Polizei drang nachts in Unterkunft ein

Wohnprojekt "Refugio" in Hechingen: Geplante Abschiebung sorgt für Ärger

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Autor/in
Nathalie Waldenspuhl
Nathalie Waldenspuhl ist Reporterin für Hörfunk, Online und Fernsehen beim SWR im Studio Tübingen.

In dem Vorzeigeprojekt Refugio in Hechingen (Zollernalbkreis) leben und arbeiten Geflüchtete. Ein nächtlicher Abschiebe-Einsatz der Polizei dort sorgt nun für Empörung.

Im Refugio in Hechingen (Zollernalbkreis) hat es vergangenen Donnerstag am frühen Morgen einen Polizeieinsatz gegeben. Die Beamten wollten einen Geflüchteten aus Syrien nach Bulgarien abschieben. Dabei wohnte der Mann mittlerweile gar nicht mehr im Wohnprojekt. Der Arbeitskreis Asyl kritisiert den Einsatz heftig.

Abschiebung im Refugio: Das ist passiert

Gegen drei Uhr morgens soll es passiert sein. Die Polizei hat nach eigenen Angaben mit vier Personen das Refugio betreten, um einen Geflüchteten abzuschieben. Gesucht wurde ein Mann aus Syrien, der in Deutschland einen Asylantrag gestellt hatte. Der wurde aber abgelehnt. Denn: Der Mann ist über Bulgarien in die EU eingereist.

Nach geltendem Asylrecht dürfen Geflüchtete in das EU-Land abgeschoben werden, in dem sie das erste mal registriert wurden. Die Polizei sollte den Mann daher zum Flughafen bringen, damit er zurück nach Bulgarien kommt. Dazu ist es aber nicht gekommen, denn der Mann wurde nicht gefunden.

Nach Einsatz in Hechingen: Arbeitskreis Asyl kritisiert Polizei

Der AK Asyl hat kein Verständnis für das Vorgehen der Polizei. In einem Statement heißt es: Der Mann wohne gar nicht mehr im Refugio. Trotzdem habe die Polizei mit einem "massiven Aufgebot" alle Zimmer durchsucht und die teils traumatisierten Bewohner verstört - und das "ohne ausdrücklichen Durchsuchungsbefehl". Aktuell würden mehrere juristische Verfahren zur Angemessenheit des Polizeieinsatzes laufen, heißt es weiter.

Jeder, der mitten in der Nacht ohne Vorwarnung durch ein massives Polizeiaufgebot aus dem Schlaf gerissen wird, würde in Angst und Schrecken versetzt. Wie viel schlimmer dies für Geflüchtete ist mit traumatischen Vorerfahrungen, lässt sich nur erahnen.

Außerdem kritisiert der AK Asyl die Abschiebung nach Bulgarien. Geflüchtete würden dort "wie Kriminelle inhaftiert" und misshandelt werden, heißt es in dem Statement. Mehrere Refugio-Bewohner hätten von "menschenunwürdigen Verhältnissen" in bulgarischen Flüchtlingslagern berichtet.

Polizei sieht keine Fehler bei Einsatz

Die Polizei sagt, der Einsatz sei rechtmäßig verlaufen. Die Beamten hätten den Auftrag zur Abschiebung vom Regierungspräsidium Karlsruhe bekommen, so ein Polizeisprecher. Sie wollten den Mann in seiner Wohnung abholen, haben ihn dort aber nicht gefunden. Andere Hausbewohner hätten dann erzählt, dass der Syrer im Refugio arbeite und dort auch öfter übernachte, heißt es weiter. Deswegen habe man auch die Unterkunft durchsucht. Und das sei laut Polizei rechtens. Schließlich gehe es darum, die gesuchte Person zu finden:

"Auf Grundlage eines Vollstreckungsauftrags zur Abschiebung können Wohnungen, Zimmer und andere Räumlichkeiten auch zur Nachtzeit ohne richterliche Anordnung von der Polizei betreten werden."

Regierungspräsidium Karlsruhe rechtfertigt Abschiebung

Für Abschiebungen ist in Baden-Württemberg das Regierungspräsidium Karslruhe zuständig. Auch hier heißt es von einer Sprecherin: Der Einsatz sei rechtmäßig verlaufen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) habe den Asylantrag abgelehnt und der Mann sei seit Januar zur Ausreise verpflichtet.

Weiter heißt es, der Einsatz in den frühen Morgenstunden sei gerechtfertigt. Geplant war, dass der Mann um 10:05 Uhr von Frankfurt aus nach Bulgarien fliegt. Die Polizisten hätten deswegen so früh, also nachts, ins Refugio kommen müssen.

Über das Refugio Hechingen

Das Refugio ist ein Wohn- und Integrationsprojekt in der Hechinger Innenstadt. Der Zollernalbrkeis und der AK Asyl Hechingen haben ein leerstehendes Hotel zu einer vorläufigen Unterkunft für Geflüchtete umgebaut. Die Asylbewerber leben in den Hotelzimmern und arbeiten im Restaurant. Im Haus finden auch Deutschkurse statt. Ziel ist es, den Geflüchteten eine Bleibeperspektive zu geben. Daher wird das Refugio seit seiner Eröffnung im Januar als Erfolgsprojekt gefeiert.

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