Die Sonderausstellung "Frauen ÜBER Frauen" ist seit Sonntag im Schloss Meßkirch zu sehen. Sie beschäftigt sich mit der Frage, was Frauen bewegt, herausfordert und beflügelt. Schließlich leben allein im Kreis Sigmaringen fast 67.000 Frauen.
Es gibt fünf verschiedene Räume, die jeweils einen Aspekt im Leben vieler Frauen behandeln. So geht es zum Beispiel um Mutterschaft, häusliche Gewalt, die Geschichte der Emanzipation und mutige Alltagsheldinnen aus dem Kreis Sigmaringen. Oft werden ihre Geschichten anhand konkreter Gegenstände erzählt.
Was Unterwäsche über die Geschichte der Frau aussagt
Kuratorin Doris Muth zeichnet die Geschichte der Frauenbewegung anhand von Unterwäsche nach. Korsetts und BHs hängen und liegen in Vitrinen. Muth zeigt auf einen "Eistüten-BH", einen spitz zulaufenden Büstenhalter aus den 1950er- bis 1960er-Jahren, auch Torpedo-BH genannt. Er betone die weibliche Form und spiegele damit das Rollenbild der Frau als fürsorgliche Mutter und Hausfrau der damaligen Zeit wider, so die Kuratorin.
Ein Rückschritt für die Frauenbefreiung, findet Muth. Schließlich seien die 1920er-Jahre für viele Frauen ein Aufbruch in Richtung Freiheit und Emanzipation gewesen. Die Unterwäsche in dieser Zeit war weniger körperbetont, weniger fixiert auf die Konturen des weiblichen Körpers.
Ausstellung Meßkirch: Besucher dürfen Unterwäsche wählen
Die Besucherinnen und Besucher sind selbst gefragt. Sie können nicht nur ihre Definition von "Frausein" an einer Pinnwand anbringen, sondern auch einem Bild, das die Göttin Venus zeigt, ein Dessous verpassen; sprich, selbst zur Wäsche-Designerin werden. Der Besuch solle zum Nachdenken über Frauenbilder anregen, aber vor allem auch Spaß machen, sagt Kuratorin Doris Muth.
Berührende Geschichten über Frauen: Aus Somalia geflohen
Das Herz der Ausstellung im Schloss von Meßkirch: Ein Raum, in dem die Geschichten von sieben "Heldinnen" aus dem Kreis vorgestellt werden. Frauen, die mutig sind und sich engagieren - sei es die erste Kommunalpolitikerin nach dem Ersten Weltkrieg (Fanny Fritz aus Saulgau), oder Mechthild Grau aus Meßkirch-Rohrdorf, die sich bis heute in der Geflüchtetenhilfe engagiert.
Besonders berührend für viele Besucherinnen ist die Geschichte von Qali Salad. Die 47-Jährige ist vor dem Bürgerkrieg in Somalia geflohen. Ihren Bruder, ihren Vater und ihren Ehemann hat sie am selben Tag verloren. Sie selbst wurde von militant-islamistischen Al-Shabaab-Milizen entführt, konnte sich jedoch später befreien und floh 2017 nach Sigmaringen. Immer in Angst um ihre drei Kinder, die sie erst nachholen musste. Sie fürchtete, ihre beiden Töchter könnten das gleiche Schicksal wie sie erleiden: die Genitalverstümmelung.
Die Familienzusammenführung hat geklappt. Qali Salad hat die Ausstellung selbst schon besichtigt. Mit dabei: ihre Töchter. Salad ist berührt, dass ihre Geschichte erzählt wird und sagt, es lohne sich immer, "das Leben nochmal neu zu suchen".