Wo sie lebt, darf erstmal nicht gebaut werden

Neubau der B19-Kochertalbrücke bei Aalen wegen Haselmaus gefährdet?

Stand
Autor/in
Catharina Straß
Catharina Straß

Die viel befahrene B19-Kochertalbrücke ist marode und muss durch einen Neubau ersetzt werden. Die seltene Haselmaus könnte jetzt die Pläne gefährden: Sie ist in der EU geschützt.

Die Kochertalbrücke auf der B19 zwischen Ober- und Unterkochen im Ostalbkreis ist eine wichtige Verkehrsader für Ostwürttemberg. Doch die gut 60 Jahre alte Brücke ist marode und soll ersetzt werden. Dabei könnte jetzt die geschützte Haselmaus zum Problem werden.

Haselmaus EU-rechtlich geschützt

Kästen in der Größe von Schuhkartons hängen in Haselsträuchern nahe der B19. Gutachter haben sie hinein gehängt - für eine Artenschutzuntersuchung. Das Ergebnis: In den Wiesen und Hecken ist die seltene Haselmaus zuhause. Das bestätigte das Regierungspräsidium Stuttgart auf SWR-Anfrage. Keine angenehmen Nachrichten für die Behörde, die den Neubau der maroden Kochertalbrücke plant. Denn wo die Haselmaus lebt, darf erstmal nicht gebaut werden. Sie ist laut EU-Recht streng geschützt.

Haselmaus darf nicht gestört werden

Dafür sorgt die EU-Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie. Sie legt fest, dass geschützte Arten wie die Haselmaus nicht getötet werden dürfen. Auch ihre Lebensgrundlage darf nicht zerstört werden. Dazu zählen die faustgroßen Haselmaus-Nester aus Laub und Gras. Die kleinen, nachtaktiven Nager weben sie zwischen Zweige oder in Baumhöhlen. Auch während ihres bis zu sieben Monate andauernden Winterschlafs und der anschließenden Paarungszeit dürfen die Tiere nicht gestört werden.

Ein schuhkartonförmiger, schwarzer Tunnel ist mit Seilen an einen Haselnussstrauch gebunden worden. Gutachter haben auf diese Weise nachgewiesen, dass nahe der Kochertalbrücke bei Aalen die Haselmaus zuhause ist.
Gras und Kot weisen auf die Bewohnerin hin: Eine Haselmaus hatte es sich das Jahr über in diesem Spurentunnel, der bei Artenschutzuntersuchungen eingesetzt wird, gemütlich gemacht. Wenn sie nicht gerade bis zu sieben Monate lang Winterschlaf hält, ist die Haselmaus vor allem in der Nacht aktiv.

Dazu, wie sich dies auf die Planung auswirken wird, können derzeit noch keine Aussagen getroffen werden

Behörden prüfen Auswirkungen auf Neubau der Kochertalbrücke

Federführend für den Bau der Kochertalbrücke ist das Regierungspräsidium Stuttgart. Dort läuft nach Angaben der Behörde noch die Prüfung, ob sich Neubau und Haselmaus in die Quere kommen könnten. Auch das Landratsamt des Ostalbkreises teilte auf SWR-Anfrage mit: "Dazu, wie sich dies auf die Planung auswirken wird, können derzeit noch keine Aussagen getroffen werden."

Das Land muss die Haselmaus schützen. Davon ist Andreas Wenzel vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Ostwürttemberg überzeugt. Denkbar wäre beispielsweise eine Umsiedelung der Tiere: "Die Haselmaus muss ungestört sein. Und bei so einem Bauvorhaben mit mehren Monaten oder Jahren Baustelle hat die keine Lust, in diesem Bereich zu leben." Möglich wäre laut Wenzel auch, der Maus eine Grünbrücke anzubieten.

Rund um die Kochertalbrücke zwischen Ober-und Unterkochen bei Aalen gibt es Hecken und Wiesen. Dort lebt die Haselmaus. Sie ist EU-rechtlich geschützt.
Die Kochertalbrücke bei Aalen wurde in den 1960er Jahren errichtet. Inzwischen wissen Fachleute: Die in ihr verbauten Spannstähle neigen zu Spannungsrisskorrosion. Die Brücke soll ersetzt werden.

Drei Varianten für Neubau der Kochertalbrücke

Die viel befahrene Kochertalbrücke soll noch mindestens bis 2027 im Einsatz sein. Im Oktober hatte der Kreistag des Ostalbkreises drei mögliche Standorte für den Ersatzneubau besprochen. Demnach könnte die neue Brücke entweder nordöstlich oder südwestlich des bestehenden Baus entstehen. Eine dritte Variante gilt als unliebsam: Sie sähe den jetzigen Standort auch für die neue Brücke vor. Vollsperrung und lang anhaltende Umleitung inklusive.

Welche Variante sich mit dem Vorkommen der Haselmaus verträgt, müssen jetzt weitere Gutachten klären. Sie sollen zeigen, wo der genau der seltene Nager lebt. Und wie er beim Neubau der Kochertalbrücke am besten geschützt werden kann.

Geschützte Tiere und Neubauvorhaben im Südwesten

Tübingen

Geschützter Vogel nicht mehr gesichtet Der Ziegenmelker ist weg: Klinik-Anbau in Tübingen kann kommen

Der streng geschützte Ziegenmelker hat viele Jahre auf dem Dach des Uniklinikums Tübingen gelebt. Damit war es unmöglich den Bau zu erweitern. Inzwischen ist der Vogel verschwunden.

Stuttgart/Böblingen

Tiere wurden umgesiedelt Artenvielfalt und Stuttgart 21: Wie geht es Zauneidechse und Juchtenkäfer?

Alles super beim Artenschutz zu Stuttgart 21? Laut der Deutschen Bahn funktionieren die Konzepte fantastisch. Der BUND hingegen meldet Zweifel an.

SWR Aktuell Baden-Württemberg SWR BW

Markdorf

Geplante Südumfahrung von Markdorf Wegen Zauneidechsen: Bau von Umgehungstraße gestoppt

Der Bau der Südumfahrung von Markdorf im Bodenseekreis wird sich um mindestens ein Jahr verzögern. Grund sind streng geschützte Zauneidechsen, die nicht umgesiedelt werden dürfen.

SWR Aktuell Baden-Württemberg SWR Fernsehen BW

Mehr von SWR Aktuell Baden-Württemberg

Baden-Württemberg

Die wichtigsten News direkt aufs Handy SWR Aktuell Baden-Württemberg ist jetzt auch auf WhatsApp

Der WhatsApp-Kanal von SWR Aktuell bietet die wichtigsten Nachrichten aus Baden-Württemberg, kompakt und abwechslungsreich. So funktioniert er - und so können Sie ihn abonnieren.

Baden-Württemberg

SWR Aktuell - der Morgen in Baden-Württemberg Jetzt abonnieren: Newsletter mit BW-Nachrichten am Morgen!

Sie wollen morgens auf dem neuesten Stand sein? Dann abonnieren Sie "SWR Aktuell - der Morgen in BW". Die News aus Ihrem Bundesland ganz bequem in Ihrem Mailpostfach.

Reportagen, Shorts und Erklärvideos SWR Aktuell nun mit eigenem YouTube-Kanal am Start

Ab sofort ist SWR Aktuell auch bei YouTube mit einem eigenen Kanal zu finden. Damit ist die Nachrichtenmarke des SWR künftig neben Instagram und Facebook auch auf der wichtigsten Nachrichtenplattform präsent.