Rechtsruck bei Parlamentswahl in Frankreich vorerst gestoppt

SPD-Europa-Politikerin Gebhardt: Regierungsbildung wird nicht leicht

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Jonathan Hadem
Jonathan Hadem steht im Gang eines SWR-Gebäudes.
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Stefan Eich
Stefan Eich steht im Gang eines SWR-Gebäudes.

Nach der Wahl in Frankreich ist die deutsch-französische SPD-Europa-Politikerin Evelyne Gebhardt erleichtert. Die frühere Vizepräsidentin des EU-Parlaments sagte im Interview mit SWR Aktuell, es werde nicht leicht, eine Regierung zu bilden.

SWR Aktuell: Was halten Sie von dem Ergebnis?

Evelyne Gebhardt: Ich war zunächst mal überrascht, sehr positiv überrascht, dass tatsächlich die Demokratie wieder gewonnen hat in Frankreich. Das ist eine ganz große Erleichterung, denn Rechtsextremismus ist Gift für die Gesellschaft, für Europa. Und das wäre sehr, sehr problematisch in der Politik geworden.

SWR Aktuell: Auch wenn der Rassemblement National jetzt auf dem dritten Platz liegt, hat er Stimmen dazugewonnen, sehr viel mehr, als man davor vielleicht erwartet hätte. Ein wirklich gutes Zeichen ist es ja trotzdem nicht, oder?

Gebhardt: Die Wahlbeteiligung war auch ganz besonders hoch in Frankreich, so hoch wie 1981 nicht mehr. Das bedeutet, dass sowohl das Linksbündnis als auch der Rassemblement National sehr stark ihre Stimmen zusammengebracht haben, mobilisiert haben. Deswegen: Wenn wir das anschauen, ist es ein Ergebnis, das ehrlich ist.

SWR Aktuell: In vielen Kommentaren heißt es heute Morgen schon: Das ist ein Sieg der Demokratie. Aber Frankreich steht jetzt auch eine ungewisse Zeit bevor, denn es ist nicht klar, welche Koalition überhaupt möglich ist. Wird dieser Prozess der Regierungsfindung Ihrer Meinung nach Frankreich etwas mehr zusammenbringen? Oder gibt es da eher Spaltungspotential?

„Es wird ganz schwierig, weil es in Frankreich nicht die Tradition der Koalition gibt“

Gebhardt: Das Spaltungspotential ist natürlich sehr groß, aber ich hoffe dennoch, dass es gelingen kann, die Gesellschaft wieder zusammenzuführen, zusammenzubringen. Es wird ganz, ganz schwierig, weil es in Frankreich nicht diese Tradition der Koalition gibt, so wie wir sie aus Deutschland kennen. Und das heißt, dass die Parteien und Politiker in Frankreich auch nicht geübt sind in der Gestaltung von Koalitionen. Aber sie werden das lernen müssen. Das wäre nicht das erste Mal. Allerdings ist es tatsächlich sehr selten in Frankreich.

SWR Aktuell: Jetzt ist Frankreich natürlich auch innerhalb der Europäischen Union ein extrem wichtiger Partner. Wenn dort aber gerade so viel Unsicherheit herrscht - wie sehr kann man sich auf Frankreich im Moment verlassen?

„Linksbündnis ist gegen Le Pen gestaltet worden - und nicht als gemeinsame Politik“

Gebhardt: Wir haben ja immer noch den Präsidenten Macron, der zwar geschwächt ist, aber ganz klar für eine positive Entwicklung der Europäischen Union steht. Und auch ein großer Teil des Linksbündnisses ist sehr pro-europäisch. Und ich hoffe sehr, weil sie ja nun mal die größte Fraktion bilden werden, dass sie auch in diesem Sinne die Politik gestalten werden. Allerdings ist es natürlich sehr schwierig. Und wir werden auch sehen müssen, wie der Zusammenhalt innerhalb dieses Bündnisses ist. Denn das Bündnis ist ja gegen Le Pen gestaltet worden - und nicht als gemeinsame Politik. Und das wird natürlich die Bildung einer Regierung erschweren.

SWR Aktuell: Deutschland und Frankreich gelten als „europäischer Motor“, auch wenn es da bei der aktuellen Konstellation Macron-Scholz vielleicht ein paar Fragezeichen gibt. Muss sich Deutschland vielleicht auch stärker anderen EU-Staaten zuwenden, wenn Macron jetzt in Frankreich mehr oder weniger handlungsunfähig werden könnte?

Gebhardt: Zweifellos ist die deutsch-französische Zusammenarbeit sehr wichtig. Allerdings können wir nicht davon absehen, unseren Blick auch nach Osten zu richten. Deswegen ist zum Beispiel Polen ein ganz wichtiger Partner, den wir gewinnen müssen. Wir haben ja auch gesehen, dass Bundeskanzler Scholz schon Gespräche mit Herrn Tusk begonnen hat, und das finde ich sehr gut. Eine Zusammenarbeit zwischen Frankreich, Deutschland und Polen wäre auf jeden Fall sehr, sehr gewinnbringend für die Europäische Union.

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