Jedes Jahr zur Weihnachtszeit stellt der Sülchgauer Altertumsverein eine große Krippen-Austellung in der Zehntscheuer in Rottenburg (Kreis Tübingen) auf die Beine. Neben alten historischen Krippen findet sich dort heuer eine sehr extravagante: Maria als Punk. Sie lümmelt auf einem Stuhl, hat verwuschelte rot und weiß gefärbte Haare, in der Hand hält sie eine Flasche Alkohol. Daneben steht Josef in einem dicken Wollpullover und Schal, in der Mitte ein silberner Engel. Weil es die Eltern nicht können, hält er das Jesuskind schützend im Arm.
Botschaft der Krippe: Jesus liebt auch die Ausgestoßenen
Die Botschaft der Macherin der Krippe: Jesus ist zu allen Menschen gekommen – auch zu den Armen und Ausgestoßenen. Warum also nicht auch mal so eine Krippe zeigen, meint der Leiter des Rottenburger Krippen-Teams Werner Wiedmaier. Neben dieser modernen Krippe gibt es auch ganz klassische in der Ausstellung.
Krippe wie ein Wimmelbild
Eines der Highlights ist eine Hauskrippe aus den 1980 Jahren, nachgebaut im barocken Stil. Unzählig viele Details lassen das Auge hin und her huschen. Es hüpft vom Jesuskind in der handgenähten Windel, zu den pompösen Brokat-Kleidern der Heiligen Drei Könige. In Körben leuchtet buntes Obst, Hirten tragen Hüte und lange Mäntel, sogar die Knopflöcher sind zu erkennen. Engel mit gelocktem Haar schweben über der Heiligen Familie. Eine Besucherin staunt über das handwerkliche Geschickt von Irma Burberg, die die Krippe gemacht hat.
Handarbeit vom Feinsten: Könige in bestickten Mänteln
Als Leiterin des Sülchgauer Altertumsvereins hat sie viele Krippen-Ausstellungen in Rottenburg organisiert. Zum zehnten Todestag von Irma Burberg hat Nachfolger Wiedmaier ihre Krippe nun aufgebaut. Auch er ist von den vielen liebevollen Kleinigkeiten begeistert. So sind die Holzfiguren in aufwändige Kleider gehüllt. Besonders prunkvoll sind die Drei Könige. „Die Mäntel sind so prächtig bestickt mit Steinen, Bordüren, Goldfäden, es ist beeindruckend“, sagte Wiedmaier dem SWR.
Zum Gefolge der Könige gehören Musiker – auch sie sind mit prächtigen Stoffe ausgestattet. Flöten und Trommeln sehen aus "wie wenn man die Originalinstrumente ins Miniformat beamen würde", so Wiedmaier.
Krippe mit neapolitanischer Marktszene
Die Krippe ist ganze 2,80 Meter breit. So hat Irma Burberg neben all den üblichen Figuren noch Platz für eine bunte Marktszene untergebracht. Die habe sie sich von neapolitanischen Krippen abgeschaut, sagte Ausstellungs-Leiter Werner Wiedmaier. So stehen zwischen der Hirtenschar und der Heiligen Familie im Stall, Männer und Frauen hinter Verkaufsständen und bieten ihre Waren in Körben und Schüsseln an: Obst, Gemüse, Stoffe.
Die Ausstellung in der Zehntscheuer Rottenburg geht bis zum 21. Januar 2024. Geöffnet ist immer von 14 Uhr bis 17 Uhr, auch am ersten Weihnachtsfeiertag sowie Neujahr. Montags sowie Heilig Abend und Silvester ist geschlossen.
Rottenburg: Stadt mit Krippen-Tradition
Die Stadt Rottenburg pflegt nach eigenen Angaben die Krippen-Tradition schon seit 400 Jahren. Bekannt ist vor allem auch die Krippe in der Wallfahrtskirche im Weggental. Laut Krippenbauer Reinhold Vollmer wird dort die Geschichte von Jesu Geburt schon seit dem Jahr 1850 auf drei Etagen dargestellt. Ursprünglich wurde die Krippe damals von Leopold Lazaro für das ehemalige Gasthaus Waldhorn in Rottenburg gefertigt. Die Grundfläche beträgt vier auf fünf Meter.
