Café-Besitzer legt Gesetz trickreich aus

Protest in Tübingen: Diese Holzkuh "verwandelt" Hafermilch in Kuhmilch

Stand

Von Autor/in Katharina Kregel

Auf einen Cappuccino zum Mitnehmen mit Kuhmilch fallen sieben Prozent Mehrwertsteuer an. Auf einen mit Hafermilch 19. Ein Café-Besitzer will mit einem Trick dagegen vorgehen.

ARD Player Poster
Mann melkt eine HolzkuhProtestaktion mit einer Holzkuh
2 Min

Martin Lai, Geschäftsführer der Suedhang Rösterei und eines Cafés in der Tübinger Jacobsgasse, ärgert sich. Wenn die Kunden in seinem Café einen Cappuccino zum Mitnehmen mit Hafermilch bestellen, dann verdient er weniger als an einem Cappuccino mit Kuhmilch. Der Grund: Kuh- und Hafermilch werden bei "to go" unterschiedlich besteuert. Kuhmilch schlägt mit sieben Prozent Mehrwertsteuer zu Buche, Hafermilch mit 19 Prozent.

Café-Besitzer verdient weniger mit Hafermilch wegen Mehrwertsteuer

Ungerecht, findet Lai. "Wieso soll ich mehr bezahlen, nur weil ich mich vegan ernähren möchte?" Ungefähr die Hälfte seiner Kunden trinkt ihre Heißgetränke mit Hafermilch, so der 41-Jährige. Mehr verdient der Unternehmer aber an den Getränken mit Kuhmilch. Er macht eine Beispielrechnung mit einem Getränk für fünf Euro. Für einen Cappuccino "to go" mit Hafermilch fallen 60 Cent mehr Mehrwertsteuer an, als für einen mit Kuhmilch. Mehr Geld für ein Getränk mit Hafermilch verlangen? Für Lai keine Option. Er will, dass bei ihm beide Getränke gleich viel kosten.

Und weil Martin Lai die Sache keine Ruhe lässt, hat sich der gelernte Mathematiker etwas ausgedacht. Laut dem sogenannten Butter- und Margarinegesetz gilt für Milch folgende Definition: "Milch: das durch ein- oder mehrmaliges Melken gewonnene Erzeugnis der normalen Eutersekretion von zur Milcherzeugung gehaltenen Tierarten."

Zwei Gläser Cappuccino mit Latte Art. Martin Lai von Südhang Kaffee in Tübingen. Mit einer Holzkuh möchte er auf ungerechte, unterschiedliche Besteuerung von Kuhmilch und Hafermilch aufmerksam machen.
Zwei Gläser Cappuccino. Martin Lai von Südhang Kaffee in Tübingen möchte mit "to go" Getränken mit einer Holzkuh auf ungerechte, unterschiedliche Besteuerung von Kuhmilch und Hafermilch aufmerksam machen.

Streit um Mehrwertsteuer: Tübinger Gastronom will bis vor das Bundesverfassungsgericht

"Also, wenn das Milch ist - das kriegen wir hin", so Lai. Er baute eine zirka 30 Zentimeter hohe rosa Holzkuh. Wie jede andere Kuh hat sie Euter und Zitzen. Im Inneren der Kuh befindet sich ein Behälter. Dort kippt Lai Hafermilch hinein. Was dann unten durch die Zitzen herauskommt, ist für Lai - laut Definition - Kuhmilch. Und "to go" somit mit sieben Prozent zu besteuern und nicht mit 19. Vorausgesetzt, das Getränk enthält einen Kuhmilchanteil von mindestens 75 Prozent.

Martin Lai von Südhang Kaffee in Tübingen. Mit Plakaten und einer Holzkuh möchte er auf ungerechte, unterschiedliche besteuerung von Kuhmilch und Hafermilch aufmerksam machen.
Martin Lai mit der Definition von Milch laut Butter- und Margarinegesetz.

Streit mit dem Finanzamt ist vorprogrammiert. Um sein Anliegen durchzubringen, will Lai bis vor das Bundesverfassungsgericht nach Karlsruhe. Glaubt er wirklich an einen juristischen Erfolg? "Das weiß ich nicht genau. Aber ich möchte Aufmerksamkeit und ich möchte, dass die Leute darüber sprechen." In Tübingen ist ihm das schon mal gelungen.

Baden-Württemberg

DEHOGA fürchtet Aus für viele Betriebe in BW Gastgewerbe: Nach Corona drohen wieder 19 Prozent Mehrwertsteuer

Das Gastgewerbe in BW hat sich immer noch nicht vollständig von der Corona-Pandemie erholt. Laut DEHOGA gefährdet die geplante Wiederanhebung der Mehrwertsteuer Hunderte Betriebe.

Tübingen

Zwischen Hoffen und Bangen Tübinger Gastronomen fürchten Rückkehr zur alten Mehrwertsteuer

Die Mehrwertsteuer auf Speisen ist zum Jahresbeginn wieder auf 19 Prozent gestiegen. Essen gehen wird damit teurer. Eine Herausforderung für Gasthausbetreiber - auch in Tübingen.

Kommentare (6)

Bisherige Kommentare
6

Die Kommentarfunktion zu dieser Seite wurde geschlossen.

  1. Kommentar von
    Daniel Wall
    Verfasst am

    "Rund 60 Cent mehr müsste er beispielsweise für einen Cappuccino mit Hafermilch verlangen, um die Differenz auszugleichen." Wenn diese Differenz den 12% Differenz entspricht, würde Herr Lai Milch im (Netto)Wert von 5 € in jeden Cappuccino schütten. Oder wie sonst rechnet der "gelernte Mathematiker "?

