Die judenfeindlichen Schmierereien am Rathaus und der evangelischen Kirche sind inzwischen weg, übermalt. Doch die Taten vom Wochenende wirken nach. "Boycott Israel" und "Juden vergasen" hatten Unbekannte in roten Buchstaben auf die Fassaden geschmiert. Die Polizei hat ihre Präsenz in Langenau (Alb-Donau-Kreis) erhöht und der Staatsschutz ermittelt.
Rabbiner: Solche Taten zeigen das wahre Gesicht der Menschen
Bislang lägen keine konkreten Hinweise auf Tatverdächtige vor, die Ermittlungen liefen auf Hochtouren. "In diesem Zusammenhang wurden auch Spuren gesichert, die nun ausgewertet werden", so die Polizei. Dabei prüfen die Ermittler auch, ob Videoaufnahmen vorhanden sind, die als Beweismittel in Betracht kommen.
Der Rabbiner der Ulmer Synagoge, Shneur Trebnik, ist wenig überrascht von den judenfeindlichen Farbschmierereien. Solche Taten zeigten die wahren Gesichter der Menschen. Trebnik hofft, dass sich die schweigende Mehrheit der Gesellschaft dagegen wehrt, sagte der Rabbiner im SWR.
Pfarrer Sedlak: Ganz klar Volksverhetzung
Die Stadt hat am Montag die Parolen verurteilt. "Solche Farbschmierereien mit dem Inhalt sind inakzeptabel. Das ist eine neue Eskalationsstufe", betonte Bürgermeisterin Daria Henning. Ein Krisenstab aus Polizei, Staatsschutz und Stadtverwaltung sei nun dabei, die Ereignisse aufzuarbeiten und Maßnahmen für die Zukunft abzuleiten. Der Gemeinderat wird mit den Worten "Langenau nimmt antisemitische Tendenzen und Intoleranz nicht unwidersprochen hin" zitiert. "Bei uns ist für Rassismus kein Platz", heißt es weiter.
Das Wochenende hat die Stadt aufgewühlt. "Ich bin entsetzt. Sowas hat es in Langenau noch nie gegeben", meint eine Passantin. Ein Langenauer sagt über die antisemitischen Parolen: "Das sind Feindbilder. Keine Lösungen. Das sollten die Leute einfach kapieren."
Am Samstag hatte es in Langenau eine anti-israelische Demonstration mit rund 100 Teilnehmern gegeben, bei der erneut der Pfarrer der evangelischen Gemeinde, Ralf Alexander Sedlak, angefeindet wurde. Er hatte im Oktober 2023 den Angriff der Hamas auf Israel verurteilt. Die Schmierereien wertet Sedlak als die bislang schwerwiegendste Aktion gegen die Gemeinde der Martinskirche: "Wir hatten im vergangenen Jahr viele Vorfälle. Vieles, was die Meinungsäußerung vielleicht zulässt. Aber jetzt war es ganz klar Volksverhetzung."
Hinweise darauf, dass die anti-israelische Demonstration und Schmierereien in Zusammenhang stehen, gibt es laut Stadt allerdings nicht. Die Gruppe hinter den Protesten - Ulm für Palästina - distanzierte sich in einem Schreiben von den Taten. Zitat: "Wir führen keine Anti-Israel-Demo durch sondern eine Pro-Palästina-Demo."
In der Nacht auf Sonntag brannten außerdem fünf Papiercontainer im Stadtgebiet. Bei der Suche nach den Brandstiftern entdeckte die Polizei schließlich die Schmierereien. Ob dahinter dieselben Täter stecken, wolle man jetzt ermitteln, heißt es von der Polizei.
Judenfeindliche Vorfälle wie in Langenau könnten sich in Zukunft häufen. Das befürchtet der Landesbeauftragte gegen Antisemitismus und für jüdisches Leben, Michael Blume. "Das ist gewaltbereiter Antisemitismus und da ist der ganze Rechtsstaat gefragt."