Auf der Münchner Straße im Ulmer Osten sind jetzt zwei von vier Spuren für Fahrräder reserviert. Mehrere Monate lang ist die Straße umgebaut worden, jetzt ist sie wieder für den Verkehr frei. Der Autoverkehr muss sich künftig mit jeweils einer Spur in jede Richtung begnügen. Das sorgt im Internet für Diskussionen.
Viele User reagieren auf Facebook-Post der Stadt Ulm
Über Facebook verkündet die Stadt Ulm "Gute Nachrichten aus der Münchner Straße!". Denn anders als viele Baustellen ist diese tatsächlich schneller fertig als gedacht. Also immerhin zwei Tage früher. Doch viele Facebook-User freuen sich darüber nicht, sondern kritisieren das, was auf der nur gut 500 Meter langen Straße entstanden ist.
Nach Auskunft von Michael Jung von der Verkehrsplanung der Stadt Ulm hatte es eine Initiative aus der Bevölkerung gegeben mit dem Wunsch, einen Lückenschluss zu schaffen.
Man könnte sagen: Hier wird die Verkehrswende greifbar. Autospuren weg, Fahrradwege her. Der Umbau sei ein wichtiger Lückenschluss im Ulmer Radwegenetz, teilte die Stadt mit. "In dieser Straße herrschte jeden Freitag Chaos. Diesmal dürfte das jeden Tag passieren", kommentiert dagegen ein Facebook-User. Ein anderer: "Einfach nur katastrophal. Mit den ganzen einspurigen Straßen in Ulm. Stadt Ulm, sollen wir aufs Auto ganz verzichten? Davon lebt Deutschland aber nur so zur Info."
Kritik und Lob für Umbau der Münchner Straße
139 Mal wurde der Post der Stadt bei Facebook innerhalb von vier Tagen bis Dienstagnachmittag kommentiert. Kein anderer Post bekam in den vergangenen Wochen auch nur annähernd so viel Resonanz wie dieser. Darunter ist auch Positives: "Sehr gut! Mehr Platz für Radfahrerinnen und Radfahrer und damit auch mehr Sicherheit für Kinder und ältere Menschen" oder "Sieht super aus. Ich würde mir wünschen, andere Städte würden es gleich tun."
Auch der Ulmer Stadtplaner Michael Jung fürchtet nicht mehr Staus auf der Münchner Straße. Die Stadt habe vor dem Umbau die Verkehrsströme berechnet und sei zu dem Schluss gekommen, dass eine Spur in jede Richtung ausreiche. Allerdings war der Wegfall der Autospuren auch bei der Abstimmung im Gemeinderat umstritten.
Kritik gibt es auch an der Art und Weise, wie die Stadt die Fahrradwege angelegt hat: "Die Ulmer Planung ist veraltet: International sind inzwischen getrennte, geschützte Spuren Standard...", schreibt ein User, ein anderer meint: "Wenn jetzt da ein LKW fährt, kann er an keinem Radfahrer vorbeifahren, weil er wahrscheinlich nicht den Mindestabstand zum Radfahrer einhalten kann."
Baubürgermeister sieht bei Radwegen in Ulm Nachholbedarf
Grundsätzlich schlägt Ulm eine Richtung ein, die Städte wie Kopenhagen oder Amsterdam mit ihrem großen Radwegenetz samt Fahrradschnellstraßen vorgeben. "Ich glaube, es gibt (...) für den Rad- und Fußverkehr Nachholbedarf", sagt der Ulmer Baubürgermeister Tim von Winning zu dem Umbau der Straße, "weil wir einfach 60 oder 70 Jahre hinter uns haben, in denen der Automobilverkehr im Vordergrund stand und man sehr viel öffentlichen Raum für dieses Verkehrsmittel umgebaut hat". Von Winning kündigt für die nächsten Jahre weitere Umbauten an, die "zulasten des Autoverkehrs gehen".
Einige Radfahrerinnen und Radfahrer werden aber vorerst in einer Sackgasse landen, wenn sie auf dem neuen Radweg weiter nach Neu-Ulm fahren wollen. Die Münchner Straße geht nämlich direkt in die Gänstorbrücke über. Und diese Brücke über die Donau wird in den kommenden Jahren abgerissen und neu gebaut.