Schon seit langem wird die Krippe Jahr für Jahr in der Kirche im Weggental aufgestellt. Bis zu Lichtmess am 2. Februar 2024 können etwa 150 verschiedene Figuren entdeckt werden. Die Umgebungen und Charaktere werden im Laufe der Zeit immer wieder geändert und ausgetauscht und zeigen verschiedene Bibelgeschichten, so Vollmer.
Krippe wird umgebaut und zeigt verschiedene Szenen
Nach den Weihnachtsfeiertagen wird die klassische Szene der Geburt Christi umgebaut. Dann kann man den Besuch der Heiligen Drei Könige mit ihren Geschenken am Stall betrachten. Ehe sich Maria und Josef mit dem Jesuskind auf die Flucht nach Ägypten begeben. Darauf folgt die Hochzeit zu Kana, bei der Jesus das Wasser in Wein umwandelte. Die Szene ist bis ins kleinste Detail ausgestattet, beispielsweise mit echten Würstchen. Als letztes wird in der Krippe der Tempelbesuch von Jesus in Jerusalem dargestellt.
Sämtliche Szenen sind mit vielen Details und verschiedenen Tieren geschmückt: Kamele, Schafe, Elefanten sind neben menschlichen Figuren überall auf den Moosflächen verstreut zu finden. Vor allem ein Tier darf laut Krippenbauer Vollmer nicht fehlen: Der Bär, der sich in der Krippe versteckt und den es jedes Jahr aufs Neue zu finden gilt. Die Krippe hat sogar ihr eigenes Gedicht: "S’Weggetaler Kripple" von Sebastian Blau alias Josef Eberle, einer der bekanntesten schwäbischen Mundartdichter.
Krippe Palmbühl wohl größte im Zollernalbkreis
Die Tradition der Weihnachtskrippe im Wallfahrtsort Palmbühl in Schömberg (Zollernalbkreis) ist noch etwas jünger. Nach eigenen Angaben wird die Krippe dort seit knapp 30 Jahren aufgebaut. Laut Pastoralreferent der Diözese Rottenburg-Stuttgart, Michael Holl, gilt sie mit ihren acht Metern Breite und fünf Metern Länge als die wohl größte im gesamten Zollernalbkreis.
Sie füllt nach Angaben der Stadt Schömberg den gesamten Altar der Wallfahrtskirche aus. Jede freie Fläche werde genutzt, mit starren, aber auch mit "lebendigen" Figuren. Das Besondere: Einige der etwa 40 Gipsfiguren werden mechanisch angetrieben und erwecken die Krippe zum Leben, so Holl. In der kleinen Kapelle auf dem Palmbühl drehen sich die Figürchen im Kreis. Auch das Miniatur-Mühlrad ist tatsächlich in Betrieb und dreht sich bei plätscherndem Wasser. Und in einer winzigen Sägewerk-Mühle wird ein Holzstamm von einem Arbeiter zersägt.
Drei ganze Tage haben Ehrenamtlichen laut Holl gebraucht, um die Krippe in der Palmbühlkirche aufzubauen. Dort kann sie tagsüber bis zum 2. Februar 2024 besucht werden. Außerdem bietet das Wallfahrtsteam auch Führungen an.
Weihnachtskrippe gibt es seit 800 Jahre
Die Weihnachtskrippe wird heuer 800 Jahre. Der Legende nach soll der heilige Franziskus im Jahre 1223 das Krippengeschehen zum ersten Mal nachgestellt haben - mit einer lebenden Krippe mit Heu, Ochse und Esel, so die Angaben der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Das Ziel von Franzkisus war es wohl, den einfachen Menschen das Weihnachtsevangelium außerhalb der Kirche begreifbar zu machen.