Die Stadt Stuttgart verbietet mit einer Allgemeinverfügung Klimaproteste auf den zentralen Straßen der Landeshauptstadt, bei denen sich Personen etwa ankleben, einbetonieren oder anketten. Das teilte die Verwaltung in einer Mitteilung am Donnerstagnachmittag mit. Die Regelung greife ab Samstag (8.7.) und gelte bis Ende des Jahres, heißt es weiter. Verboten sei sowohl das Veranstalten von Blockaden wie auch die Teilnahme.
Nopper: Blockaden der Klimaktivisten seien nicht hinnehmbar
"Klimakleber gefährden sich und andere, sie gefährden sogar Rettungseinsätze", lässt sich Stuttgarts Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) in der Mitteilung der Stadt zitieren. Es sei nicht einzusehen, dass einzelne ohne vorherige Anmeldung "nach dem Gutdünken" Straßen blockierten. Das Verbot wolle man aber nicht so verstanden wissen, dass die Stadt sich nicht für Klimaschutz und Klimaneutralität engagieren möchte.
Reaktionen reichen von "unverhältnismäßig" bis "wichtiger Schritt"
Die CDU Gemeinderatsfraktion begrüßt das Verbot von Straßenblockaden im Zusammenhang mit Klimaschutzprotesten. Die Freude sei sehr groß, dass die Stadtverwaltung endlich die von der CDU beantragte Allgemeinverfügung umgesetzt habe. Diese sei ein "wichtiger Schritt zur Aufrechterhaltung des öffentlichen Lebens", heißt es in einer Pressemitteilung. Die Grünen im Stuttgarter Gemeinderat sprechen hingegen von einer unnötigen "Verschärfung der Debatte". Die Maßnahme sei unverhältnismäßig, denn der Protest werde bereits sanktioniert.
Auch zeigten sich die Grünen irritiert davon, dass die Allgemeinverfügung per Pressemitteilung bekanntgegeben und nicht der Gemeinderat oder zumindest der Ältestenrat vorab darüber informiert worden sei. Linken-Stadtrat Luigi Pantisano kritisierte das Vorgehen der Stadtverwaltung auf Twitter: "Diese Methoden haben eher etwas von einem autoritären Staat als von einer Demokratie."
Blockaden sollen schneller geräumt werden können
Die Stadtverwaltung erhofft sich von der neuen Regelung vor allem einen Zeitgewinn. Denn normalerweise müssten Veranstaltungen aufgelöst werden, bevor die Polizei die Protestierenden wegtragen oder von der Straße lösen könne, so Albrecht Stadler, Abteilungsleiter Sicherheit und Ordnung bei der Stuttgarter Stadtverwaltung. Dies könne dauern, denn die Polizei müsse dreimal die Teilnehmenden einer Veranstaltung auffordern, den Platz zu verlassen und ihnen außerdem Zeit dafür geben. Das dauere in der Regel etwa eine Viertelstunde, so Stadler weiter.
Stadt Stuttgart: Veranstaltern droht bis bis zu einem Jahr Gefängnis
Außerdem hofft die Stadtverwaltung auf die abschreckende Wirkung der Allgemeinverfügung. "Es ist auch ein Verbot und ein gesetzestreuer Bürger lässt sich von einem Verbot möglicherweise beeindrucken."
Bei Verstoß gegen die Allgemeinverfügung drohen Bußgelder in Höhe von bis zu 500 Euro. Albrecht Stadler vom Ordnungsamt weist außerdem daraufhin: "Wenn man Veranstalter oder Leiter einer verbotenen Veranstaltung ist, dann ist das sogar eine Straftat, die mit Geldstrafe oder einem Jahr Freiheitsstrafe bestraft werden kann."
Blockadeaktion legte Verkehr in Stuttgart lahm
In den vergangene Monaten hatten sich wiederholt Klimaaktivistinnen und Klimaaktivisten auf der Fahrbahn festgeklebt, um für stärkeren Klimaschutz zu demonstrieren. Zuletzt hatten am Samstag (1.7.) bei einer koordinieren Aktion Aktivisten neun Haupt- und Bundesstraßen in Stuttgart blockiert. Damit brachten sie den Verkehr streckenweise über Stunden zum Erliegen. Auch ein Rettungswagen blieb im Stau stecken. Mittlerweile hat das Deutsche Rote Kreuz (DRK) allerdings erklärt, dass der Patient rechtzeitig erreicht werden konnte.
Zulässigkeit der Allgemeinverfügung unklar
Ob das Verbot solcher Aktionen per Allgemeinverfügung zulässig ist, ist unklar. Generell ist das Demonstrationsrecht in Deutschland ein Grundrecht.