zeigt die Kennzahlen, mit denen sich laut Verband die Finanzlage der Kreise beurteilen lässt.
Schieflage nicht wirtschaftlich, sondern strukturell
Die schwierige Wirtschaftslage in Deutschland sei dabei nicht mehr wesentlich für die roten Zahlen verantwortlich, heißt es vom Landkreistag. Vielmehr sei die Schieflage strukturell bedingt. In den vergangenen Jahren seien die gesetzlichen Pflichtaufgaben der Kreise zunehmend ausgeweitet und die bereits bestehenden Pflichten zunehmend teurer geworden. Von Bund und Land habe es allerdings zum Beispiel bei der Krankenhausversorgung keinen auch nur annähernd ausreichenden finanziellen Ausgleich gegeben.
Kreise dürften Pflichten oder per Gesetz vorgegebene Standards aber auch nicht einfach vernachlässigen. "Der aus dem politischen Raum immer wieder zu hörende Hinweis, Kommunen könnten Fünfe doch auch einmal gerade sein lassen, ist im Bereich der Pflichtaufgaben nicht nur wohlfeil, sondern gefährlich", sagte Walter. Vielmehr müssten Bund und Land ein Gleichgewicht schaffen zwischen den kommunalen Pflichtaufgaben und den dafür vorgesehenen Mitteln für die Kommunen und Kreise. "Hier ist inzwischen so viel aus dem Lot geraten, dass die kommunale Selbstverwaltung gefährdet ist", sagte Walter.
Angesichts der dramatischen Finanzlage hatte der Landkreistag schon vor einigen Monaten gedroht, das Land zu verklagen:
Kreise und Kommunen fordern Nothilfepaket
In diesem Zusammenhang wiederholte Walter die Forderung von Kreisen, Städten und Gemeinden nach einem Nothilfepaket für das laufende Jahr 2024. Damit sollten unter anderem ein Teil der Kosten der Flüchtlingsaufnahme und Investitionen in die Ganztagsbetreuung an Grundschulen beglichen werden. Auch hatten die Kommunalvertreter bereits wiederholt auf die dramatische Finanzlage der Krankenhäuser verwiesen, für deren Unterstützung die Kreise schon im laufenden Jahr 790 Millionen Euro an Unterstützung gezahlt haben.
Bislang hatte die Landesregierung Forderungen der Kreise und Kommunen stets zurückgewiesen und als "unerfüllbar" bezeichnet. Aus Sicht des Staatsministeriums sind die Kommunen im Bundesvergleich gut ausgestattet. Zudem habe auch das Land zusätzliche staatliche und nicht immer ausreichend finanzierte Aufgaben zu stemmen.