Bei den Planungen geht nichts voran

Schlachthof Rottenburg: Chance oder Millionengrab?

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Ulrike Mix

Kleine, lokale Schlachthöfe gibt es kaum noch. Die Rottenburger haben per Bürgerentscheid für den Erhalt ihres Schlachthofs gestimmt. Warum das vielleicht umsonst war.

Was die Bürgerinnen und Bürger wollen, scheint klar: Im Januar 2022 haben die Rottenburger (Kreis Tübingen) sich gegen ihren Gemeinderat und ihren Oberbürgermeister gestellt. Die Mehrheit hat in einem Bürgerentscheid dafür gestimmt, dass sich die Stadt nicht an einem geplanten Schlachthof in Gärtringen (Kreis Böblingen) beteiligen soll. Stattdessen soll der eigene Schlachthof weiter betrieben werden. Doch möglicherweise fährt das Projekt gegen die Wand.

Gemeinderat Rottenburg in der Zwickmühle

Die Idee, den Rottenburger Schlachthof zu erhalten, hat im Gemeinderat offenbar nicht viele Fans. Es sei kein Geheimnis, dass viele den Schlachthof an der Stelle nicht mehr wollen, sagt Jörg Bischof, der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Rottenburger Gemeinderat. Er liegt mitten in der Stadt. Auf dem Gelände könnte man Stadtentwicklung machen - etwa Wohnungen oder ein Kulturzentrum bauen. Das Thema beschäftige Rottenburg seit 20 Jahren.

Im Rottenburger Schlachthof (Kreis Tübingen) gibt es Mängel - etwa kaputte Wandfliesen.
Im Rottenburger Schlachthof (Kreis Tübingen) sind die Mängel offensichtlich.

Schlachthof Rottenburg: ein Millionengrab?

Im und um den Rottenburger Schlachthof gibt es großen Sanierungsbedarf. Das Landratsamt hat Auflagen gemacht - wegen Hygienemängeln und wegen des Tierschutzes. Die Bürgerinitiative für den Erhalt des Schlachthofes hatte ein Sanierungskonzept angekündigt. Bislang liege aber nichts vor, so Michael Bay von der CDU-Fraktion im Gemeinderat. Auch was die Sanierung kosten würde sei offen. Es dürfte aber um Millionen gehen. Ob das finanzierbar wäre, sei in Zeiten knapper Kassen fraglich.

Wir wollen dem Schlachthof nicht den Stecker ziehen, aber da hängen so viele Probleme dran.

Bürgerinitiative: Probleme mit Fachplanern

Tatsächlich wollte die Bürgerinitiative für den Erhalt des Rottenburger Schlachthofs im Sommer verschiedene Sanierungsvarianten vorlegen - samt den dazugehörigen Kostenschätzungen. Doch es gebe Probleme mit Fachplanern, so die Bürgerinitiative. Deshalb hatten die Gemeinderäte auch bei ihrer Sitzung im September noch nichts auf dem Tisch.

Klaus Weber, Sprecher der Bürgerinitiative für den Erhalt des Schlachthofs Rottenburg, und Betreiber Marko Helle vor dem denkmalgeschützen Schlachthofgebäude.
Klaus Weber, Sprecher der Bürgerinitiative für den Erhalt des Schlachthofs Rottenburg, und Betreiber Marko Helle vor dem denkmalgeschützen Schlachthofgebäude.

Schlachthof Rottenburg: denkmalgeschützt und veraltet

Das Landratsamt Tübingen sieht den Rottenburger Schlachthof mit Sorge: Das Dach ist teils baufällig, Wandfliesen sind kaputt und der Hof, auf dem die Tiere abgeladen werden, hat Löcher. Das Landratsamt hat deshalb Auflagen erlassen. Nur wenn nachgebessert wird, darf in Rottenburg auf Dauer weiter geschlachtet werden.

Mit einem Meterstab wird die Größe eines Lochs im Boden des Rottenburger Schlachthofes veranschaulicht
Im Hof des Rottenburger Schlachthofs (Kreis Tübingen) klaffen Löcher. Das Landratsamt Tübingen fordert die Sanierung bis Ende September.

Teilweise hat der Schlachthofbetreiber die Auflagen bereits erfüllt. Aber um die Sanierung des Hofes hatte es Streit zwischen der Stadt und dem Betreiber gegeben. Keiner wollte zuständig sein - obwohl die Stadt nach Angaben der Bürgerinitiative und mehrerer Gemeinderäte noch vor einem Jahr erklärt hatte, dass die Sanierung des Hofes ihre Aufgabe sei. Jetzt hat der Gemeinderat 40.000 Euro bewilligt, damit der Hof in Ordnung gebracht werden kann.

Landratsamt Tübingen: Schlachthof kann weitermachen?

Eigentlich hätte der Hof bereits bis Ende September ausgebessert werden müssen. So hatte es das Landratsamt verlangt. Man habe dem Betreiber aber eine Fristverlängerung gewährt. Bis Ende Oktober soll er ein Konzept vorlegen, wie mit den 40.000 Euro die Probleme behoben werden können. Ohne Sanierung droht ein Zwangsgeld. Mittelfristig könnte der Schlachthof sogar geschlossen werden.

"Ein Bürgerentscheid muss nicht umgesetzt werden."

Und wie ist das nun? Müssen Stadtverwaltung und Gemeinderat den Bürgerwillen umsetzen und den Schlachthof retten oder nicht? Nein, das müssen sie nicht unbedingt, so Ulrich Arndt. Er ist Leiter der Servicestelle für dialogische Bürgerbeteiligung im Staatsministerium. Es komme immer wieder vor, dass Bürgerentscheide letztlich nicht umgesetzt werden - etwa weil kein Geld da sei oder weil sich bei einem Thema neue Perspektiven ergeben. Das sei auch gar nicht dramatisch.

Ein Bürgerentscheid hat keine höhere Wertigkeit als ein einfacher Gemeinderatsbeschluss. Es gibt auch Gemeinderatsbeschlüsse, die sind nicht umsetzbar oder laufen ins Leere.

Die Gemeinde dürfe allerdings auch nicht aktiv gegen die Beschlüsse des Bürgerentscheids arbeiten, so Arndt.

Bürgerentscheid löst keine Konflikte - im Gegenteil

Generell gelte, dass Bürgerentscheide Konflikte oft eher befeuern, als sie zu lösen. Das liegt laut Ulrich Arndt vor allem daran, dass bei einem Bürgerentscheid extrem zugespitzt werde. Eine komplexe Fragestellung müsse auf schwarz - weiß, ja - nein reduziert werden.

Oft stünden hinter einem Bürgerentscheid ganz andere Themen, die unterschwellig in einer Gemeinde brodeln.

Eine Bürgerinitiative und der Betreiber des Schlachthofs in Rottenburg (Kreis Tübingen) hatten für Erhalt des Schlachthofes Unterschriften gesammelt.
Sie hatten für den Erhalt des Schlachthofes Rottenburg (Kreis Tübingen) Unterschriften gesammelt (von links): Gregor Schmidt, Fransziska Rauser, Wolfgang Narr, Schlachthof-Betreiber Marco Helle.

Schlachthof sorgt für Turbulenzen

Die letzte Sitzung des Rottenburger Gemeinderats war aus Sicht mancher Beteiligter "schon emotional". In der Sitzung wurden zwei Gemeinderatsmitglieder für befangen erklärt und von Abstimmungen über den Schlachthof ausgeschlossen, weil sie zentrale Funktionen in der Bürgerinitiative haben. Dagegen haben sie beim Regierungspräsidium Widerspruch eingelegt.

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