Debatte um Asylpolitik

"Ohrfeige für die EU": So reagieren Freiburger Experten auf Merz' Migrationspläne

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Thomas Hermanns
Reporter Thomas Hermanns

CDU-Chef Merz will die Migrationspolitik verschärfen. Freiburgs Politikwissenschaftler Wehner sieht darin Symbolpolitik. Rechtsexperte Constantin Hruschka hält das Vorhaben teilweise für rechtswidrig.

Die Migrations- und Asyldebatte dominiert zurzeit den Bundestagswahlkampf. CDU-Chef Friedrich Merz hat am Mittwoch im Bundestag Anträge zum Thema Asyl und Migration gestellt. Er fordert unter anderem dauerhafte Grenzkontrollen, Zurückweisung an den Binnengrenzen und Abschiebehaft für ausreisepflichtige Personen. Constantin Hruschka von der Evangelischen Hochschule Freiburg warnt davor, dass in der hitzigen Migrationsdebatte rechtsstaatliche Standards gefährdet sind. Der Experte für Asyl- und Europarecht erklärte im Interview mit Tagesschau24, dass dauerhafte Grenzkontrollen das europäische Freizügigkeitsrecht und damit eine zentrale Errungenschaft der EU bedrohen.

Rechtswissenschaftler: Forderungen sind "Ohrfeige für die EU"

Rechtsexperte Hruschka warnt vor einer Nationalisierung der Migrationspolitik. Im April 2024 erst haben die EU-Staaten eine Asylrechtsreform beschlossen, die von Deutschland noch umgesetzt werden muss. Diese Reform zielt darauf ab, die irreguläre Migration zu begrenzen und die Verteilung von Flüchtlingen innerhalb der EU gerechter zu gestalten. Erlässt Deutschland nun Gesetze, die dem neuen europäischen Recht widersprechen, wäre das laut Hruschka mindestens eine "Ohrfeige für die EU".

Wenn ich in einer Phase, in der das neue europäische Recht umgesetzt werden muss, nationale Gesetze erlasse, die diesem Recht diametral widersprechen, dann ist das mindestens eine Ohrfeige für die EU.

Würden die Forderungen von CDU/CSU umgesetzt, wäre die europäische Asylrechtsreform schon ein Jahr vor ihrem Inkrafttreten 2026 kaum noch realistisch umsetzbar, so der Rechtswissenschaftler. Zudem habe der oberste Gerichtshof der EU (EuGH) längerfristige Grenzkontrollen zwischen EU-Mitgliedsländern mehrfach für rechtswidrig erklärt.

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Viel "medialer Theaterdonner", wenig schnell politisch umsetzbar

Michael Wehner von der Landeszentrale für politische Bildung in Freiburg sieht in den Anträgen der Union mehr Symbolpolitik als schnell umsetzbare politische Maßnahmen.

Wenn jetzt Österreich unter einer neuen FPÖ-Regierung auch die Grenzen dicht macht, was passiert dann mit Menschen, die zurückgewiesen werden? Die einen wollen sie nicht, die anderen wollen sie auch nicht. Das ist keine Lösung des Problems.

Die vorgebrachten Forderungen im Bundestag seien nur Entschließungsanträge. Erst am Freitag wird dann im Bundestag über einen Gesetzentwurf in der Migrationspolitik debattiert. Da hier auch die Länder betroffen sind, muss der Bundesrat zustimmen. Da seien Zweifel angebracht, so Wehner. "Insofern ist es im Moment, glaube ich, eher medialer Theaterdonner als letztendlich wahrscheinlich politische Wirklichkeit, die relativ schnell zu erzielen sein wird", meint der Politikwissenschaftler.

War's das mit der Brandmauer?

Grüne und SPD werfen Friedrich Merz und der Union vor, ihre politischen Ziele in der Migrationsdebatte mithilfe der AfD durchzusetzen. Merz hatte im Vorfeld der Debatte am Mittwoch gesagt: "Ich gucke nicht rechts und nicht links. Ich gucke in diesen Fragen nur geradeaus." Für Michael Wehner ist klar: Wenn ein Gesetzesentwurf zum ersten Mal mit Zustimmung der AfD oder BSW umgesetzt wird, dann könne man sagen, dass die Brandmauer gefallen sei. Wehner weist aber darauf hin, dass es in der Politik natürlich immer darum gehe, um Mehrheiten zu kämpfen.

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