Bildmontage mit v.l.n.r. Lisa Federle, Stefan Wolf, Bonita Grupp, Boris Palmer. Sie alle kandidieren bei der Kommunalwahl 2024.

Kandidaten in Tübingen, Zollernalb und Reutlingen

Kommunalwahl: Palmer, Federle und andere Prominente auf den Listen

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Sarah Beschorner
Sarah Beschorner

Bei den Kommunalwahlen sind auch Prominente auf den Listen. Palmer, Trigema-Chefin Grupp und Federle möchten in den Kreistag. In Bad Urach hofft Gesamtmetall-Chef Wolf auf Stimmen.

Es hat viele überrascht. Anfang Dezember 2023 hat Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (parteilos) verkündet, dass er für die Tübinger Kreisvereinigung der Freien Wähler (FWV) um einen Platz im Kreistag kandidiert. Dass Palmer sich den Freien Wählern zugewandt hat, ist auf Verwunderung gestoßen. Schließlich war Palmer lange Jahre Mitglied bei den Grünen. Inzwischen ist er parteilos.

Die Verwirrung, die dabei entstanden ist, habe sich gelegt, sagte Palmer dem SWR. Es sei jetzt klar, dass es sich nicht um die bayerische Partei von Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER) handelt, sondern dass die Tübinger Kreisvereinigung Teil des kommunalen Landesverbandes der Freien Wähler in Baden-Württemberg ist. Bei denen könne man auch als Parteiloser auf die Liste.

Man kann das als Kandidatur gegen die Grünen auffassen. So ist das aber nicht gemeint.

Palmer möchte Interessen der Stadt Tübingen im Kreistag vertreten

In der FWV-Kreistagsfraktion seien aus gutem Grund fast alle Bürgermeister des Kreises, so Palmer. Er persönlich könne dort die Interessen der Stadt Tübingen vertreten. Dabei gehe es ihm vor allem um die Finanzen. Er möchte die Höhe der Kreisumlage mitbestimmen. Es geht dabei darum, wie viel Geld die einzelnen Gemeinden in einem Kreisgebiet an den Kreis abgeben müssen. Palmer will, dass der Kreistag Rücksicht auf den Haushalt der Gemeinden nimmt, zum Beispiel bei der Kinderbetreuung. Der Kreis hat die Zuständigkeit für die Tageseltern. Diese sollten ausreichend Geld bekommen, damit sie nicht auch noch Zuschüsse von den Gemeinden benötigen.

Der Tübinger Oberbürgermeister und neue Kreisrat Boris Palmer (parteilos) im Landratsamt Tübingen.
Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer (parteilos) im Landratsamt Tübingen. Bei den Kommunalwahlen wurde er als Stimmenkönig zum neuen Kreisrat gewählt.

Tübinger OB: Möglichst von vielen Wählern drei Stimmen

Welche Chancen rechnet sich Palmer bei der Kommunalwahl aus? "Eigentlich keine, weil ich nur auf Platz elf der Liste bin", sagt der 52-Jährige. Es kommen vielleicht fünf Leute von den Freien Wählern in den Kreistag. Aber: Die Wählerinnen und Wähler können einem einzelnen Kandidaten bis zu drei Stimmen geben. "Wenn das viele machen, komme ich doch in den Kreistag."

Zollernalbkreis: Trigema-Chefin kandidiert für den Kreistag

Sie hat gerade erst die Leitung des Textilunternehmens Trigema in Burladingen übernommen. Dass Bonita Grupp nun auch für den Kreistag des Zollernalbkreises für die CDU kandidiert, damit haben viele nicht gerechnet. Bisher war nämlich keiner in der Familie Grupp politisch aktiv. Der CDU-Stadtverband sei auf sie zugekommen. Man suche noch Kandidaten für den Kreistag.

Bonita Grupp, CDU, steht vor mehreren sehr großen Rollen Stoff. Sie kandidiert für den Kreistag im Zollernalbkreis bei der Kommunalwahl 2024. | Bild: Trigema
Bonita Grupp weiß als geschäftsführende Gesellschafterin von Trigema, was für die Unternehmen in der Region wichtig ist.

Bonita Grupp: Wirtschaftsstandort sollte gestärkt werden

Der 35-Jährigen ist es wichtig, dass die Region für die ansässigen Unternehmen und die Arbeitskräfte attraktiv bleibt. Als geschäftsführende Gesellschafterin weiß sie, was für die Unternehmen in der Region wichtig ist. Die Nominierung als Kreistagskandidatin für die Kommunalwahlen 2024 sei vielleicht überraschend. "Aber wenn man die Möglichkeit bekommt, in dem Bereich Erfahrungen zu sammeln, will ich die gerne wahrnehmen", erklärt Bonita Grupp im SWR-Interview.

Wir möchten schauen, dass unsere Region auch in Zukunft einen Wirtschaftsstandort in Baden-Württemberg abbildet.

Sie und ihr Bruder Wolfgang Grupp junior sind seit Jahresbeginn in der Geschäftsleitung von Trigema. Der Bruder war von Anfang an ein starker Befürworter. "Er ist politisch sehr interessiert, hat auch Politikwissenschaften studiert." Wenn sie die Chance ergreife, werde er sie unterstützen, so Grupp. Auch Vater Wolfgang Grupp respektiere die Entscheidung der Tochter. Er selber wollte aber nie politisch aktiv sein, so die 35-Jährige.

