Die Zahl hört sich gigantisch an: Etwa eine Milliarde Euro hat der Ostalbkreis im Jahr zur Verfügung - das sind tausend Millionen Euro. Da müssten doch 20 Millionen ohne größere Anstrengung einzusparen sein - sollte man denken. Doch der Landrat widerspricht. Ein großer Teil dieser Summe kann gar nicht gekürzt werden. Weil der Landkreis nicht darüber bestimmt, wofür er das Geld ausgibt, sondern Land und Bund.
Gespart werden kann nur da, wo der Kreis freiwillig Geld ausgibt. Das ist häufig genug der soziale Bereich - und trifft den Nerv der Menschen. Schuldner- und Insolvenzberatung, Frauen- und Kinderschutzeinrichtung, das Bildungsbüro, auch die Touristik - alles sinnvolle und notwendige Bereiche. Und alles Aufgabenfelder, in denen der Ostalbkreis künftig mehr sparen will.
Sparen im Busverkehr
Beispiel ÖPNV: Auf das Deutschlandticket schaut die Kreisverwaltung mit gemischten Gefühlen. Die Fahrgäste können dabei sparen, nutzen sogar häufiger Bus und Bahn. Doch dem Ostalbkreis kommt das Ticket finanziell nicht zugute. Im Gegenteil: Wer viel mit dem Bus unterwegs ist, kauft sich logischerweise kein normales Monatsticket mehr, für 100 bis 120 Euro. Sondern der steigt auf das Deutschlandticket um, für 49 Euro.
Die Differenz sollte der Bund bezahlen, doch so einfach ist das nicht, sagt Landrat Joachim Bläse (CDU): "Die 49 Euro gehen auch nicht zwingend bei uns ein, sondern irgendwo im Bund. Und da wird dann tatsächlich in einer Schiedsstelle entschieden, wieviel Geld wir bekommen. Dann war vom Land versprochen, wenn wir dort mitmachen, wird der Betrag zwischen 49 Euro und dem ursprünglichen Ticketpreis finanziert. Aber auch das wird jetzt in Frage gestellt."
Fazit: Ostalbkreis streicht Linien
Geld aus den Monatstickets fehlt, zugleich steigen Personal- und Sachkosten - da sind Extratouren des Ostalbkreises nicht mehr drin. Thermalbad-Linie in Aalen? Ipf-Wanderbus nach Bopfingen? Kostenloser ÖPNV bei Rückgabe des Führerscheins? Ausweitung des Halbstunden-Taktes? Kommt alles auf den Prüfstand. Und wenn die Kommunen im Ostalbkreis diese Zusatzleistungen doch wollen, dann müssen sie sie selbst bezahlen.
Landkreis zieht Notbremse bei den Krankenhäusern
Ähnlich sieht das Bild in Sachen Krankenhäuser aus: Da hat der Ostalbkreis bereits die Notbremse gezogen. Es wird umstrukturiert, Angebote werden gestrichen, es entsteht ein zentraler Klinikumsneubau: Das soll Geld sparen. Leider erst langfristig. Für das laufende Jahr erwarten die Kliniken des Kreises ein schwindelerregendes Defizit von 60 Millionen Euro.
Auch hier die Frage: Warum muss der Landkreis das überhaupt zahlen? Eine knifflige Frage - der Landrat ist da tatsächlich in der Zwickmühle. Wenn kein anderer Träger da ist, muss der Ostalbkreis eine Klinik vorhalten, erklärt Joachim Bläse. Es bleibe die Frage an das Land, "wenn der Bund nicht zahlt, wenn es Baden-Württemberg nicht gelingt, dass uns der Bund ausreichend finanziert, wie will ich das dann finanzieren?" Die einen diskutieren politisch, so der Landrat, aber er müsse Rechnungen bezahlen, die er halt irgendwann nicht mehr bezahlen könne.
Ostalbkreis kann Einnahmen selbst nur schwer erhöhen
Wenn die Kosten steigen und kein Geld mehr da ist, hat ein Landkreis nur eine Möglichkeit, an mehr Geld zu kommen: Er muss die Kreisumlage erhöhen. Das ist Geld, das Städte und Gemeinden an den Landkreis zahlen. Diese Kreisumlage erhöht der Ostalbkreis voraussichtlich. Und erreiche damit die Schmerzgrenze der Kommunen, so Landrat Bläse. "Ein Prozent Kreisumlage sind für uns 6,7 Millionen Euro (Anm. d. Red.: 37,9 Prozent sind 253,93 Millionen). Für eine größere Kommune wie die Stadt Aalen ist es schmerzhaft, aber auch eine kleine Kommune, wo es um 5.000 oder 7.000 Euro geht, schmerzt die Erhöhung auch deutlich."
Doch könnte man nicht sagen: Wer bestellt, bezahlt? Wenn viele Aufgaben der Landkreise von Bund und Land vorgegeben sind, müsste nicht von dort auch das Geld kommen? Das Bundesfinanzministerium antwortet auf SWR-Anfrage, der Bund sei gegenüber den Kommunen gar nicht weisungsbefugt, das sei Aufgabe der Länder. Und das Land? Das Innenministerium setze sich bei der derzeit laufenden Innenministerkonferenz dafür ein, dass der Bund Verantwortung übernehme und für eine ausreichende und dauerhafte Finanzierung Sorge trage.
"Die kommunalen Haushalte - wie im Übrigen auch die Landeshaushalte - sind zunehmend mit Ausgaben belastet, die der Bundesgesetzgeber veranlasst hat“, schreibt das Landesfinanzministerium. Wie hat das der Landrat des Ostalbkreises, Joachim Bläse, umschrieben? "Die einen diskutieren politisch, ich muss Rechnungen bezahlen.“ Der Eindruck, dass sich hier politisch schnell etwas tut, drängt sich nicht wirklich auf.