Bewegende Aktion gegen das Vergessen

KZ Hailfingen-Tailfingen: Schüler-Menschenkette erinnert an jüdische Opfer

Stand
Autor/in
Tim Richter
Tim Richter ist Reporter für Hörfunk, Online und Fernsehen beim SWR im Studio Tübingen.

Es war ein starkes Bild: Viele hundert Schüler haben eine riesige Menschenkette gebildet. Und zwar dort, wo einst viele Juden ins KZ Hailfingen-Tailfingen verschleppt wurden.

Rund 500 Schülerinnen und Schüler haben sich am Mittwoch beim ehemaligen KZ Hailfingen-Tailfingen bei Rottenburg (Kreis Tübingen) zu einer riesigen Menschenkette aneinander gereiht - den "Weg der Namen". Das Ziel: An die Jüdinnen und Juden erinnern, die in das KZ zur Zwangsarbeit gebracht wurden.

Menschenkette entlang Leidensweg

189 KZ-Häftlinge haben sich im November 1944 auf den Weg vom Bahnhof Nebringen zum KZ gemacht. Dort mussten sie Zwangsarbeit leisten und unter unmenschlichen Bedingungen einen Militärflugplatz ausbauen. Die Häftlinge hatten da bereits eine lange Leidensgeschichte hinter sich, etwa in den KZs Stutthof und Auschwitz. Insgesamt 601 Jüdinnen und Juden wurden vom Bahnhof Nebringen in Eiseskälte zum KZ Hailfingen-Tailfingen gebracht. Knapp 200 von ihnen sind dort gestorben.

Genau entlang dieser Strecke haben sich die Schülerinnen und Schüler aufgestellt. Mehr als drei Kilometer war die Menschenkette lang. Sie reichte vom Bahnhof in Nebringen, bis zum Sportplatz in Tailfingen. Dort befand sich einst eine Flugzeughalle, in der die Zwangsarbeiter untergebracht wurden.

Insgesamt sechs Schulen aus Herrenberg, Gäufelden und Rottenburg waren an der Aktion beteiligt. Benjamin Merkt, Vorsitzender der KZ-Gedenkstätte Hailfingen-Tailfingen, hat den "Weg der Namen" organisiert. Laut Merkt ging es vor allem darum, den jüdischen Häftlingen, die zu Nummern degradiert wurden, ihre Namen zurückzugeben.

Eisige Kälte erinnerte an Leidensgeschichten

Selbst das Wetter hat bei der Gedenkaktion auf seine Art mitgespielt. Ein eisiger Wind ist den Schülerinnen und Schülern in der Menschenkette durch die Haare geblasen. So konnten sie sich grob vorstellen, welches Leid die Zwangsarbeiter im KZ Hailfingen-Tailfingen erleben mussten.

Damit keines dieser Schicksale vergessen wird, hat jedes Schulkind ein Plakat gebastelt. Darauf stand jeweils der Name eines Häftlings sowie das, was über ihr Leben bekannt war. Alle Schüler haben ihre Plakate bei der Menschenkette in der Hand gehalten.

Ein Plakat, das in der Menschenkette gezeigt wird - darauf ist der Name Majer Borenstein, eines der jüdischen NS-Opfer, mit seiner Biographie geschrieben. Auch er musste im KZ-Hailfingen-Tailfingen arbeiten.
Ein Plakat gegen das Vergessen. Majer Borenstein ist einer der Häftlingen, der im KZ Hailfingen-Tailfingen arbeiten musste.

Anschließend gab es noch mehrere Redebeiträge bei der ehemaligen Flugzeughalle in Tailfingen und dem Bahnhof in Nebringen, unter anderem von Rottenburgs stellvertretender Bürgermeisterin Annette Schwieren (SPD) und Gäufeldens Bürgermeister Benjamin Schmid (parteilos).

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