In Waldshut trafen sich mehrere Menschen aus der medzinischen Versorgung, darunter auch Ärztinnen und Ärzte. Sie demonstrierten mit großen und bunten Bannern gegen Hass und Hetze.

Kundgebung für Toleranz und Vielfalt

Ärzte in Waldshut warnen: Ohne Menschen mit Migrationshintergrund geht es nicht

Stand
Autor/in
Petra Jehle
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Paula Zeiler
Bild von Autorin Paula Zeiler aus der SWR Aktuell Redaktion in Freiburg

Für mehr Toleranz und Vielfalt demonstrierten Ärzte und Pflegekräfte in Waldshut. Denn ohne Menschen mit Migrationshintergrund würde das Gesundheitssystem zusammenbrechen.

In der Innenstadt von Waldshut haben sich am Samstag spontan mehrere Ärztinnen, Ärzte und Pflegekräfte für eine Kundgebung eingefunden. "Toleranz und Vielfalt - gegen Hass und Ausgrenzung" stand auf ihrem größten Banner, das sie durch die Innenstadt trugen. Es brauche Menschen mit Migrationshintergrund für die medizinische Versorgung in der Region, so Christoph von Ascheraden. Er ist Arzt und Vorsitzender des Ärztlichen Kreisvereins Waldshut-Bad Säckingen, der die Kundgebung organisierte. Er warnte: "Wenn es diese Menschen nicht gäbe, dann würde unser Gesundheitssystem, auch im Kreis Waldshut, zusammenbrechen."

Marokkanische Ärztin berichtet von ihrem Arbeitsalltag in Waldshut

Zu den vielen Rednerinnen und Rednern gehörte auch Annouchi Zineb. Sie ist ausgebildete Ärztin und arbeitet mit einer vorläufigen Arbeitserlaubnis in der Psychosomatik der Kohlwaldklinik St. Blasien. Vor wenigen Monaten ist sie von Marokko nach Deutschland gezogen. Es sei schwer gewesen die deutsche Sprache zu lernen, sagt Zineb mit leichtem Akzent, während sie vor den rund 80 Anwesenden steht. In ihrem Arbeitsalltag würden viele Menschen immer wieder so tun, als ob sie sie nicht verstehen würden. Sie habe das Gefühl, dass sie stets genau beobachtet werde - "unter einem Mikroskop" stehe. Ein weiteres Problem sei für sie die Bürokratie. Vor einem Jahr habe sie alle Unterlagen eingereicht, warte aber immer noch auf ihren Aufenthaltsstatus, den sie braucht, wenn sie ihre Familie in Marokko besuchen will.

In Waldshut trafen sich mehrere Menschen aus der medzinischen Versorgung, darunter auch Ärztinnen und Ärzte. Sie demonstrierten mit großen und bunten Bannern gegen Hass und Hetze.
Annouchi Zineb (zweite von links) arbeitet als Ärztin in St. Blasien, wartet aber noch auf ihren Aufenthaltstitel.

Lokalpolitiker unterstützten Kundgebung in Waldshut

Während der Kundgebung sprachen auch Landrat Martin Kistler (parteilos) und der Oberbürgermeister der Stadt Waldshut-Tiengen, Martin Gruner (parteilos). Vielfalt sei für ihn keine Schwäche, sondern eine Stärke. "Wir leben in Zeiten von Unsicherheit - wir dürfen nicht zulassen, dass Menschen sich abgehängt fühlen", sagt Gruner. Es brauche Menschen mit Migrationshintergrund, auch in der Bauwirtschaft, Industrie und Gastronomie.

Dass es Menschen mit Migrationshintergrund braucht, sieht auch Bertram Illert. Er ist Chirurg und ärztlicher Direktor des Klinikums Hochrhein. In seinem Team seien elf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wovon nur zwei keinen Migrationshintergrund hätten. Ohne sie würden Patienten tagelang auf OPs warten. Es gäbe keine Narkose, keine Essensversorgung, warnt Illert vor den Versammelten.

Älterer Mann mit Brille steht in Waldshut vor einem großen Gebäude und spricht in ein Mikrofon.
Said Aziz Hamdani arbeitet als Arzt in Küssberg (Landkreis Waldshut) und lebt seit 55 Jahren in Deutschland.

Hoher Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund im Gesundheitswesen

Der Ärztliche Kreisverein Waldshut-Bad Säckingen positioniert sich mit der Kundgebung wie viele weitere Verbände im Gesundheitswesen gegen Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung - darunter auch sein Dachverband, die Landesärztekammer Baden-Württemberg. Der Vorsitzende des Ärztlichen Kreisvereins, Christoph von Ascheraden, betonte die hohe Anzahl von Menschen mit Migrationshintergrund in der medizinischen Versorgung. So hätte etwa jeder vierte Arzt in Deutschland einen Migrationshintergrund. In Gesundheits- und Pflegeberufen sei das 2020 bei 22,5 Prozent aller Erwerbstätigen so gewesen, wie das Deutsche Ärzteblatt schreibt. Besonders hoch sei der Anteil in der Altenpflege, wo er bei über 30 Prozent liegt.

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