Nach Raketenangriff auf Kiew

Klinikum Stuttgart hilft Babys aus der Ukraine - Ärzte sind hoffnungsvoll

Stand
Autor/in
Anna Knake
Anna Knake

Im Klinikum Stuttgart werden zwei Babys aus einem teils zerstörten Kinderkrankenhaus in der Ukraine behandelt. Die Umstände, wie sie nach Stuttgart kamen, waren dramatisch.

Fast 2.000 Kilometer haben zwei kleine ukrainische Mädchen zusammen mit ihren Müttern hinter sich gebracht, um schließlich seit Mitte Juli im Olgahospital des Klinikums Stuttgart behandelt zu werden. Die kleine Evelina liegt auf der Station der Kinderchirurgie, eine rosa Spieluhr hängt an ihrem Bettchen und spielt Brahms Wiegenlied, als Chirurg Steffan Loff ins Zimmer kommt.

Zusammen mit einem Dolmetscher begrüßt er seine zehn Monate alte Patientin und ihre Mutter Vasylyna Petriv. Im Moment wird Evelina über eine Magensonde ernährt, denn ihre Speiseröhre hat eine schwere Fehlbildung, die in der Ukraine nicht abschließend behandelt werden konnte. “Mich würde sehr interessieren, wie der Stuhl von Evelina war”, sagt Loff und die Mutter zeigt ihm ein Foto. “Es wird langsam!" Loff ist sichtlich zufrieden.

Evelina wurde aus einem zerstörten Kinderkrankenhaus in Kiew nach Stuttgart gebracht und wird nun im Olgahosital im Klinikum Stuttgart behandelt.
Das kleine Baby Evelina und ihre Mutter im Olgahospital im Klinikum Stuttgart.

Ein Raketenangriff trifft das wichtigste Kinderkrankenhaus der Ukraine 

Seit ihrer Geburt lag Evelina im Ohmatdyt-Krankenhaus in Kiew, bevor dieses von einer russischen Rakete getroffen wurde. Ihre Mutter erinnert sich an den Moment: “Die Stoßwelle war so stark, dass ich mich kaum auf den Beinen halten konnte. Wir sind die Treppen runtergerannt, um nach draußen zu kommen. Auf dem Weg habe ich viele verletzte Kinder gesehen, es war schrecklich.” 

Eine Etage tiefer im Stuttgarter Kinderkrankenhaus - das auch Olgäle genannt wird - liegt die vier Monate alte Sofiia auf einer Spezial-Station für Neugeborene. Auch sie wurde in der Kinderklinik in Kiew unter anderem wegen einer Speiseröhrenfehlbildung behandelt, als die Kinderklinik angegriffen wurde. "Damals wurde Sofiia noch beatmet", erzählt ihre Mutter Halina Salomankhina.

Als die Rakete einschlug, habe ich meine Tochter und eine Sauerstoffflasche gepackt und bin in den Keller gerannt.

Im Keller der Klinik musste Halina Salomankhina erstmal ausharren, ihre Angst war groß. “Das Krankenhaus war das einzige in der Ukraine, in dem meiner Tochter geholfen werde konnte. Nach dem Angriff habe ich mich hoffnungslos gefühlt.” 

Halina Salomankhina hat ihre vier Monate alte Tochter Sofiia auf dem Arm. Beide wurden aus dem Kinderkrankenhaus in Kiew evakuiert.
Halina Salomankhina hält ihre vier Monate alte Tochter Sofiia in den Armen. Sie ist erleichtert, dass ihrem Kind im Klinikum Stuttgart geholfen werden kann.

Hunderte Kinder müssen versorgt werden - Klinikum Stuttgart hilft

Rund 600 Kinder müssen evakuiert werden, die Ukraine bittet die EU um Hilfe. Das Olgahospital des Klinikums Stuttgart scheint international für Evelina und Sofiia die beste Anlaufstelle. Denn die Schwerpunkte des Olgahospitals entsprächen genau dem, was die Babys jeweils brauchten, zum Beispiel eine hohe Expertise bei der Rekonstruktion von Speiseröhren, erklärt Jan Steffen Jürgensen, Medizinischer Vorstand des Klinikums Stuttgart.  

Dennoch habe man genau geprüft, was der regionale Versorgungsauftrag sei und was man darüber hinaus leisten könne, erklärt Jürgensen. Er sagt, dass wenn man die Hilfen international auf mehrere Schultern verteilt, sei es auch stemmbar.

Wir haben das Privileg eine leistungsstarke Klinik mit klugen Köpfen zu sein. Unsere Teams sind sehr motiviert.

So kamen die Mädchen aus der Ukraine ins Olgahospital Stuttgart 

So konnten sich die beiden kleinen Mädchen mit ihren Müttern auf den Weg nach Stuttgart machen. “Ich hatte Angst, dass die Reise für meine Kleine zu viel ist. Aber die Hoffnung war größer”, erzählt Evelinas Mutter. Ein Intensivtransport hat die Kinder zunächst nach Ostpolen gebracht. Von da wurden sie mit einem norwegischen Evakuierungsflug nach Nürnberg geflogen, um dort von Mitarbeitenden des Klinikums Stuttgart empfangen zu werden.

