Schmerzen am ganzen Körper - 24 Stunden am Tag, selbst Licht und Geräusche schmerzen. Wer an myalgischer Enzephalomyelitis oder dem chronischen Fatigue-Syndrom, kurz ME/CFS, erkrankt ist, hat in aller Regel kein normales Leben mehr. Betroffene haben in Ulm nun eine bessere Behandlung gefordert.
Ilka Ulrich: Schmerzen am ganzen Leib, Tag und Nacht
So wie Ilka Ulrich aus Neu-Ulm. Sie war Gewerkschaftssekretärin bei ver.di - in einem anderen Leben. Ende Juni 2022 erkrankt sie an Corona und in der Folge an ME/CFS.
Ihr Bett verlässt Ilka Ulrich seitdem nur selten, ihre Wohnung fast nie. "Ich hab' 24/7 Schmerzen am ganzen Körper", erzählt sie.
Zur Demo in der Ulmer Innenstadt am Donnerstagnachmittag, bei der sie mit etwa 20 anderen Erkrankten und Angehörigen auf ihre Situation aufmerksam machen will, kommt sie im Rollstuhl, mit Sonnenbrille und Kopfhörer. Ihre permanente Schwäche erlaubt ihr nur wenige Schritte gehen, und selbst das Licht und die Geräusche der Stadt empfindet sie als peinigend.
Von der Medizin fühlen sich die Betroffenen in Ulm im Stich gelassen
Ilka Ulrich nimmt täglich rund 20 Arzneimittel. Diese dämpfen aber nur die Symptome. Eine Heilung für ME/CFS gibt es bisher nicht.
Auch Susanne Ritter aus dem Alb-Donau-Kreis fühlt sich von der Medizin im Stich gelassen. Ihre heute 21-jährige Tochter ist vor zehn Jahren an ME/CFS erkrankt. "Selbst die Ärzte, auf deren Schild 'CFS' steht, kennen sich nicht aus", so ihre Erfahrung. Eine Schulung hält Susanne Ritter für dringend notwendig - und zwar für alle Ärzte. Im Januar hat die Leiterin einer Selbsthilfegruppe für Ulm und den Alb-Donau-Kreis auf einem Ärztekongress in Stuttgart mit einem Stand auf die Situation der Betroffenen aufmerksam gemacht. Bereits im März hat sie mit rund 60 Betroffenen auf dem Ulmer Münsterplatz demonstriert.
Forschung und Behandlung zu ME/CFS muss dringend verstärkt werden
Das tut sie auch an diesem Donnerstag: Zusammen mit rund 20 weiteren Erkrankten und Angehörigen legt sie sich auf dem Ulmer Münsterplatz auf den Boden. Ziel der Aktion: auf die Hilflosigkeit der Betroffenen aufmerksam machen. Die Forschung zu ME/CFS müsse dringend intensiviert werden, fordern die Demonstrierenden.
Immerhin: Das Bohren dicker Bretter hat schon genützt, weiß die Leiterin der Selbsthilfegruppe: Bei der Fortbildung zu der Erkrankung an der Berliner Charitè vor zwei Jahren hätten nur etwa 20 Ärztinnen und Ärzte teilgenommen. Inzwischen hätten sich schon rund 1.000 zu entsprechenden Veranstaltungen angemeldet. Sie selbst werde in letzter Zeit regelmäßig zum Online-Austausch eingeladen. Es tut sich also was. Aber noch viel zu wenig. "Jeder Arzt sollte sich in ME/CFS schulen", fordert Susanne Ritter.