Landkreistagspräsident befürchtet Rechtsruck

Tübinger Landrat sieht Kommunen in Finanznot

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Ulrike Mix

Die Kosten der Landkreise explodieren und die Kreisumlage steigt vielerorts. Landrat Walter befürchtet im Kreis Tübingen, dass bald sogar das Geld für Pflichtaufgaben fehlen könnte.

Den Tübinger Landrat und baden-württembergischen Landkreistagspräsidenten Joachim Walter (CDU) treiben Geldsorgen um. Denn wie überall im Land steigen auch im Kreis Tübingen die Ausgaben immer weiter. Allein bei der Eingliederungshilfe seien die Kosten seit 2017 um 30 Millionen Euro emporgeschnellt, rechnet Walter im Gespräch mit dem SWR vor. Einen genehmigungsfähigen Haushalt hinzubekommen, war wie in vielen anderen Landkreisen auch schwer.

Steigende Kreisumlagen belasten Kommunen in BW

Genau wie die meisten anderen Kreise im Land musste auch Tübingen die Kreisumlage erhöhen, um zusätzlich Geld in die Kasse zu spülen. Doch das geht zu Lasten der Kommunen. Die müssen dadurch mehr Geld an den Landkreis abführen. Dabei müssen die meisten längst selbst auf ihre Rücklagen zurückgreifen, um bei der Haushaltsplanung nicht ins Minus zu rutschen.

Starzach und Ammerbuch vor massiven Problemen

Der Tübinger Landrat rechnet damit, dass die Kommunen Starzach und Ammerbuch 2024 keinen ausgeglichenen Haushalt mehr hinbekommen werden. Dann müsse das Landratsamt als Aufsichtsbehörde schauen, wie das knappe Geld am besten verwendet werden kann.

Klar ist: Kommunen haben Pflichtaufgaben. Sie müssen etwa ihre Straßen und Schulen finanzieren. Was sich die Kommunen dann noch an freiwilligen Leistungen erlauben können, wird man sehen. In Ammerbuch gab es zum Jahresende bereits Protest, weil die Gemeinde den Zuschuss fürs Freibad zusammenstreichen will - Ausgang offen.

Walter sieht die Finanzentwicklung mit Sorge

Dass Kreise und Gemeinden immer mehr unter Druck kommen, sieht Landkreistagspräsident Walter mit Sorge. Die Stadt oder Gemeinde sei der "Ort der Wirklichkeit". Dort spüre der Bürger die Auswirkungen von Finanzproblemen unmittelbar. Der Landrat zeigt sich besorgt.

Wenn es dort nicht mehr funktioniert, weil das Geld auch für die notwendigsten Aufgaben nicht da ist, dann wird im Staat eine Unruhe entstehen, die wir so nicht haben wollen und die wir uns auch auf keinen Fall wünschen dürfen.

Für den Kreis Tübingen will Walter Mitte des Jahres einen Kassensturz machen, um zu sehen, ob der Haushalt hält oder ob der Kreis in eine finanzielle Schieflage rutscht.

Flüchtlinge: Walter befürchtet Unterfinanzierung durchs Land

Ein großer Kostenfaktor für Gemeinden und Landkreise sind die vielen Flüchtlinge. Allein im Kreis Tübingen seien im vergangenen Jahr schätzungsweise 2.500 angekommen. Das ist deutlich mehr als zum Höhepunkt der Flüchtlingskrise 2015, als laut Walter rund 1.900 Flüchtlinge hier ankamen. Im Moment bekomme der Kreis rund 95 Prozent der Kosten für Unterbringung und Integration vom Land erstattet. Walter befürchtet jedoch, dass das weniger werden könnte. Das Defizit dürfe dann aber nicht bei den Kommunen hängenbleiben.

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Weniger Bürgergeld für ukrainische Flüchtlinge

Ein Weg, Kosten zu sparen, ist aus Walters Sicht, das Bürgergeld für ukrainische Flüchtlinge zu kürzen. Derzeit bekämen ukrainische Flüchtlinge hier mehr Geld als in den meisten anderen europäischen Ländern. Der Tübinger Landrat glaubt, dass Deutschland für ukrainische Flüchtlinge dann weniger attraktiv wäre, wenn man die staatlichen Hilfen kürze. Außerdem begrüßt Walter den Vorstoß von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD), das Bürgergeld zu kürzen, wenn die Bezieher zumutbare Arbeit ablehnen. Im Kreis Tübingen würden derzeit nicht einmal zehn Prozent der ukrainischen Flüchtlinge arbeiten.

Sorge vor Erstarken der AfD bei den Kommunalwahlen

Aus Sicht des Landrats muss dringend etwas passieren, denn beim Thema Flüchtlinge sei die Stimmung im Land längst gekippt. Die Bemühungen des Landkreises Tübingen in Bodelshausen ein Ankunftszentrum für bis zu 250 Geflüchtete einzurichten, stoßen auf massiven Widerstand aus Teilen der Bevölkerung. Doch der Kreis sei inzwischen gezwungen, auch größere Unterkünfte einzurichten, sagt Walter. Die hohe Zahl an Flüchtlingen sei mit kleinen, dezentralen Unterkünften nicht mehr zu bewältigen.

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Egal ob wir Unterkünfte für 5, 50 oder 200 Flüchtlinge suchen. Uns schlägt nirgends mehr Begeisterung entgegen.

Dass die Finanznot der Kommunen und die Flüchtlingszahlen vor allem der AfD in die Hände spielen, ist Walter klar. Bei der Kommunalwahl im Sommer befürchtet er Zuwächse für die AfD. Auch deshalb sei es wichtig, beim Bürgergeld umzusteuern, damit die Belastung für den deutschen Staat kleiner wird.

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