Oberarzt Mirko Majorek hat den Transport auf der letzten Etappe begleitet und behandelt jetzt das jüngere Baby Sofiia. Seit ihrer Ankunft im Olgäle geht es ihr schon besser: “Beim Transport musste sie noch beatmet werden, jetzt atmet sie allein, ist wach und kann schon mit ihrer Mutter kuscheln,” erklärt Majorek.  

Lebensentscheidende Wochen für ukrainische Babys im Klinikum Stuttgart

Trotzdem kommen auf Sofiia noch schwierige Monate und eine Reihe von Operationen zu. “Sofiia ist schon jetzt eine richtige Kämpferin”, sagt Majorek. “Und sie hat eine Mama dabei, die sich super um sie kümmert. Deswegen sind die Bedingungen für sie ganz gut.” Auch Evelinas Chirurg ist vorsichtig optimistisch.

Wenn ich die Situation mit anderen unserer Patienten vergleiche, die etwas ähnliches haben, sind ihre Chancen gut. Ich denke, dass wir diesem Kind langfristig helfen können.

Darauf hoffen natürlich auch die Mütter der beiden Mädchen. “Ich wünsche mir, dass mein Kind nie wieder krank wird”, sagt Evelinas Mutter und kämpft mit den Tränen. “Dass sie einfach gesund und glücklich ist.” 

Das Klinikum Stuttgart behandelt Babys aus der Ukraine, zum Beispiel die kleine Evelina, die von ihrer Mutter begleitet wird.
Zuflucht im Klinikum Stuttgart: Vasylyna Petriv hofft, dass ihre Tochter gesund und glücklich wird.

Die Kosten tragen verschiedene Seiten 

Zu den Behandlungskosten sagt Jan Steffen Jürgensen, Medizinischer Vorstand des Klinikums Stuttgart, dass diese teilweise von Sozialämtern und den gesetzlichen Krankenkassen getragen würden. Die Unterbringung und der Transport beispielsweise seien durch Spenden finanziert. "Die Bereitschaft ist sehr, sehr hoch. Wir haben gleich mehrere hochengagierte Freundeskreise und Fördervereine, die einspringen und gern helfen." Ein weiteres Kind aus dem teils zerstörten Kinderkrankenhaus in Kiew soll bald ebenfalls im Klinikum Stuttgart aufgenommen werden.

Mehr über Kliniken in der Region Stuttgart

Winnenden

An seiner Wohnadresse entdeckt Winnenden: Psychisch kranker Mann wieder zurück in Klinik

Die Suche nach einem psychisch beeinträchtigten Mann im Raum Winnenden ist beendet. Der 20-Jährige ist in der Nacht auf Freitag unverletzt an seiner Wohnadresse entdeckt worden.

Winnenden

Notaufnahme mittlerweile wieder geöffnet Brand in Klinikum Winnenden: Patienten in Sicherheit gebracht

Im Rems-Murr-Klinikum ist es am Sonntagmorgen aufgrund eines in Brand geratenen Schaltschrankes zu einem Feuerwehreinsatz gekommen. Patienten der Notaufnahme wurden evakuiert.

SWR4 BW am Morgen SWR4 Baden-Württemberg

Ludwigsburg

Deutschlandweit neuer Versuch Notaufnahme Ludwigsburg: Mit KI gegen Überlastung

Gegen die Überlastung der Notaufnahme setzt die RKH-Klinik in Ludwigsburg ein neues Konzept: Patientinnen und Patienten können seit Montag einen KI-Selbstcheck machen.

SWR4 am Nachmittag SWR4

Mehr von SWR Aktuell Baden-Württemberg

Baden-Württemberg

Die wichtigsten News direkt aufs Handy SWR Aktuell Baden-Württemberg ist jetzt auch auf WhatsApp

Der WhatsApp-Kanal von SWR Aktuell bietet die wichtigsten Nachrichten aus Baden-Württemberg, kompakt und abwechslungsreich. So funktioniert er - und so können Sie ihn abonnieren.

Baden-Württemberg

SWR Aktuell - der Morgen in Baden-Württemberg Jetzt abonnieren: Newsletter mit BW-Nachrichten am Morgen!

Sie wollen morgens auf dem neuesten Stand sein? Dann abonnieren Sie "SWR Aktuell - der Morgen in BW". Die News aus Ihrem Bundesland ganz bequem in Ihrem Mailpostfach.

Reportagen, Shorts und Erklärvideos SWR Aktuell nun mit eigenem YouTube-Kanal am Start

Ab sofort ist SWR Aktuell auch bei YouTube mit einem eigenen Kanal zu finden. Damit ist die Nachrichtenmarke des SWR künftig neben Instagram und Facebook auch auf der wichtigsten Nachrichtenplattform präsent.