Gerettetes Essen in der Freiburger Mensa

Aktionswoche gegen Lebensmittelverschwendung

Freiburg: Warum Studierende in der Mensa die Reste der anderen aufessen

Stand
Autor/in
Jessica Hans

Die sogenannten Bänderer gehören in der Freiburger Uni-Mensa quasi zum Inventar. Sie nehmen die Teller vom Band, die andere nicht leer gegessen haben und lassen sich die Reste schmecken.

Mit der Aktionswoche "Zu gut für die Tonne" ruft das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft in dieser Woche dazu auf, weniger Lebensmittel zu verschwenden. Genau das tun einige Studierende in Freiburg seit Jahren - auf ihre ganz eigene Weise: Sie essen die Reste von Unbekannten in der Mensa auf.

Aber ist das nicht eklig? Ganz und gar nicht, findet Rudi, der seine Tupperdosen voll mit Lasagneresten auf dem Tisch hinter dem Tablettband in einer Freiburger Uni-Mensa stapelt. Seit er 2019 seinen Master in Freiburg begonnen hat, nimmt der 29-Jährige das vom Band, was andere übrig lassen.

Ein Gefühl von Schlaraffenland. Du kannst alles essen und so viel du willst.

Mittlerweile hat er fertig studiert, am Band der Mensa in der Freiburger Rempartstraße steht er immer noch. Es würde hier sonst so viel weggeschmissen. Für ihn gibt es keinen Grund, nicht zu "bändern". So spare er nicht nur viel Geld für Lebensmittel, sondern setze auch noch ein Zeichen gegen die Verschwendung, sagt er.

Essen retten verbindet

Etwa 15 Lebensmittelretterinnen und -retter bändern durchschnittlich pro Tag in der Mensa in der Rempartstraße. Auch Anna hat ihr Studium mittlerweile abgeschlossen und ist im Foodsharing aktiv. Lange hatte sie sich nicht getraut, sich den Bänderern anzuschließen. Eine Freundin musste sie erst mitnehmen. Heute kommt sie etwa zwei Mal pro Woche mittags in die größte Freiburger Mensa. Nicht nur wegen des Essens, sondern vor allem wegen der Gemeinschaft - sie hat hier gute Freunde gefunden.

Reste-Essen in der Mensa ist verboten - offiziell jedenfalls

Offiziell ist das Reste-Essen in der Mensa verboten - so steht es auch auf einem Schild direkt über dem Tablettband. Theoretisch geht das übriggebliebene Essen wieder in den Besitz der Uni über, sobald es auf das Rückgabeband gestellt wird und somit auch die Verantwortung dafür, erklären Rudi und Anna. Bei mangelnder Hygiene oder Erkrankungen hafte das Studierendenwerk, das die Mensen in Freiburg betreibt.

Offiziell ist das Wegnehmen von Essens-Tabletts verboten, wie ein Schild in der Freiburger Mensa deutlich macht
Offiziell ist das Wegnehmen von Essens-Tabletts in der Freiburger Mensa verboten.

In der Praxis wird Reste-Essen jedoch an einem Band in der Mensa toleriert. Mittlerweile habe man sogar eine recht gute Beziehung zu den Mitarbeitenden, so Anna.

Nicht-Bänderer sind solidarisch

Auch Corona hat dem Bändern keinen Abbruch getan. Nach der Wiedereröffnung der Mensa war Rudi sofort wieder zurück, erzählt er stolz. Vor Keimen haben weder er noch Anna Angst. Im Gegenteil, viele Studierende seien so solidarisch, dass sie es die Bänderer wissen lassen, wenn sie krank sind und warnen davor, von ihrem Teller zu essen.

Auch wenn der Großteil der Studierenden es sich nicht vorstellen kann, selbst Essensreste zu konsumieren - die meisten finden es gut, dass es Leute gibt, die genau das tun.

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