Im Juni hat ein damals 23-jähriger Mann den neuen Freund seiner Ex-Freundin mit einem Messer angegriffen. Das Opfer wurde lebensgefährlich verletzt. Er überlebte. Auch die Ex-Freundin wurde bei dem Angriff in Winterlingen-Harthausen (Zollernalbkreis) verletzt. Nun hat das Landgericht Hechingen den Täter zu fünf Jahren Haft verurteilt.
Verteidigung plädierte auf versuchten Totschlag
In den Plädoyers sprachen sich die Staatsanwaltschaft und die Nebenklage für versuchten Mord aus. Sie sahen die Mordmerkmale Heimtücke und niedere Beweggründe als gegeben an. Dem widersprach die Verteidigung. Der Angriff sei nicht geplant gewesen. Außerdem sei der Täter wegen einer diagnostizierten Depression nicht planvoll vorgegangen. Er sei emotional in einem Ausnahmezustand gewesen.
Das Gericht entschied auf versuchten Mord und sah das Mordmerkal der Heimtücke erfüllt. Weil der Täter aber verzweifelt gewesen sei, habe er seine Tat nicht reflektieren können. Deswegen lägen keine niederen Beweggründe vor. Er habe mit der Tat seine Beziehung retten wollen.
Schmerzensgeld und Geständnis wirken strafmildernd
Dass nur ein einziges Mordmerkmal vorlag, habe sich strafmildernd ausgewirkt, sagte der Richter am Landgericht Hechingen. Dem Angeklagten zugute gehalten wurde außerdem, dass er schon zu Beginn des Prozesses ein Geständnis ablegte. Obwohl er vorgab, sich nicht an alles erinnern zu können, wirkte das Geständnis strafmildernd. Wenngleich der Richter ihm die Erinnerungslücken nicht abnahm.
Zum Vorteil des Täters wurde ihm auch ein Täter-Opfer-Ausgleich ausgelegt. Er zahlte dem lebensgefährlich verletzten Mann 10.000 Euro und seiner Ex-Freundin 1.000 Euro Schmerzensgeld. Darüber hinaus hatte der Verurteilte keine Vorstrafen. Und weil es seine erste Gefängnisstrafe ist, ließ das Gericht Milde walten.
Nach Messerangriff Unterstützung aus Familie
Während des Prozesses hatte ein Gutachter seine Diagnose einer leichten bis mittelgradigen Depression beim Täter erklärt. Der junge Mann habe gearbeitet und beinahe normal "funktioniert" - doch emotional sei er depressiv gewesen. Während seiner Untersuchungshaft von einem halben Jahr begann er deswegen eine Therapie. Auch dies wurde ihm zugute gehalten. Auswirkungen auf die Tat hätte die Depression jedoch nicht gehabt, erklärte der Richter.
Im Gerichtssaal waren viele Angehörige des Täters. Während er meist mit gesenktem Kopf am Verfahren teilnahm, waren seine Verwandten in Tränen aufgelöst. Dennoch honorierte der Staatsanwalt ihre Anwesenheit als starke Unterstützung. Wenn der 23-Jährige nach seiner Haftstrafe freikomme, werde er sich auf seine Familie verlassen können. Eine Aussicht, die ihm helfen sollte, sagte der Staatsanwalt.
Staatsanwalt gibt Verurteiltem Tipps für die Haft
Doch nicht nur den familiären Rückhalt hob der Staatsanwalt hervor. Er hatte in seinem Schlussplädoyer noch weitere Tipps für den Verurteilten. Er solle die Zeit im Gefängnis für eine Therapie nutzen, empfahl er ihm. Er solle darin seine Depression behandeln und die Tat aufarbeiten. Nur so komme eine Verkürzung der Haftzeit in Frage. Diese konstruktiven Vorschläge rührten die Familie des jungen Mannes zu Tränen.