Alles ist bereit für den traditionellen Martinsumzug in Rottenburg (Kreis Tübingen). Die letzten Handgriffe an den Kostümen sind gemacht, die Schauspielerinnen haben ein letztes Mal auf dem Marktplatz geprobt. Am Montag, 11. November ziehen die Rottenburger von der Stiftskirche St. Moriz zum Marktplatz und damit zum Dom. Voraus reitet der heilige Sankt Martin auf dem Pferd - gespielt von einer Jugendlichen aus Rottenburg -, die Menschen folgen ihm mit ihren Laternen. Dort erwartet die Zuschauerinnen und Zuschauer dann ein Schauspiel mit Tradition: Der heilige Martin teilt seinen Mantel und wird zum Bischof ernannt. Auch wenn noch nicht alles ganz rund lief - die Generalprobe ist geglückt.
Am Martinstag sitzt der Text beim Martinsspiel
Noch waren nicht alle Requisiten im Einsatz, manche Textzeile haben die Schauspielerinnen noch vom Handy abgelesen. Es fehlte das Pferd, auf dem Martin reiten wird und auch die vielen Zuschauer, die jedes Jahr beim Martinsumzug in Rottenburg dabei sind. Manche Stimme klang noch zögerlich, am Martinstag werden die jungen Darstellerinnen dann mit einem Mikrofon ausgestattet und auf dem ganzen Marktplatz zu hören sein.
Die Schauspielerinnen sind zum Teil schon zum dritten Mal dabei und kennen den Ablauf. Für Regisseurin Elke Neumeyer ist es immer wieder eine Freude zu sehen, wie die Kinder und Jugendlichen am Martinstag zur Höchstform auflaufen. Dann klappt ihrer Erfahrung nach alles, sogar das Teilen des Mantels mit dem Schwert, den schweren Römerhelm auf dem Kopf und das alles, während die Darstellerin auf einem Pferd sitzt.
Es ist überliefert, dass Martin von Tours im Jahr 371 zum Bischof ernannt werden sollte. Weil er sich der Aufgabe aber nicht würdig fühlte, soll er sich in einem Gänsestall versteckt haben. Die schnatternden Gänse verrieten ihn aber - so musste er das Bischofsamt antreten. Von dieser Geschichte leitet sich der Brauch ab, an St. Martin Gänsebraten zu essen.
Die Gänse werden beim Martinsspiel in Rottenburg immer von Kindergartenkindern dargestellt. Für Regisseurin Elke Neumeyer ein Highlight: "Die Kinder sind mindestens so aufgeregt wie echte Gänse und schnattern da immer wunderbar", sagt sie. "Das ist einfach witzig zu sehen, wie die Kleinen da schon mitmachen."
Tradition des Martinsumzugs lebt wieder auf
Die katholische Domgemeinde in Rottenburg führt mit dem Laternenumzug und dem Martinsspiel auf dem Domplatz eine Rottenburger Tradition weiter - nach zwei Jahren Pause durch die Corona-Pandemie. Irmgard Schmitt, die Familienreferentin der Seelsorgeeinheit hat das gemeinsam mit Ministranten und zwei Regisseuren in die Hand genommen. "Als meine Kinder klein waren, waren wir oft auf dem Marktplatz und haben das sehr schön gefunden", sagt Irmgard Schmitt. "Es ist ein tolles Angebot für die ganze Stadt, nicht nur für die Katholiken. Es war mir ein Anliegen, dass die Tradition wieder auflebt."
Gänse, Umzüge und Märkte: Martini-Bräuche in der Region
Zum Martinstag am 11. November gibt es viele verschiedene Bräuche. Verbreitet sind das Martinssingen, die Martinsumzüge und als Essen die Martinsgans. Ein weiterer Brauch ist das Martinsfeuer, das am Ende des Martinsumzugs angezündet wird. Neben dem Gänsebraten ist auch das Hefeteiggebäck beliebt. Der "Martinswecken" soll mit seiner Form an Sankt Martin erinnern.
In der Region Neckar-Alb gibt es einige Veranstaltungen rund um den 11. November: Die Evangelische Martinsgemeinde in Tübingen lädt zum Beispiel am Montag zum Martinsfeuer auf dem Kirchplatz ein. Ab dem 12. November präsentieren rund 40 Händlerinnen und Händler ihre Waren auf dem Martinimarkt in der Tübinger Altstadt. In Reutlingen-Mittelstadt, in Gönningen, und in Münsingen zieht Sankt Martin ebenfalls am Montag mit einem Zug durch die Stadt. In der Gemeinde Rübgarten im Kreis Reutlingen ist der Martinsumzug am 16. November geplant.