Angesichts von wirtschaftlichen Unsicherheiten und immer höheren Kosten wirkt es nahezu unglaublich, dass das Geschäft bei HUGO BOSS in Metzingen (Kreis Reutlingen) so boomt. Die Zahlen übersteigen sogar die Erwartungen des Unternehmens: Eigentlich hatte sich der Modekonzern zum Ziel gesetzt, den Umsatz binnen fünf Jahren zu verdoppeln. Bis 2025 sollte er auf vier Milliarden Euro steigen. Doch dieses Ziel ist bereits jetzt erreicht. Erst Anfang August hatte HUGO BOSS seinen Umsatz fürs zweite Quartal bekanntgeben - mit gut einer Milliarde Euro wieder ein Umsatzrekord. Die neue Vorgabe lautet daher: fünf Milliarden Euro bis 2025.
Dass es beim Modekonzern in Metzingen jetzt so gut läuft, sei eng mit einem Namen verknüpft, sagen Experten: Daniel Grieder. Er war Vorstandsvorsitzender beim Modelabel Tommy Hilfiger und ist seit 2021 neuer Vorstandsvorsitzender (CEO) von HUGO BOSS. Grieder habe ein völlig neues Marketingkonzept angestoßen.
HUGO BOSS hat sich junge Zielgruppe erschlossen
HUGO BOSS habe seine Marke völlig neu und breiter aufgestellt, sagt Professorin Audrey Mehn von der International School of Management in Dortmund. Neben den klassischen Anzügen, Blusen und Blazern gebe es jetzt auch jüngere, lässigere Kleidung. Außerdem habe der Konzern junge Leute als neue Zielgruppe entdeckt: die "Generation Z". Für die gibt es inzwischen T-Shirts, Hoodies oder Trainingsanzüge. Die sind nicht billig - ein Trainingsanzug kann um die 300 Euro kosten -, aber egal. Die Jugend sei bereit, diese Preise zu zahlen, erklärt Audrey Mehn. Denn die Marke stehe für etwas Besonderes, das man haben wolle.
Komplett neues Marketing bei HUGO BOSS
Das Marketing sei komplett auf diese neue Zielgruppe abgestimmt, ergänzt Dr. Deniz Köksal. Er hat an der Hochschule Reutlingen über Mode und Nachhaltigkeit promoviert. Die jungen Konsumenten würden vor allem über Social Media Kanäle wie TikTok angesprochen. Die Markenbotschafter, die Werbung für die Kleidung machen, seien Stars der Jugendszene. Darunter sind zum Beispiel Rapper oder Sportler. Außerdem bedient HUGO BOSS nach Ansicht von Audrey Mehn konsequent Themen, welche die Jugend umtreiben: etwa "Diversity" - also Vielfalt von Lebensformen und damit auch Individualität. Das zeige sich auch in neuen Slogans wie "HugoYourWay" oder "Be your own BOSS".
Auch Nachhaltigkeit und Lieferketten sind Thema
Da Nachhaltigkeit immer mehr zum gesellschaftlichen Thema werde und wegen des Lieferkettengesetzes, greife HUGO BOSS auch dieses Thema auf, so Deniz Köksal. Das Unternehmen aus Metzingen wolle bis 2050 CO2-neutral sein. Erst jüngst mahnte CEO Daniel Grieder in dem Magazin "Focus" seine Branche zu mehr Nachhaltigkeit. Man produziere viel zu viel Abfall. Die Fashion-Marken sollten nicht mehr ins Blaue hinein produzieren, sondern mithilfe von Daten erkennen und planen, wie groß die Nachfrage an den Produkten sei.
Laut Köksal werden bei HUGO BOSS gerade Strukturen geschaffen, mit denen man Lieferketten nachvollziehen könne. Denn das Lieferkettengesetz schreibt großen Unternehmen inzwischen einige Umwelt- und Sozialstandards vor. So dürfen die Unternehmen nach Angaben des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung bei der Produktion ihrer Waren etwa kein Trinkwasser verunreinigen und dürfen Kinderarbeit nicht dulden.