  2. Kommentar von
    Dr. Reißer
    Verfasst am

    Der Artikel ist schlecht recherchiert. Normalerweise werden in üblichen Cafés alle Getränke mit 19% besteuert. Nur in Imbiss ähnlichen Cafés oder beim To-Go, kann 7% anfallen wenn das Getränk zu mindestens 75% aus Tiermilch besteht. Die Kritik ist absolut berechtigt alleine schon warum man Gastronomie mit wieder verwendbaren Geschirr gegenüber Müll Geschirr bevorzugt ist nicht mehr zeitgemäß. Zudem ist es nicht plausibel warum man mehr Dienstleistungen höher besteuert als weniger. Und zuletzt warum Kuhmilch als Lebensmittel gilt und Hafermilch etc. nicht, ist auch nicht mehr zeitgemäß. Aber mit gutheißen von Steuerbetrug (der Zweck heiligt nicht die Mittel) und ungenauen Angaben wird mir nicht ersichtlich warum ich hierfür GEZ bezahlen soll!?

  3. Kommentar von
    Patrick
    Verfasst am

    Wenn ich als Steuerberater*in mal schlichten darf: Ist völlig egal, welche Milch darin ist, sofern das Getränk nicht zu mehr als 75% aus Milch besteht. Cappuccino als Getränk mit weniger als 75% Milch (und das ist eigentlich jeder Cappuccino, nur bei Latte Macchiato macht es einen Unterschied) unterliegt immer 19% Umsatzsteuer. Ja, in Anlage 2 zum Umsatzsteuergesetz steht Kaffee, dies bezieht sich aber auf gemahlenen, nicht auf aufgebrühten Kaffee. Also: Der Kaffee an sich sorgt schon für 19% Steuer. Da hat jemand also scheinbar gar keine Ahnung, belastet mit Quatsch die Arbeit der Finanzämter und stürzt sich selbst mit ins Unglück. Besser erst informieren, denn dies ist eine Steilvorlage an Finanzämter - wenn jemand schon hieran scheitert, mag eine Betriebsprüfung Sinn machen, oder? Gute Übersicht: https://www.lexware.de/wissen/buchhaltung-finanzen/mehrwertsteuer-gastronomie/

  4. Kommentar von
    Dörte Bietsch
    Verfasst am

    Wenn er bei 12 % MwSt. Differenz und einer reinen Milchmenge (geschäumt) von 50 ml gleich 60 Cent mehr verlangt, kann er mir leider nichts andrehen. Man kann auch einfach guten schwarzen Kaffee verkaufen und alle Arten von Milch zum Selbstfüllen nach der Kasse anbieten, dann ist dieses Problem nicht existent. Wer unbedingt den Luxus eines vom Barista gezauberten des Schaumherzles haben möchte, dem seien auch 60 Cent mehr zumutbar.

  5. Kommentar von
    Reiner Ernst
    Verfasst am

    Wenn er tatsächlich - wie hier beschrieben - aufgrund der unterschiedlichen Besteuerung "weniger verdient, wenn die Kunden in seinem Café einen Cappuccino mit Hafermilch trinken", dann begeht er Steuerhinterziehung. Nur so als Hinweis. Gerne zahle ich Gebühren für diese Art der Berichtertstattung!

  6. Kommentar von
    Laura Maier
    Verfasst am

    Ich finde es wirklich ungerecht und unangebracht, dass vegane Lebensmittelalternativen oft höher besteuert werden als die nicht-veganen Varianten. Es reicht doch schon, dass diese häufig von den Supermärkten teurer gemacht werden, weil es sich um Nischenprodukte handelt. Und das in Zeiten des Klimawandels, in denen es doch sinnvoll ist, auf vegane Lebensmittel zurückzugreifen. Daher finde ich es super, dass der Herr Lai auf eine so kreative Übergangslösung gekommen ist, die Steuer zu hintergehen. Hoffentlich bekommt er vor Gericht Recht.

Reportagen, Shorts und Erklärvideos SWR Aktuell nun mit eigenem YouTube-Kanal am Start

Ab sofort ist SWR Aktuell auch bei YouTube mit einem eigenen Kanal zu finden. Damit ist die Nachrichtenmarke des SWR künftig neben Instagram und Facebook auch auf der wichtigsten Nachrichtenplattform präsent. 

Südwesten

Aktuell, regional, multimedial Die SWR Aktuell-App - Nachrichten auf Handy und Tablet

Die SWR Aktuell-App bringt aktuelle und regionale Nachrichten aus dem Südwesten aufs Smartphone und Tablet. Alle Details zur App und die Links zum Download gibt es hier.

Baden-Württemberg

Die wichtigsten News direkt aufs Handy SWR Aktuell Baden-Württemberg ist jetzt auch auf WhatsApp

Der WhatsApp-Kanal von SWR Aktuell bietet die wichtigsten Nachrichten aus Baden-Württemberg, kompakt und abwechslungsreich. So funktioniert er - und so können Sie ihn abonnieren.

Baden-Württemberg

SWR Aktuell - der Morgen in Baden-Württemberg Jetzt abonnieren: Newsletter mit BW-Nachrichten am Morgen!

Sie wollen morgens auf dem neuesten Stand sein? Dann abonnieren Sie "SWR Aktuell - der Morgen in BW". Die News aus Ihrem Bundesland ganz bequem in Ihrem Mailpostfach.