Höhe der Miete auf dem Prüfstand

Mietwucher-Check zeigt: Begeht der eigene Vermieter eine Straftat?

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Autor/in
Lukas Herzog
Lukas Herzog

Mit einem Mietwucher-Check der Partei Die Linke lässt sich in Freiburg überprüfen, ob die eigene Miete unzulässig hoch ist. Noch müssen Vermieter aber keine Konsequenzen fürchten.

Mietwucher - darunter versteht der Gesetzgeber eine Miete, die mindestens 50 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt (siehe Infokasten). Dass Mieten zumindest mehr als 20 Prozent über dieser Vergleichsmiete liegen, ist in Freiburg kein Einzelfall. Das zeigen jedenfalls Zahlen der Linkspartei, die sich auf Ergebnisse eines von ihr im Herbst eingeführten Mietwucher-Checks beruft. Mit diesem kann man prüfen, ob die eigene Miete womöglich übertrieben hoch ist.

Liegt Mietwucher vor, kann der Vermieter hart bestraft werden. Zumindest theoretisch. Denn die Hürden dafür sind aktuell sehr hoch. Die Stadt Freiburg hat aber einen Weg gefunden, mit dem sie künftig zumindest Bußgelder verhängen könnte.

 

Auf überhöhte Miete folgte Eigenbedarfskündigung

Bis vor eineinhalb Jahren lebte Valerie Tabea Schult noch in einer Einzimmerwohnung im Freiburger Stadtteil Stühlinger. Wenn es nach ihr gegangen wäre, würde sie da wohl auch heute noch wohnen. Es kam anders. Kurz nach Einzug stellte sie fest, dass ihre Miete mehr als 30 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt - was eigentlich nicht erlaubt ist. Sie machte ihren Vermieter wiederholt darauf aufmerksam. Kurze Zeit später lag eine Eigenbedarfskündigung in ihrem Briefkasten. Es folgte eine Räumungsklage. 

Valerie Tabea Schult sitzt auf einer Mauer im Freiburger Stadtteil Stühlinger.
Valerie Tabea Schult im Freiburger Stadtteil Stühlinger. Nachdem sie ihren Vermieter wiederholt auf die überhöhte Miete aufmerksam gemacht hatte, lag kurze Zeit später eine Eigenbedarfskündigung in ihrem Briefkasten.

War Eigenbedaf nur vorgetäuscht?

Schult hatte Glück, fand eine neue Wohnung und wurde nicht obdachlos. Ein halbes Jahr später kam sie wieder an der alten Wohnung vorbei. Ein neues Schild hing an der Klingel. "Es war nicht sein Name. Er ist da auch gar nicht eingezogen", meint Schult. Die Frau des Vermieters sei schwanger gewesen und sie hätten sich gerade ein Haus gebaut, sagt Schult. Als sie damals an ihrer alten Tür klingelte, öffnete ihr ein studentisches Pärchen die Tür.

Mit Mietwucher-Check eigene Miete prüfen

Schult ist kein Einzelfall. Seit November gibt es in Freiburg den Online-Mietwucher-Check der Partei Die Linke (deutschlandweit ist das Angebot in acht Städten verfügbar). Nachdem die Nutzerinnen und Nutzer zehn Fragen zur eigenen Wohnung beantwortet haben, bekommen sie eine Einschätzung, ob ihr Vermieter eine Ordnungswidrigkeit oder sogar Mietwucher und damit eine Straftat begehen könnte. Mehr als 4.000 Menschen haben das Angebot in Freiburg bisher genutzt. Gut die Hälfte der überprüften Mieten soll demnach mindestens 20 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete gelegen haben.

Mieter melden Mietwucher nur selten

Allerdings: Auch wenn laut Linkspartei somit rein theoretisch mehr als 2.000 Haushalte in Freiburg betroffen sind, kennt die Stadt nur einen Bruchteil der Fälle. Zwar kann man in dem Online-Check das Ergebnis der Prüfung an die Stadt weiterleiten - diese meldet sich dann bei der betroffenen Person und überprüft, ob tatsächlich Mietwucher vorliegen könnte. Die Stadt hat bislang über den Mietwucher-Check aber nur Meldungen im mittleren zweistelligen Bereich erhalten.

