Weggeworfene Kaffeebecher oder Essensboxen sorgen in vielen Städten für Müll auf den Straßen oder in Fußgängerzonen. Tübingen hat daher bereits 2022 eine Extra-Steuer eingeführt. Und jetzt überlegen noch mehr Städte in Baden-Württemberg, eine Verpackungssteuer einzuführen. Doch es gibt noch ein rechtliches Problem.
Rund 5.000 Kilo Straßenmüll täglich in Freiburg
Es gab Appelle, öffentliche Sammelaktionen und Plakate, auf denen auch Oberbürgermeister Martin Horn (parteilos) zu sehen war: Freiburg kämpft seit längerem gegen achtlos weggeworfenen Abfall. Da sich der Trend nicht umkehren ließ, will die Stadtverwaltung nun Einwegverpackungen für Getränke und Speisen besteuern.
Rund 4.500 Kilo Abfall werden laut der dortigen Abfallwirtschaft und Stadtreinigung täglich in Freiburg eingesammelt. Diese Bilanz ist für die Schwarzwaldmetropole besonders bitter, denn sie hält viel auf ihr Umweltimage und nennt sich gerne "Green City" ("Grüne Stadt"). In der offiziellen Abfallstatistik schneidet die Uni-Stadt üblicherweise auch gut ab: Es gab pro Bewohner im vorvergangenen Jahr im Schnitt 106 Kilo Haus- und Sperrmüll, das war der niedrigste Wert unter den kreisfreien Großstädten in Baden-Württemberg. Der Schnitt lag wesentlich höher, bei 134 Kilo.
Extra-Steuer für Verpackungen vor Gericht
Wie Freiburg denken auch andere Kommunen im Land über eine Verpackungssteuer nach, um die Müllberge in den Griff zu bekommen. Das teilte der Städtetag Baden-Württemberg auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. Unter ihnen sind Heidelberg, Konstanz, Mannheim und Singen.
Der kommunale Spitzenverband weist dabei aber auf ein rechtliches Risiko hin: die noch anhängige Verfassungsbeschwerde gegen die Tübinger Steuer. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe kündigte an, sich dieses Jahr damit befassen zu wollen. Dass auch 2024 ein Urteil kommt, ist damit aber nicht gesagt.
Klage von McDonald's-Filiale Tübinger Verpackungssteuer wird Fall fürs Bundesverfassungsgericht
Das Bundesverfassungsgericht muss sich mit der Tübinger Verpackungssteuer beschäftigen. Ein Sprecher des Gerichts hat jetzt bestätigt, dass eine Verfassungsbeschwerde eingegangen ist.
Betreiberin von McDonald's-Filiale legte Beschwerde ein
Es gab bereits ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, gegen das eine Franchise-Nehmerin von McDonald's aber Beschwerde erhoben hat. Laut dem Urteil darf Tübingen nämlich bei Verkäufern von Speisen und Getränken eine Extra-Steuer auf Einwegverpackungen, Einweggeschirr und -besteck erheben. Die Steuer beträgt 50 Cent für Einwegverpackungen wie Kaffeebecher, 50 Cent für Einweggeschirr wie Pommes-Frites-Schalen und 20 Cent für Einwegbesteck und andere Hilfsmittel wie Trinkhalme.
Die konkreten Steuerpläne der Kommunen
In Konstanz beauftragte der Gemeinderat bereits die Verwaltung, eine Satzung für eine Verpackungssteuer für das kommende Jahr vorzubereiten. Die Bodensee-Kommune gibt nach eigenen Angaben jedes Jahr gut 1,2 Millionen Euro aus, um Müll auf Straßen, Plätzen und anderen öffentlichen Orten einzusammeln.
Auch Heidelberg will im kommenden Jahr damit starten. Mannheim beschäftigt sich einer Sprecherin zufolge schon seit Jahren mit dem Thema, wartet zunächst aber den Ausgang des Rechtsstreits zum Tübinger Fall ab. Auch in Singen wird über die Steuer nachgedacht. Im Gemeinderat wird allerdings moniert, dass die gesamte Last auf der kommunalen Ebene liegt, wie die Stadt berichtete. "Wir verfolgen die aktuellen Entwicklungen", heißt in Singen zum juristischen Tauziehen um die Tübinger Steuer.
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In Freiburg ist man schon etwas konkreter. Der Gemeinderat, in dem Grün-Links eine Mehrheit hat, wird voraussichtlich am 23. April über die Verpackungssteuer beraten. Sie soll den Plänen zufolge vom 1. Juli 2025 an wirken. Es geht dabei natürlich auch um Geld. Die Steuer soll jedes Jahr mindestens zwei Millionen Euro in die Kassen der Breisgau-Stadt spülen.
Umwelthilfe will Sondersteuer in ganz Deutschland
Auch deutschlandweit gibt es übrigens großes Interesse an einer Verpackungssteuer nach dem Vorbild Tübingens. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hätte gerne, dass überall eine ähnliche Sondersteuer verlangt wird. Über 2.000 Menschen haben in ihren Wohnorten auf Initiative der Umwelthilfe einen Antrag dafür gestellt. "Wir fordern eine bundesweite Einweg-Abgabe auf to-go-Verpackungen von mindestens 20 Cent – damit klimafreundliche Mehrwegalternativen endlich überall zum neuen Standard werden", schreibt die DUH.