Anwohner: "Da stehst du im Bett"

"Navi-Falle" in Ennetach: Fast täglich krachen Fahrzeuge gegen eine Unterführung

Stand
Autor/in
Judith Hüwelmeier
Judith Hüwelmeier ist Reporterin für Hörfunk, Online und Fernsehen beim SWR im Studio Tübingen.

Die Bahnunterführung sieht offenbar höher aus, als sie ist. Fast täglich jedenfalls bleiben Kleinlaster an ihr hängen. Laut Navi ist das aber der schnellste Weg.

Seit Jahrzehnten, so beschreiben es Anwohner, hören sie es in der Klosterstraße im kleinen Ort Ennetach, einem Ortsteil von Mengen (Kreis Sigmaringen), krachen. Denn Wohnmobile, Vans, Transporter und andere große Fahrzeuge bleiben dort regelmäßig an der Decke der Bahnunterführung hängen.

Nur Fahrzeuge, die nicht höher sind als 2,10 Meter, passen hier durch. Viele Schilder weisen darauf hin, dennoch kommt es fast täglich zu Unfällen und gefährlichen Wendemanövern auf der Straße. Schwerverletzte hat es bisher nur wenige gegeben - aber abgerissene Fahrzeugteile, Krach und unkundige, gestrandete Autofahrer belasten die Anwohner. Die Schwäbische Zeitung hatte den Fall publik gemacht.

"Navi-Falle": Hohe Dunkelziffer bei Unfällen

Die Anwohner der Klosterstraße haben eine Ahnung, wer ihnen das Dilemma beschert. Laut Navi ist die Klosterstraße die schnellste Straße zwischen den Bundesstraßen 32 und 311. Wer also nach Tuttlingen, zum Southside Festival, in die Schweiz oder Richtung Bodensee will, den manövriere das Navi durch die Klosterstraße.

Was Anwohner aus Mengen-Ennetach seit knapp drei Jahrzehnten stört, hat im Jahr 2021 Eingang in die Polizeistatistik gefunden. Seitdem ist die Klosterstraße dem Polizeipräsidium Ravensburg als "Unfallhäufungsstelle" bekannt. Zwischen 2021 und 2024 zählte die Statistik 36 Unfälle.

Ein Transporter hängt in Mengen-Ennetach unter einer Bahnunterführung fest. Passanten versuchen, das Fahrzeug zu befreien.
Das Navi weist den schnellsten Weg durch den Ort, und an dieser Stelle kracht es dann. Viele Ortsunkundige schätzen ihr Fahrzeug falsch ein und bleiben unter der Unterführung hängen.

"Die Dunkelziffer ist deutlich höher", sagt Anwohnerin Roswita Spiegelhalder, die seit 67 Jahren in Ennetach lebt. Als die Bild-Zeitung titelte: "Diese Unterführung schrottet jedes Jahr hundert Autos", habe sie gedacht, dass diese Schätzung noch niedrig angesetzt sei. Viele Transporter würden nach dem Crash einfach weiterfahren und den Schaden nicht der Polizei melden.

Wir könnten Bücher füllen mit Unfall-Geschichten aus dem Ort.

Im Radioprogramm SWR3 haben Anwohner berichtet, wie sie auch nachts die Unfälle hören:

Anwohner wollen Tempo 30 statt 50 - Landratsamt dagegen

Die Bewohnerinnen und Bewohner der Klosterstraße haben eine Idee, wie man das Problem lösen könnte. Sie wünschen sich für die gesamte Klosterstraße eine Reduzierung des Tempos von 50 auf 30. Würde man gleichzeitig auf der Umgehungsstraße das Tempo von 50 auf 70 erhöhen, könne man das Navi überlisten, so die Theorie. Es würde den Weg durch die Unterführung dann nicht mehr als schnellste Route ausweisen.

Das Landratsamt lehnt eine Tempo-30-Zone in der Klosterstraße mit Verweis auf die "wichtige innerörtliche Verbindungsfunktion" ab. Anwohnerin Roswita Spiegelhalder kritisiert, dass es Wochen und Monate dauere, bis sich im Landratsamt etwas tue. Ortschafts- und Stadträte seien schon seit Jahren mit dem Thema beschäftigt.

Ein Transporter mit verkratztem Dach. In Mengen-Ennetach stoßen Fahrzeuge regelmäßig gegen eine Bahnunterführung.
Häufig melden Fahrer die Schäden gar nicht bei der Polizei, sondern fahren einfach weiter, sagen Anwohner.

Mittlerweile ist aber doch Bewegung in die Sache gekommen. Bei einer Vor-Ort-Besichtigung Ende Oktober, bei der Vertreter von Polizei, Landratsamt und Ennetachs Ortsvorsteher dabei waren, habe man sich auf eine Anlage zur Höhenkontrolle geeinigt, bestätigt Mengens Bürgermeister Philip Schwaiger. Diese solle Anfang nächsten Jahres installiert werden.

Kommt Tempo 30 an der Gefahrenstelle?

Für viele Anwohner ist das keine befriedigende Lösung. Sie befürchten zusätzlichen Lärm oder Licht, das in der Nacht durch die Fenster scheint. "Dann klappert es, wenn die Laster rein- und rausfahren", so Spiegelhalder.

Nachdem in den vergangenen Wochen mehrere Medien über den unfallträchtigen Bahnübergang berichtet hatten, teilte das Landratsamt dem SWR schriftlich mit, dass man den Vorschlag einer Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 Stundenkilometer in der Gefahrenstelle begrüße. Damit ist aber nicht die gesamte Straße gemeint. Bürgermeister Philip Schwaiger freut sich dennoch sehr darüber, dass es voran geht.

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