Eren: Witwen haben es besonders schwer

Stuttgarter hilft in Afghanistan: "Lage von Frauen extrem schlimm"

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Thomas Fritzmann
Thomas Fritzmann

Der Gründer der Stuttgarter Organisation STELP, Serkan Eren, hilft derzeit Menschen in Afghanistan. Dabei konnte er auch eine geheime Mädchenschule besuchen.

Der Gründer der Stuttgarter Initiative STELP, Serkan Eren, zeigt sich auf seiner Afghanistanreise entsetzt über die Situation von Frauen und Mädchen. Die Lage sei extrem schlimm, so seine Einschätzung nach mehreren Tagen im Land. "Im Alltag sind Frauen kaum zu sehen, nur in Begleitung oder mit spezieller Genehmigung von Männern", sagte er dem SWR am Telefon. Frauen hätten in Afghanistan keinerlei eigenständige Rechte, berichtet er. Eren erhielt 2023 das Bundesverdienstkreuz.

Derzeit ist er in Afghanistan unterwegs. Mit einigen Mitarbeitern wolle er Menschen rund um die Städte Mazar-e-Sharif, Kabul und Kandahar unterstützen, erzählte er am Donnerstag in einem Telefongespräch. Die Hilfsorganisation will sich bei ihrem Einsatz vor allem auf Witwen und Waisen konzentrieren, auf Mädchen sowie auf die Menschen, die im Norden des Landes von einer schweren Flutkatastrophe getroffen wurden.

Afghanen schieben Waren mit einer Schubkarre durch ein Tor.
Die Stuttgarter Initiative STELP will in Afghanistan Menschen mit Hilfsgütern versorgen.

Serkan Eren: "Man sieht hier fast keine Frauen auf der Straße"

Serkan Eren kritisiert, dass die Machthaber in Afghanistan Zusagen für Frauen und Mädchen nicht eingehalten hätten. Besonders Witwen seien von der Gesellschaft ausgeschlossen, nur Brüder oder Söhne könnten sie versorgen. Sonst sei es für verwitwete Frauen, als seien sie im Gefängnis - "nur dass niemand Essen bringt", berichtet Eren.

Geheime Mädchenschule: "Die riskieren ihr Leben für Bildung!"

Über geheime Verbindungen sei es seiner Organisation STELP gelungen, Kontakt zu einer weiterführenden Mädchenschule zu erhalten. Dort würden Mädchen im Verborgenen unterrichtet. "Damenhygiene-Artikel, Mützen, Socken, Seife, Shampoo - was sich die Mädchen gewünscht haben", das habe er ihnen mitgebracht, berichtet er. Vor den Lehrerinnen und Mädchen habe er großen Respekt: "Die riskieren ihr Leben für Bildung!"

Die nächste Stufe der Unterdrückung von Frauen?

Afghanistan ist das einzige Land weltweit, dass Mädchen und Frauen den Zugang zu höherer Bildung verwehrt. Die Taliban haben am Dienstag angekündigt, dass sie die medizinischen Ausbildung-Studiengänge für Frauen beenden wollen. Für tausende junge Frauen war das ein Schock - mitten in der Phase der Abschlussprüfungen. Doch bisher ließen die Taliban die Ankündigung nur mündlich verbreiten. Erst wenn der oberste Religionsführer einen schriftlichen Erlass unterschreibt, wird die Regelung Gesetz. Viele hoffen jetzt, dass es dazu nicht kommt.

Schlamm nach Flut hat im Norden alles vernichtet

Serkan Eren und sein Team waren nach eigenen Angaben auch im Norden des Landes. Dort sei quasi die "Kornkammer des Landes", sagt er: Keine Großbauern, sondern Familien, die direkt vom Ertrag ihrer Felder lebten. Die Überschwemmungen hätten alles vernichtet. "Da ist eine 10 bis 20 Zentimeter hohe Schlammschicht über allem", es sei entsetzlich. Die Lebensgrundlage der Menschen sei auf mehrere Jahre zerstört, vermutet er.

Ein afghanischer Junge steht zwischen zwei vollverschleierten Frauen.

Geldspenden statt Sachspenden helfen am besten

Die Organisation STELP finanziert ihre Einsätze an Krisenorten über private Spenden. Ein Mal im Jahr seien sie vor Ort in Afghanistan, erzählt Serkan Eren. Dorthin Sachspenden wie Decken zu transportieren, sei viel zu teuer. Deshalb hofft er auf Geldspenden. Man versuche, bei der Verteilung vor Ort auch die Menschen einzubeziehen.

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