Flüchtlingsunterkunft, Lernzentrum und Restaurant

Integrationsprojekt: Im "Refugio" in Hechingen kochen Geflüchtete für Gäste

Stand
Autor/in
Julia Klebitz

Im ehemaligen Hotel Klaiber in Hechingen duftet es mittags exotisch. Im "Refugio" kochen Flüchtlinge für Gäste. Durch die Begegnung lernen sie Deutsch. Und noch viel mehr.

Mit blauer Kochschürze steht Hussein Salan in der Tür zum Gastraum. "Weißt du, wie viel Gemüse heute kommt und wann?" fragt er Almut Petersen vom Arbeitskreis Asyl Hechingen. Sie weiß es nicht. Sie ist aber sicher, dass es ausreichen wird für die Tagesessen, die die Flüchtlinge im ehemaligen Hotel Klaiber an diesem Tag anbieten werden.

Im "Refugio" in Hechingen: Tagesessen für Berufstätige

Jeden Tag kochen sie für sich selbst, aber auch für Gäste. Das "Refugio" ist für jeden geöffnet. Mitarbeiter des nahen Landgerichts und andere Berufstätige aus Hechingen kommen, Freunde und Bekannte der Geflüchteten, oder auch einfach mal interessierte Passanten. Das "Refugio" ist zentral gelegen, mitten auf dem Hechinger Obertorplatz.

Zwei Geflüchtete kochen in der Küche des Refugio in Hechingen (Zollernalbkreis).
Im "Refugio" in Hechingen (Zollernalbkreis) kochen Geflüchtete für Gäste. Das Integrationsprojekt in dem ehemaligen Hotel Klaiber ist gut angelaufen.

Nach einer kurzen Absprache geht Hussein schnell zurück in die Küche. Es ist zwar noch nicht einmal 10 Uhr, er will aber schon mal die Auberginen verarbeiten, die bereits da sind. "Fatteh Makdous" – gefüllte Aubergine und "Tuschena" – gebratener Kohl mit Pilzen stehen heute auf dem Menüplan. Internationale Küche aus den verschiedensten Ländern gibt es im "Refugio".

Geflüchtete aus Togo, Syrien und der Ukraine

Auch die derzeit 18 Bewohner und die vielen Deutschschüler, die im Haus ein und aus gehen, sind unterschiedlicher Herkunft. Hussein kommt aus Damaskus in Syrien, seine heutige Küchenhelferin Lesia aus der Ukraine. Die vier Sprachschüler, mit denen Almut Petersen im Gastraum gerade die Uhrzeiten übt, stammen aus Togo in Westafrika.

Geflüchtete bekommen in einem Seminarraum im Refugio Hechingen Deutschunterricht.
Im Integrationszentrum "Refugio" in Hechingen (Zollernalbkreis) lernen Geflüchtete Deutsch. Rund 30 Ehrenamtliche bringen es ihnen bei.

Drei Deutschkurse gibt es an diesem Vormittag im "Refugio". Dreimal in der Woche finden sie statt. Auch abends kann man im Integrationsprojekt Deutsch lernen, zweimal wöchentlich. Der AK Asyl habe das Angebot immer weiter ausgebaut, erzählt Almut Petersen. Die Nachfrage sei groß, denn bis die Geflüchteten ein Recht haben, an einem Integrationskurs teilzunehmen, vergehe oft viel Zeit. Und die Wartelisten sind lang.

Deutschkurse im "Refugio" in Hechingen sind beliebt

Deshalb kommen die jungen Männer aus Togo, Lesia Chepyzhova aus der Küche und auch Volodymyr Poliakov zu den Kursen im "Refugio". Volodymyr wohnt auch im Gebäude. Er nimmt gleich an mehreren Kursen parallel teil, damit er schneller lernt. Und auch Viktoria Pogrebets sagt, dass sie hier gerne lernt.

Petersen: "Eine Aufgabe ist gut für die Psyche" der Geflüchteten

Die Sprache des Gastlandes verstehen und sprechen. Das ist ein wichtiger Punkt, wenn Integration gelingen soll. Für Almut Petersen vom AK Asyl gehört auch dazu, dass die Geflüchteten sofort eine Aufgabe haben.

Im "Refugio" in Hechingen helfen die Geflüchteten auch bei der Hausarbeit. Sie waschen, putzen die Toiletten und tun, was sonst so an Arbeit anfällt in einem Wohnheim. Ein junger Mann steht an diesem Vormittag am Bügelbrett, direkt neben dem provisorisch eingerichteten Büro von Almut Petersen. Auch beim Sanieren der Räume haben die Bewohner angepackt. Sie haben Wände gestrichen, Boden verlegt, einen Seminarraum eingerichtet.

"Refugio" in Hechingen ist vielseitiger Lernort für Geflüchtete

Am wichtigsten aber ist im "Refugio" die Arbeit in der Küche. Die Geflüchteten kochen dort ihr eigenes Essen und das für die Gäste. Es gibt auch ein Café. In dem sitzen mittlerweile mehrere Sprachschüler-Gruppen, die Köpfe tief über die Bücher gebeugt. Neben ihnen stehen Tassen mit Milchkaffee oder Tee.

Hussein Salan steht in der Küche des Refugio in Hechingen im Zollernalbkreis.
Hussein Salan arbeitet als Koch im Integrationsprojekt "Refugio" in Hechingen (Zollernalbkreis).

Geflüchtete bekommen für Arbeit Pauschale

Aus der Küche hört man ein staccatoartiges Hackgeräusch. Hussein Salan schneidet Zwiebeln. Er hat schon in Syrien und der Türkei als Koch gearbeitet und weiß, was er tut. Seit ein paar Tagen hat er eine Arbeitserlaubnis und einen Arbeitsvertrag mit dem AK Asyl. Laut Landratsamt erhalten die Flüchtlinge, die sich im "Refugio" engagieren, je nach Aufgabe und persönlichem Einsatz eine Pauschale von maximal 200 Euro im Monat. Bezahlt werden sie vom AK Asyl.

Integrationsprojekt von Ehrenamtlichen und Landrat entwickelt

Der Landkreis, der das Integrationsprojekt gemeinsam mit dem Hechinger Arbeitskreis Asyl auf die Beine gestellt hat, sieht es als "Leuchtturmprojekt".  Laut Almut Petersen ist es ein Herzensprojekt des Landrats. Nicht alle in Hechingen und Umgebung finden das Projekt gut. Auch im Gemeinderat hat es Auseinandersetzungen gegeben. Petersen empfindet aber deutlich weniger Gegenwind, als es bei anderen Flüchtlingsprojekten und geplanten Unterkünften der Fall ist.

Mehr als 30 Ehrenamtliche engagieren sich im "Refugio", die meisten kommen direkt aus Hechingen. Sie helfen im Cafe, bei organisatorischen Dingen, vor allem aber geben sie Sprachkurse. Und die Besucher, die gegen 12 Uhr so langsam im "Refugio" zum Essen eintrudeln zeigen ebenfalls, dass das besondere Integrationsprojekt bei vielen gut ankommt.

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