Urteil am Amtsgericht Schwäbisch Gmünd

Pflegerin erschleicht 300.000 Euro von Senior - und muss deshalb in Haft

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Martin Miecznik
SWR Aktuell Autor Martin Miecznik
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Peter Schmid
SWR-Aktuell Redakteur Peter Schmid

Vor dem Amtsgericht Schwäbisch Gmünd ist eine 41-jährige Altenpflegerin zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Sie hatte das Ersparte eines demenzkranken Mannes an sich gebracht.

Eine Altenpflegerin in Schwäbisch Gmünd muss wegen Betrugs oder Veruntreuung für drei Jahre hinter Gitter. Das Gericht sah es am Donnerstag als erwiesen an, dass die Frau über eine Vollmacht fast 300.000 Euro von einem demenzkranken 88-jährigen Mann erschlichen hat. Staatsanwaltschaft und Verteidigung hatten wegen fehlender Beweise auf Freispruch plädiert. Der ebenfalls angeklagte Sohn der Frau wurde freigesprochen.

Pflegerin erschleicht Vollmacht von demenzkrankem Mann

Mit den mehreren hunderttausend Euro hat sich die Altenpflegerin unter anderem ein Haus sowie ein Auto für ihren Sohn gekauft. Eine Bankangestellte hatte die Ermittlungen ins Rollen gebracht. Ihr waren hohe Abhebungen an Geldautomaten zu ungewöhnlichen Uhrzeiten aufgefallen.

Dass Geld vom Konto des alten Mannes auf das Konto der Pflegerin - oder direkt zu ihr - geflossen war, das war unstrittig. Auch, dass ihr Sohn davon ein Auto bekam, für 50.000 Euro, stand nicht in Frage. Aber war der Mann noch zurechnungsfähig, als er seiner Pflegerin und Vertrauten die Generalvollmacht gab, über sein Geld zu bestimmen? Oder drängte ihn die Frau, ihm die Vollmacht auszustellen und sie später sogar testamentarisch zur Alleinerbin zu machen? Das schien an diesem letzten Prozesstag die entscheidende Frage zu sein. Um diese zu beantworten, war der Notar als Zeuge geladen, der die Vollmacht beurkundet hatte.

Nur: Der Notar konnte sich an den Termin überhaupt nicht mehr erinnern. Nicht an den Ablauf, nicht an die Verfassung des Mannes - nur eines konnte er, ausschließlich nach Aktenlage, sagen: Dass es eher ungewöhnlich sei, wenn eine familienfremde Person eine solche Vollmacht bekomme. Dann schaue er schon genauer hin, ob die Vollmacht dem Willen des Betreffenden entspreche, sagte der Notar, und da sei ihm wohl damals nichts aufgefallen.

Staatsanwalt fordert Freispruch - Richterin entscheidet auf Haft

Eine Aussage, die dem Staatsanwalt im anschließenden Plädoyer keine Wahl ließ, wie er sagte: Es gebe nur die zwei Beteiligten, die über die Absprache etwas sagen könnten. Die eine saß auf der Anklagebank, der andere ist mittlerweile in einem Zustand, in dem er vor Gericht noch nicht einmal mehr seinen eigenen Namen sagen konnte. Der Angeklagten sei deshalb kein Fehlverhalten nachzuweisen.

Ein Plädoyer, dem sich die Anwälte der beiden Angeklagten letztlich nur anschließen konnten, unter Verweis darauf, wie wichtig dem heute 88-jährigen Mann die Gesellschaft und seelische Zuwendung der Frau war. Sie hatte zwischenzeitlich auch den Mann als Kunden in der Pflege - allerdings mehr in der Funktion, einmal täglich die Einnahme von Tabletten zu kontrollieren.

Das Gericht sah das in seinem Urteil allerdings - auch für das Publikum überraschend - völlig anders, und verurteilte die Frau zu einer Haftstrafe von drei Jahren. Es sei eine sogenannte Wahlfeststellung, begründete die Richterin: Betrug oder Untreue. Entweder habe sie von vornherein die Hilflosigkeit des Mannes ausgenutzt, dann sei es Betrug - oder sie habe die Hilflosigkeit erst später festgestellt, dann sei es Untreue.

Senior kann sich an Vollmacht oder Schenkung nicht erinnern

Ob der Mann bei der Vollmacht noch im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte war, sei schon zwei Jahre vor der Vollmacht zweifelhaft gewesen, beispielsweise bei einer Überprüfung des Gesundheitsamtes. Damals, im Jahr 2020, habe der Mann eine Betreuung abgelehnt.

Die notariell beurkundete Vollmacht stammt vom September 2022. Wie weit seine heutige Demenz da schon fortgeschritten war, ist unklar. Der Mann habe allerdings danach bei verschiedenen Anlässen immer wieder belegbar gesagt, dass es eine entsprechende Vollmacht für die Pflegerin gar nicht gebe und dass er auch nichts von einer Schenkung wisse.

Die Verteidigung kann gegen das Urteil Berufung einlegen.

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