Die Chancen, gewählt zu werden, möchte Bonita Grupp nicht zu hoch ansetzen. Im Wahlkreis Burladingen ist sie auf Listenplatz eins. Auch wenn es am Ende nicht klappen sollte, ist für sie die Kandidatur schon jetzt eine wertvolle Erfahrung. Sie habe einen neuen Blick auf die politische Welt und verstehe die Zusammenhänge auf kommunaler Ebene besser.

Ex ElringKlinger-Vorstand hat Zeit für Kommunalpolitik

Stefan Wolf verbindet man noch immer mit ElringKlinger aus Dettingen a.d. Erms (Kreis Reutlingen). Fast 18 Jahre lang war er Vorstandschef des Automobilzulieferers. Wolf ist Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall und möchte nun Stadtrat im Gemeinderat von Bad Urach werden. 27 Sitze sind dort zu besetzen. Seinen Bekanntheitsgrad kann der 62-jährige CDU-Mann für seine Kandidatur bei der Kommunalwahl nutzen.

"Das kann für den ein oder anderen hier im Erms-Tal der Grund dafür sein, mich zu wählen", sagt Wolf im SWR-Interview. Seine Motivation war aber eine andere. Er wolle ein Zeichen setzen. "Es ist wichtig, sich politisch zu engagieren. Gerade bei der derzeitigen Entwicklung. Wir haben in der Politik einen Ruck in die rechtsradikale Richtung." Da sei es wichtig, dass Menschen und Bürger sich engagieren und sagen, man stehe ein für Demokratie.

In der Politik ist Wolf kein Neuling. Er war bereits Gemeinderatsmitglied in Steinenbronn. Das Kommunalpolitische sei ihm nicht fremd. Seit 2018 lebt Wolf in Bad Urach. Und dort braucht es Veränderungen: Die Innenstadt müsse belebt werden. Viele Geschäfte machten zu. Wir müssen Rahmenbedingungen schaffen, damit junge Leute bereit sind, ein Risiko einzugehen. Wolf kandidiert deshalb auch für die Kernstadt und ist auf Listenplatz 17 von 17.

Lisa Federle: Mehr als 16 Jahre im Tübinger Kreistag

"Ich habe gerade nachgerechnet, ich bin seit 2008 im Kreistag". Das sind die ersten Worte von Lisa Federle beim SWR-Interview anlässlich ihrer Kandidatur bei der Kommunalwahl. Die Ärztin aus Tübingen hat also viel Erfahrung. Obwohl man sie eher mit dem Gesundheitswesen verbindet als mit Politik. Die Powerfrau hat sich in der Pandemie einen Namen in ganz Deutschland gemacht. Nun möchte sie erneut für die CDU in den Tübinger Kreistag. Sie ist auf Listenplatz zwei. Federle gefällt die Wirtschaftspolitik der Christdemokraten. "Du kannst nur Geld ausgeben, wenn du etwas hast. Das musst du dir erwirtschaften." Die Partei möchte Federle aber nicht in den Vordergrund rücken. Was zähle sei die Person, so Federle. Ihre innere Einstellung als Ärztin sei entscheidend.

Ich fand es schon immer unmöglich, wenn die Leute an der Politik rummotzen aber überhaupt nichts dafür tun.

Auf die Frage, ob sie überhaupt genug Zeit für das Amt hat, lacht die 62-Jährige. Für den Gemeinderat möchte sie nicht kandidieren. "Das ist für mich zeitlich nicht machbar. Mit meinem Beruf ist das nicht vereinbar." In Coronazeiten hatte Federle allerdings auch für den Kreistag wenig Zeit. Aber da sei sie ja auch an anderer Stelle gebraucht worden.

Federle hat engen Draht zum Landrat

Trotz vollem Terminkalender möchte Federle im Kreistag bleiben. "Es bringt unheimlich viel, wenn du auch den Kontakt zur Politik hast, zum Beispiel zum Landrat. Ich habe als Kreisrätin einen kurzen Draht zu ihm. Das hat sich bei den Corona-Test-Aktionen gezeigt. Das ist für mich auch eine Motivation. Außerdem fand ich es schon immer unmöglich, wenn die Leute an der Politik rummotzen, aber überhaupt nichts dafür tun."

Lisa federle, CDU, bei einem privaten Interview. Sie kandidiert für den Kreistag bei die Kommunalwahl 2024. | Bild: picture alliancedpa | Bernd Weißbrod
Ärztin Lisa Federle (CDU) ist seit 2008 im Tübinger Kreistag

Die Gesundheit der Kinder ist Federle wichtig

Welche Themen sind ihr wichtig? Natürlich die Gesundheitspolitik. Im Besonderen: die Gesundheit der Kinder. Es sei wichtig, dass die Kinder Beschäftigung zum Beispiel durch Sport haben. "Die sollen nicht nur vor dem iPad sitzen." Federle möchte auch, dass das Ehrenamt mehr Anerkennung bekommt. Bei diesem Thema wird sie emotional. "Ich finde es nicht gut, wenn man sich alles bezahlen lässt! Wir haben nicht unendlich gefüllte Kassen", sagt die langjährige ehrenamtliche Präsidentin des Deutschen Roten Kreuz.

Kommunalwahl BW 2024

Am 9. Juni finden in Baden-Württemberg die Kommunalwahlen und die Europawahl statt. Die Wähler bestimmen die Zusammensetzung der Gemeinderäte und Ortschaftsräte in den Städten und Gemeinden Baden-Württembergs. Gewählt werden auch die Mitglieder der Kreistage in den Landkreisen sowie der Regionalversammlung des Verbands Region Stuttgart.

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