Rechtsradikaler Front National bei Parlamentswahlen abgeschlagen

Aufatmen an der Grenze: Front National scheitert im Elsass – und jetzt?

Stand
Autor/in
Ulrike Liszkowski
Bild von SWR-Redakteurin Ulrike Liszkowski
Jan Lehmann
SWR Redakteur Jan Lehmann
Christine Veenstra

Menschen in Freiburg, manche mit deutsch-französischer Staatsangehörigkeit, und auch viele im Elsass freut, dass der extrem rechte Front National nicht gewonnen hat. Reaktionen.

Der befürchtete Rechtsruck ist in Frankreich bei den Parlamentswahlen ausgeblieben. In der entscheidenden Runde landete der extrem rechte Rassemblement National (RN) nur auf Platz drei - auch im Elsass. Dort wählten die meisten Menschen Macrons Bündnis Ensemble. In Straßburg setzte sich der links-grüne Nouveau Front populaire (NFP) durch. Die Republikaner holten im Elsass zwei Wahlkreise. Landesweit liegt in Frankreich die links-grüne Neuen Volksfront NFP vorn. In Straßburg sind viele Menschen über den Wahlausgang erleichtert, auch wenn die Situation kompliziert bleibt.

Umfrage unter Passanten in Straßburg zur Parlamentswahl:

Erleichterung auch am Deutsch-Französischen Gymnasium in Freiburg

Am Deutsch-Französischen Gymnasium in Freiburg sind Schülerinnen und Schüler wie auch Lehrkräfte und Schulleitung erleichtert über das Wahlergebnis in Frankeich. Manche haben eine doppelte Staatsbürgerschaft und befürchteten schon persönliche Nachteile.

Denn der rechtsradikale RN hatte Berufsausschlüsse für Doppelstaatsbürger im öffentlichen Dienst in Aussicht gestellt. "Das bedeutete zum Beispiel, dass ich nicht Politikerin werden könnte", sagt die Schülerin Camille Guiter. Sie fände es erschreckend, dass Binationale einfach so eingeschränkt werden könnten. Auch der 17-jährigen Rania Seiter hat das Sorgen bereitet. Ein Teil ihrer Familie stamme aus Marokko, erklärt sie, lebe aber mit doppelter Staatsbürgerschaft in Frankreich.

"Wir sind eine ganz besondere Schule," sagt Schulleiter Joachim Schmelz, "wir haben alle mitgezittert". Die deutsch-französische Freundschaft hänge natürlich auch an den Fäden der großen Politik, da sei es schon eine Gefahr, wenn extrem Rechte mächtiger würden.

Joachim Schmelz, Schulleiter des Deutsch-Französischen Gymnasiums in Freiburg:

Freiburger Politikwissenschaftler: politische Verhältnisse ungeklärt

Der Freiburger Politikwissenschaftler Marcus Obrecht warnt davor, die Ergebnisse allzu positiv für eine Unterstüzung Macrons zu bewerten. Der extrem rechte RN habe in ganz Frankreich die meisten Stimmen bekommen, auch wenn bei den Mandaten die links-grüne Neue Volksfront vorne liege, erklärt Obrecht. Das komme auf Grundlage des Wahlsystems zustande. Der RN habe gute Chancen, bei den nächsten Präsidentschaftswahlen an die erste Stelle zu kommen. Insbesondere könnte die Partei jetzt womöglich noch weiter profitieren, meint Obrecht, von den Unsicherheiten, die mit dem unklaren Wahlergebnis ins politische System kämen.

Der Rassemblement National hat im Vergleich zu 2022 über drei Millionen Stimmen mehr erhalten. Er ist, was die Zahl der Stimmen betrifft, an erster Stelle in ganz Frankreich, obwohl das Linksbündnis die meisten Mandate im Parlament erreicht hat.

Die links-grünen Parteien der Neuen Volksfront NFP hatten sich erst vor wenigen Wochen für die Parlamentswahl zusammengeschlossen. Bei der Europawahl am 9. Juni waren sie noch einzeln angetreten.

Andreas Jung (CDU) hofft, dass Frankreich nicht in eine Krise stürzt

Auf Frankreichs Präsident Emmanuel Macron komme eine schwierige Regierungsbildung zu, fürchtet der südbadische CDU-Bundestagsabgeordnete Andreas Jung. Mit dem Ausgang der Wahl zugunsten des links-grünen Bündnisses hatte auch er nicht gerechnet. Nun sei die Frage, meint er, "ob die gemäßigten Kräfte der breiten Mitte mit Macrons Partei, mit moderaten Konservativen und mit gemäßigten Sozialdemokraten eine Mehrheit finden können, ohne die Extremen rechts und links."

