Zu wenig Fachkräfte

Notstand in der Eifel: Wer pflegt künftig die Menschen im Dorf?

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Autor/in
Jutta Horn
Jutta Horn arbeitet als Reporterin für SWR Aktuell im Studio Trier

Wer versucht, ambulante Pflege für einen Familienangehörigen zu organisieren, der stößt schnell an Grenzen. Auch in der Eifel spitzt sich die Lage weiter zu.

Der Caritasverband Westeifel e.V. ist der größte Anbieter von ambulanter Pflege im Eifelkreis Bitburg-Prüm. Die stellvertretende Caritasdirektorin Silke Mathey musste vor ein paar Wochen die Reißleine ziehen und einigen Patienten die Pflege absagen. Sie hatte einfach nicht mehr genug Personal, um alle zu versorgen.

Befragung zeigt Probleme bei Betreuung zu Hause

Das Sozialamt des Eifelkreises hatte Einrichtungen, Patienten und Angehörige befragt, um die Lage in der Pflege im Eifelkreis Bitburg-Prüm zu dokumentieren und mit einer Pflegestrukturplanung aufzuzeigen, wie sie verbessert werden kann.

Brunhilde Hell vom Sozialamt war mit federführend bei der Befragung. In den Antworten zeigte sich, dass es Engpässe gibt: vor allem entlang der Luxemburger Grenze in der Südeifel und besonders in den Bereichen "Hauswirtschaft" und "Betreuung".

Da gibt es eigentlich keinen Dienst, wo es nicht eine Wartezeit gibt.

Viele Menschen, sagt Hell, möchten die Pflege selbst übernehmen. Aber für die Hauswirtschaft oder auch für eine stundenweise Betreuung wollen sie einen Pflegedienst engagieren. "Da gibt es eigentlich keinen Dienst, wo es nicht eine Wartezeit gibt. Eine Warteliste, um Hauswirtschaft und Betreuung abzurufen."

Personalmangel hat sich verschärft

Die große Krux ist, sagt Hell, es fehlt einfach an Personal. Das hat auch Silke Mathey vom Caritasverband Westeifel erfahren müssen. Die Personaldecke ist sowieso dünn. Mitarbeiter wechseln nach Luxemburg, wo mehr gezahlt wird. Dann folgten die Krankheitswellen. Die verbliebenen Pflegekräfte mussten einspringen, um die Lücken zu schließen. Ein verlässlicher Dienstplan war nicht mehr zu stemmen.

Also es gibt Ortschaften, wo wir keine pflegerische Leistung mehr erbringen können.

Dann musste sie reagieren und sagen: "In diesem Gebiet geht es nicht mehr. Um die Mitarbeitenden zu schützen, um Ruhe und ein Stück weit Entlastung reinzubringen". Auch wenn das Konsequenzen habe, sagt Silke Mathey. "Also es gibt Ortschaften, wo wir keine pflegerische Leistung mehr erbringen können. Schlicht und ergreifend, weil uns das Personal fehlt."

Eine Lösung: Zusammenarbeit mehrerer Pflegedienste

Natürlich wollte der Caritasverband Westeifel die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen nicht im Regen stehen lassen. Deshalb hat Silke Mathey die anderen ambulanten Dienste im Kreis angesprochen. Die Lösung: Man verständigte sich, wer in welchem Dorf sowieso unterwegs ist und wer dann dort die Menschen pflegt, betreut oder im Haushalt unterstützt.

Nach alternativen Betreuungen umschauen

Eines hat die Pflegestrukturplanung des Eifelkreises aber auch gezeigt: Es gibt Alternativen. Viele kennen sie aber nicht. Als die Wartelisten für Betreuungen lang waren, gab es noch freie Plätze in der Tagespflege. Außerdem gibt es Betreuungsgruppen, in denen Menschen stunden- oder tageweise betreut werden können.

Andere Projekte zur ambulanten Pflege als Vorbild

Im Westerwald läuft ein Modellprojekt, das ganz neue Wege in der ambulanten Pflege geht. Der Caritasverband Westeifel verhandelt nun mit der AOK Rheinland-Pfalz/Saarland, um ebenfalls an diesem Projekt teilzunehmen.

Bisher ist es so, dass der Pflegedienst sogenannte "Leistungskomplexe" anbietet- etwa "große Toilette", "kleine Toilette", "Hilfe bei Ausscheidungen", "Mobilisation". Es wird genau festgelegt, welche Leistung wann erbracht wird.

Aber bei Pflegebedürftigen ist kein Tag wie der andere. Da kann es passieren, dass einer am Tag der "großen Toilette" zur Pflegerin sagt: "Ach ne, heute ist mir gar nicht gut. Ich will nicht ganz gewaschen werden. Aber es wäre mir ganz lieb, sie würden mir einen Kaffee kochen, ein bisschen bei mir bleiben und mich anziehen."

Geht die Pflegekraft darauf ein, folgt ein beachtlicher bürokratischer Rattenschwanz. Manche Leistungen werden nicht bezahlt, weil sie gar nicht erfasst werden. Beim Modellprojekt wird pro Viertelstunde abgerechnet. Wenn für die "große Toilette" eine halbe Stunde eingeplant ist, kann die Pflegekraft entscheiden, was an dem Tag sinnvoll für die Pflegebedürftige ist.

Das mache auch den Beruf attraktiver, davon sind Brunhilde Hell und Silke Mathey überzeugt. Einfach, weil die Pflegekräfte flexibler im Sinne der zu Pflegenden entscheiden könnten.

Mehr Einsatzmöglichkeiten für Quereinsteiger

Im Westerwälder Modellprojekt können auch Quereinsteiger eingesetzt werden, wenn sie geschult sind. Und zwar für Dinge, die auch jeder Angehörige ganz selbstverständlich übernimmt: Strümpfe an- und ausziehen, vorbereitete Tabletten reichen oder den Pflegebedürftigen einreiben. Davon verspricht sich Silke Mathey personelle Entspannung.

Pflegedienste werden nicht mehr alles auffangen können

Die Prognose in der Pflegestrukturplanung des Eifelkreises Bitburg-Prüm ist klar. In Zukunft wird mehr Pflege gebraucht. Gleichzeitig gibt es weniger Personal. "Die Pflegeversicherung ist keine Vollkaskoversicherung", betonen die beiden Expertinnen.

Es wird so sein, dass Angehörige stärker miteingebunden werden müssen, Ehrenamt, Nachbarschaft.

Silke Mathey vom Caritasverband Westeifel erinnert sich noch an Zeiten, in denen man um Aufträge geworben hat. Das ist längst vorbei. Die demographische Entwicklung sei da klar. "Es wird so sein, dass Angehörige stärker miteingebunden werden, Ehrenamt, Nachbarschaft." Deshalb sitzen die Pflegedienste mit der Kreisverwaltung zusammen, um kreative Lösungen in den Dörfern zu finden. Gleichzeitig will das Sozialamt noch mehr informieren, wo man welche Hilfe jetzt schon bekommt.

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