Privatleben des Angeklagten bleibt rätselhaft

"Reichsbürger"-Prozess: Zeugen wissen wenig über Reutlinger Angeklagten

Stand
Autor/in
Lisamarie Haas
Lisamarie Haas ist Reporterin für Hörfunk, Online und Fernsehen beim SWR im Studio Tübingen.

Im Prozess gegen mutmaßliche sogenannte Reichsbürger haben Menschen aus dem Umfeld des Reutlingers Markus L. ausgesagt. Sie beschreiben ihn als "ruhig" und "unauffällig".

Neun mutmaßliche "Reichsbürger" sind am Oberlandesgericht Stuttgart angeklagt, unter anderem auch der Reutlinger Markus L. Am Mittwoch haben Menschen aus dem Umfeld des Reutlingers ausgesagt. Sie konnten wenig über dessen politische Einstellung und sein Privatleben sagen. Der Angeklagte soll einer Gruppe um Prinz Reuß angehören und bei einer Wohnungsdurchsuchung auf Polizisten geschossen haben.

Familienangehörige des Angeklagten schweigen

Da Markus L. sich selbst nicht äußert, vernimmt das Gericht Zeugen aus seinem persönlichen Umfeld. Unter anderem sollte ein Bruder des Angeklagten aussagen. Weil dieser aber wegen Krankheit nicht erscheinen konnte, wurde seine Aussage auf einen der kommenden Verhandlungstermine verschoben. Die Mutter und ein weiterer Bruder des Angeklagten hatten bereits angekündigt, nicht aussagen zu wollen. Weil sie mit Markus L. verwandt sind, müssen sie keine Aussage machen.

Zeuge beschreibt Markus L. als "ruhig" und "freundlich"

Der Vorsitzende des Schützenvereins, in dem Markus L. Mitglied und Sportleiter war, sagte als Zeuge aus. Er kenne Markus L. bereits seit etwa zehn Jahren und schätze ihn als freundlichen und ruhigen Menschen ein. "Ich hätte ihm meine Waffen überlassen", sagte er über den Angeklagten.

Sie hätten sich nie über politische Themen unterhalten, zur politischen Einstellung von Markus L. konnte er nicht viel sagen. "Da rege ich mich über manche Sachen von unserer Regierung mehr auf als er", so der Zeuge. Er kenne die Mutter und den Stiefvater des Angeklagten flüchtig. Markus L. interessiere sich für Autos und Motoren.

Baden-Württemberg

Trotz Festnahmen der "Reuß"-Gruppe Verfassungsschutz sieht anhaltende Bedrohungslage durch "Reichsbürger" in BW

In mehreren deutschen Städten laufen derzeit Prozesse gegen Gruppierungen der sogenannten Reichsbürger. Laut Verfassungsschutz bleibt die Bewegung trotzdem eine beständige Gefahr.

Reichsbürger im Südwesten SWR

Reutlinger lernt neue Mitglieder beim Schießen ein

Inzwischen sei Markus L. nicht mehr Mitglied im Schützenverein. Wegen seiner Verhaftung wurde er vom Verband ausgeschlossen, so der Vorsitzende des Schützenvereins weiter. Er selbst hätte ihn ohne Verurteilung nicht aus dem Verein geworfen.

Markus L. sei mehrmals pro Woche als Aufsicht oder zum Trainieren an den Schießstand gekommen, sagte der Vereinsvorsitzende. Er sei ein sehr guter Schütze und habe neue Mitglieder im Schützenverein eingelernt. "Soweit ich ihn kenne, schießt er mit allen Waffen und recht gut", sagte der Zeuge. Auf die Vereinswaffen habe Markus L. aber keinen Zugriff gehabt.

Kein Austausch über politische Einstellung

Ein weiterer Bekannter, der den Angeklagten aus einer Reservistenkameradschaft der Bundeswehr kennt, sagte ebenfalls als Zeuge vor Gericht aus. Auch er beschrieb Markus L. als ruhige Person, er haben ihn als "unauffällig" wahrgenommen.

Gemeinsam hätten sie an Treffen der Reservisten teilgenommen, die vor allem aus Vorträgen, Grillabenden und Wanderungen bestanden hätten. Dabei hätten sie sich über aktuelle Themen unterhalten. Über die politische Einstellung des Angeklagten konnte er aber ebenfalls nichts sagen. "Er hat sich politisch nie geäußert", sagte der Zeuge. Die Kameradschaft sei nicht eng oder freundschaftlich gewesen. Trotzdem habe er Markus L. für mehrere Wochen ein Auto ausgeliehen.

