Alle zwei Tage gehen Ulmer Angler ins eiskalte Wasser der Blau, um die Fischbrut zu pflegen. In speziellen Brutboxen kontrollieren sie den Laich der bedrohten Bachforelle, die zwischen Schwäbischer Alb und Schwarzwald einst heimisch war. Seit diesem Jahr zählt sie erstmals zu den bedrohten Fischarten.
Nachwuchs der Bachforelle gedeiht in Brutboxen mitten in der Blau
Wie Goldschürfen sieht es aus und wertvoll ist es auch, wenn Vater und Sohn - in ihren Wathosen wasserdicht gekleidet - die winzigen rosaroten Fischeier aussortieren. Konzentriert und achtsam inspizieren Harald und Alfred Bayler vom Fischereiverein Ulm/Neu-Ulm den Laich in der speziellen Brutbox mitten im Wasser der Blau.
Die empfindlichen, rosaroten Eier der Bachforelle dürfen nicht verpilzen!
Mit Schwanenfeder und Teesieb fischen sie pilzige Eihäute aus der Box und entsorgen sie direkt im Fluss. "Mit der Feder kann man es ganz schonend machen", erklärt Alfred Bayler, der seit 60 Jahren in Ulm angelt. Aus Erfahrung weiß er: "Wenn diese Häute drin bleiben, dann verpilzen die anderen Eier und es geht sehr viel kaputt."
Das wäre jammerschade, denn die Ulmer Fischer engagieren sich schon seit mehr als zehn Jahren als Bruthelfer. Seit sich die einst heimische Bachforelle auch in der Blau rar macht. Schuld daran? Verschmutzung und Verbauung, so der Freiburger Fischbiologe Ingo Kramer vom Landesfischereiverband in Baden-Württemberg.
Auch der Klimawandel stimmt Harald Bayler, den zweiten Vorsitzenden des Fischereivereins Ulm/Neu-Ulm, nachdenklich. "Unsere Gewässer werden wärmer. Man hat viel begradigt, es fehlen kiesige Untergründe, wo die Fische laichen können, das ist schade!"
100.000 Fischeier hüten die Ulmer Angler, bis die Larven schlüpfen
Deshalb hat der Ulmer Verein in diesem Winter fast 100.000 befruchtete Eier beim Züchter in Günzburg gekauft. Für 1.400 Euro. Der teure Nachwuchs der selten gewordenen Bachforelle wächst im Fluss naturnah heran und ist durch die Box zugleich gut geschützt.
Nach einigen Wochen schlüpfen aus dem Laich im Augenpunktstadium - man sieht im transparenten Fischei schon die großen schwarzen Augen - die Larven. Samt Dottersack, von dem sich die Mini-Bachforellen anfangs ernähren, dürfen sie in die Freiheit schwimmen.
Wo Reiher und Kormorane sie zum Fressen gern haben! Doch Bachforellen, die dank ihrer "Geburtshelfer" in der Natur aufwachsen, sind robuster als ihre Artgenossen aus der Zucht. Wendiger und schneller entkommen sie leichter ihren geflügelten Fressfeinden und sind auch resistenter gegen Umwelteinflüsse, beobachtet Alfred Bayler mit seinem geübten Anglerauge.
Solch ein Exemplar mit den typisch roten Punkten sei "viel stärker, farbenprächtiger, einfach schöner". Ein Traum von Fisch. Ob eine in der Blau geschlüpfte Bachforelle auch besser schmeckt?
Schwer zu sagen, denn die Ulmer Fischer angeln sie hier nicht mehr, seit sie sich mit dem Brutboxen-Projekt als "Geburtshelfer" engagieren. Es geht ihnen weniger ums Anglerglück als um den Naturschutz. "Ich esse Bachforellen normalerweise nicht", beteuert Alfred Bayler, denn "die Fischart ist mir etwas wert".