Der - auch intern umstrittene - Linkspopulist Jean-Luc Mélenchon hatte nach Bekanntgabe der ersten Hochrechnungen Macron aufgefordert, das siegreiche Linksbündnis an der künftigen Regierung zu beteiligen. Der amtierende Premier Gabriel Attal hatte zuvor eine Regierungszusammenarbeit mit der Linkspartei La France Insoumise von Mélenchon explizit ausgeschlossen. Sollten sich die Parteien nicht auf einen gemeinsam Kurs einigen, droht nach Ansicht von Jung eine Hängepartie. Er ist Mitglied der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung und des Deutsch-Französischen Ausschusses für grenzüberschreitende Zusammenarbeit.

Andreas Jung, CDU-Bundestagsabgeordneter über die Wahl in Frankreich:

Evelyne Gebhardt (SPD): "Nicht die Tradition der Koalition“

Auch die SPD-Europa-Politikerin Evelyne Gebhardt fürchtet, dass die Regierungsbildung in Frankreich nicht leicht werde. Denn dort seien die Parteien und Politiker ungeübt in der Gestaltung von Koalitionen. Die frühere Vizepräsidentin des EU-Parlaments ist trotzdem erleichtert über den Wahlausgang.

Baden-Württemberg, Frankreich

Weiterer Rechtsruck bei Parlamentswahl in Frankreich gestoppt SPD-Europa-Politikerin Gebhardt: Regierungsbildung wird nicht leicht

Die deutsch-französische SPD-Europapolitikerin Evelyne Gebhardt aus Schwäbisch Hall ist erleichtert, dass ein weiterer Rechtsruck in Frankreich vorerst gestoppt wurde.

Mehr zu den vorgezogenen Parlamentswahlen in Frankreich

Freiburg

Überraschung bei Frankreichwahl Das Elsass wählt überwiegend Macrons Bündnis

Was viele befürchtet hatten, ist im Elsass ausgeblieben. Der Rassemblement National kann in der Stichwahl nur einen Wahlkreis für sich entscheiden. Die meisten Stimmen kriegt Macron.

SWR Aktuell Baden-Württemberg mit Sport SWR BW

Straßburg

Rechtsruck bei Parlamentswahlen Neuwahlen in Frankreich: Viele Stimmen im Elsass für das rechte Lager

Auch im Elsass liegt der rechtsextreme Rassemblement National in der ersten Runde der Parlamentswahlen fast überall vorn. Er hat dort in elf der 15 Wahlkreise die meisten Stimmen geholt.

Elsass/Frankreich

Dreiland Aktuell Neuwahlen in Frankreich: Mögliche Folgen für die Region

Der französische Präsident Emmanuel Macron hat Neuwahlen ausgerufen. Welche Folgen ein Sieg der rechtsnationalen Partei für die deutsch-französische Freundschaft haben könnte.

Mehr von SWR Aktuell Baden-Württemberg

Baden-Württemberg

Die wichtigsten News direkt aufs Handy SWR Aktuell Baden-Württemberg ist jetzt auch auf WhatsApp

Der WhatsApp-Kanal von SWR Aktuell bietet die wichtigsten Nachrichten aus Baden-Württemberg, kompakt und abwechslungsreich. So funktioniert er - und so können Sie ihn abonnieren.

Baden-Württemberg

SWR Aktuell - der Morgen in Baden-Württemberg Jetzt abonnieren: Newsletter mit BW-Nachrichten am Morgen!

Sie wollen morgens auf dem neuesten Stand sein? Dann abonnieren Sie "SWR Aktuell - der Morgen in BW". Die News aus Ihrem Bundesland ganz bequem in Ihrem Mailpostfach.

Reportagen, Shorts und Erklärvideos SWR Aktuell nun mit eigenem YouTube-Kanal am Start

Ab sofort ist SWR Aktuell auch bei YouTube mit einem eigenen Kanal zu finden. Damit ist die Nachrichtenmarke des SWR künftig neben Instagram und Facebook auch auf der wichtigsten Nachrichtenplattform präsent.