Das Kino Arsenal in Tübingen schließt im fünfzigsten Jahr seines Bestehens. Es war das erste Programmkino Baden-Württembergs und eines der ersten in Deutschland. Also eines der Kinos, die besondere Filme zeigen wie aktuell etwa "Perfect Days" von Wim Wenders. Während zum Vergleich in Mainstream-Kinos "Aquaman" gespielt wird. Ende Februar ist damit Schluss. Entsprechend traurig und enttäuscht ist nicht nur sein Gründer, der Kinomacher Stefan Paul.
1974 Start des Kino Arsenal in Tübingen
Der allererste Film erblickte dank Stefan Paul am 29. November 1974 die Leinwand des Arsenals. Von da an gab es in Tübingen ein Programmkino für unabhängig von Hollywood und den großen Produktionsfirmen hergestellte Filme. So wie sonst nur in Hamburg oder Berlin. Paul gründete sein eigenes Kino und seinen eigenen Verleih aber auch, weil es wohl gar nicht anders ging.
Meisterwerke im Kinosaal
Stefan Pauls erster Film im eigenen Verleih war die anarchistische Komödie "Themroc" mit Michel Piccoli im Jahr 1973. Paul zeigte im Arsenal natürlich auch die Meisterwerke der Lakonie von Jim Jarmusch und Aki und Mika Kaurismäki. Für viele Menschen in Tübingen begann die Beziehung zum Arsenal mit einer Opernsängerin: Ende der 1980er Jahre lief jeden Sonntag um 11 Uhr der romantische Thriller "Diva" im Kino - und das jahrelang. Der Film von Jean-Jacques Beineix war einer der größten Erfolge des Tübinger Programmkinos.
Bald war das Arsenal auch das Festivalkino der immer größer werdenden Französischen Filmtage. Im Arsenal gingen schon Schauspieler wie Ulrich Tukur und Filmregisseure wie Volker Schlöndorff ein und aus. Bis heute ist Stefan Paul der Betreiber des Kinos, dessen Mietvertrag nun ausläuft und nicht verlängert wird.
Hausverkauf bedeutete das Ende
Jahrzehntelang sei das Arsenal ein wichtiger kultureller Treffpunkt in Tübingen gewesen, sagt Paul. Als das Haus, in dem sich das Kino eingemietet hatte, verkauft wurde, habe sich die Stadt nicht genügend eingesetzt, um das Arsenal zu erhalten.
Kino mit Kneipe und Glitter
Ein wesentlicher Erfolgsfaktor des Kinos war und ist die Kinokneipe mit Glitter, Filmplakaten und abgewetzten Café-Möbeln. Manche Tübingerinnen und Tübinger sind hier seit Jahrzehnten immer wieder Gast. Zum Beispiel Monika Stoss: Sie machte damit ihrem Mann einen Umzug nach Tübingen schmackhaft - nach Jahren in Paris und Berlin. Denn in der schwäbischen Provinz, habe sie zu ihm gesagt, da gäbe es tatsächlich eine Kneipe wie in Berlin.
Sie und viele Filmfans nicht nur in Tübingen und Umgebung trauern schon jetzt um den herben Kulturverlust. Bis einschließlich 26. Februar gibt es noch täglich Filme zu sehen. Dann ist tatsächlich Schluss. ENDE.