Videos von Schusswechsel mit der Polizei

Markus L. wird unter anderem vorgeworfen, bei einer Hausdurchsuchung auf Polizisten geschossen zu haben. Davon gibt es Videos, die vor Gericht ausgewertet wurden. Bei dem Schusswechsel in Reutlingen wurde einer der Polizisten am Ellenbogen getroffen und schwer verletzt. Ein weiterer Beamter wurde am Finger verletzt. Der Generalbundesanwalt wirft Markus L. vor, in Tötungsabsicht geschossen zu haben.

Geldstrafe wegen militärischer Kennzeichen

Ein weiteres Thema bei beiden Zeugenvernehmungen war Markus L.s Einstellung zu den Maßnahmen während der Corona-Pandemie. Dazu sagten beide Zeugen nichts aus, weil in beiden Gruppen in dieser Zeit keine Treffen stattgefunden hätten.

Markus L. hatte 2021 bei einer Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen in Ofterdingen (Kreis Tübingen) teilgenommen und dabei ein schwarzes Barett mit Verbandsabzeichen auf dem Kopf getragen. Er wurde wegen des Verstoßes gegen das Uniform- und politische Kennzeichenverbot zu einer Geldstrafe von 1.200 Euro verurteilt.

In dem Prozess geht es noch mehrere Wochen um den Reutlinger Fall. Unter anderem soll ein weiterer SEK-Beamter aussagen, der bei einem Schusswechsel in der Wohnung des Angeklagten verletzt wurde.

Mehr über den "Reichsbürger"-Prozess

Stuttgart

Wird sich die Mutter des Angeklagten äußern? "Reichsbürger"-Prozess: Zeugen sagen über Reutlinger Angeklagten aus

Im Prozess gegen neun Männer, die angeblich an der mutmaßlichen Verschwörung des Prinzen Reuß beteiligt waren, steht heute ein Angeklagter aus Reutlingen im Mittelpunkt des Verhandlungstags.

SWR4 BW am Morgen SWR4 Baden-Württemberg

Stuttgart/Reutlingen

Wer hat zuerst geschossen? "Reichsbürger"-Prozess in Stuttgart: Aussage von Polizisten zum "Fall Reutlingen"

Einem Reutlinger wird im "Reichsbürger"-Prozess versuchter Mord vorgeworfen. Er soll zwei SEK-Beamte durch Schüsse verletzt haben. Sie werden bei der Aussage unkenntlich gemacht.

SWR4 am Abend SWR4

Stuttgart

Beweisaufnahme gegen Reutlinger startet "Reichsbürger"-Prozess in Stuttgart: Video dokumentiert Schüsse auf Polizei

Im "Reichsbürger"-Prozess stand am Mittwoch die Beweisaufnahme gegen einen Mann aus Reutlingen an. In Videoaufnahmen ist zu hören, wie bei einer Wohnungsdurchsuchung Schüsse fallen.

SWR4 am Nachmittag SWR4

Mehr von SWR Aktuell Baden-Württemberg

Baden-Württemberg

Die wichtigsten News direkt aufs Handy SWR Aktuell Baden-Württemberg ist jetzt auch auf WhatsApp

Der WhatsApp-Kanal von SWR Aktuell bietet die wichtigsten Nachrichten aus Baden-Württemberg, kompakt und abwechslungsreich. So funktioniert er - und so können Sie ihn abonnieren.

Baden-Württemberg

SWR Aktuell - der Morgen in Baden-Württemberg Jetzt abonnieren: Newsletter mit BW-Nachrichten am Morgen!

Sie wollen morgens auf dem neuesten Stand sein? Dann abonnieren Sie "SWR Aktuell - der Morgen in BW". Die News aus Ihrem Bundesland ganz bequem in Ihrem Mailpostfach.

Reportagen, Shorts und Erklärvideos SWR Aktuell nun mit eigenem YouTube-Kanal am Start

Ab sofort ist SWR Aktuell auch bei YouTube mit einem eigenen Kanal zu finden. Damit ist die Nachrichtenmarke des SWR künftig neben Instagram und Facebook auch auf der wichtigsten Nachrichtenplattform präsent.