Manfred Wolf vom Mieterverein Freiburg weiß, warum viele Menschen sich nicht trauen, gegen den eigenen Vermieter oder die eigene Vermieterin vorzugehen. Die Sorge vor einer Eigenbedarfskündigung sei zu hoch. "Sie haben einfach Angst, ihre Wohnung zu verlieren", so Wolf. Der Fall von Valerie Tabea Schult zeigt, die Sorge ist nicht unbegründet. 

Manfred Wolf vom Freiburger Mieterverein.
Manfred Wolf vom Freiburger Mieterverein kennt die Sorgen von Mieterinnen und Mietern. Oft hätten sie Angst, gegen die eigenen Vermieterinnen und Vermieter vorzugehen.

Meldungen bei Stadt ohne Konsequenzen

Sobald eine Meldung von überhöhter Miete bei der Stadt eingeht, werden Probleme in der Rechtslage offenkundig: Die Gesetze gegen Mietüberhöhung und Mietwucher sind zahnlose Tiger. Das weiß auch Robert Staible vom zuständigen Amt in Freiburg. Die Stadt überprüfe zunächst gemeinsam mit der betroffenen Person, ob tatsächlich eine zu hohe Miete vorliegt, und kontaktiere dann die Vermieterin oder den Vermieter, so Staible. Ist dieser nicht einsichtig, wurde in Freiburg aber bisher noch nie ein Bußgeld verhängt.

Rechtliche Hürden für Bußgelder sehr hoch

Um wirklich gegen einen Vermieter oder eine Vermieterin vorgehen zu können, hat der Bundesgerichtshof mit Urteilen die Latte sehr hoch gelegt. Vermieterinnen und Vermietern müsste man nachweisen können, dass sie wissentlich den Mangel an Wohnungen ausgenutzt haben. Mieterinnen und Mieter wiederum müssten belegen, dass sie intensiv auf Wohnungssuche waren. In eine Wohnung mit überhöhter Miete zu ziehen, muss quasi die letzte Option gewesen sein.

Balkone in Freiburg.
Die Mieten in Freiburg sind im deutschlandweiten Vergleich mit am höchsten.

Freiburg will neuen Weg einschlagen 

Freiburg möchte das Problem jetzt angehen und sich dabei etwas von der Stadt Frankfurt am Main abgucken. Die verhängt schon seit Längerem erfolgreich Bußgelder.

Die Stadt Freiburg erstellt aktuell Gutachten. Diese sollen belegen: Freiburg hat zu wenig Wohnungen und zu viele Wohnungssuchende. Wer hier eine unzulässig hohe Miete verlangt, nutzt diese angespannte Lage aus. Es müsste somit nicht mehr für den Einzelfall belegt werden.

 Robert Staible, Leiter des Amts für Wohnraumentwicklung und Vermessung.
Robert Staible, Leiter des Amts für Wohnraumentwicklung und Vermessung. Spätestens Anfang kommenden Jahres möchte die Stadt endlich in der Lage, sein Bußgelder zu verhängen.

Bußgelder in Freiburg ab kommendem Jahr möglich

Spätestens Anfang kommendes Jahr will die Stadt Freiburg so weit sein - dann könnte sie Bußgelder verhängen. Ob das neue Vorgehen dem Urteil des Freiburger Amtsgerichts standhält, ist aber ungewiss.

Für Valerie Tabea Schult kommt das neue Vorgehen der Stadt Freiburg zu spät. Sie kann nicht nachvollziehen, dass die Verwaltung nicht schon früher Alarm geschlagen hat. Sie habe seit Jahren gewusst, dass sie keine Bußgelder verhängen kann.

Schult möchte jetzt ihren eigenen Weg gehen, sammelt online Ideen aus der Bevölkerung für eine fairere Wohnungspolitik. Die möchte sie dem Gemeinderat überreichen.

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