Nach tödlichem Unfall in Ludwigsburg

Prävention: Lassen sich illegale Autorennen verhindern?

Stand

Von Autor/in Anna Knake

Rund 390 illegale Straßenrennen gab es laut Polizei 2023 in Baden-Württenberg. Nach dem tödlichen Unfall in Ludwigsburg wird darüber diskutiert, wie man die Rennen vermeiden kann.

Ludwigsburg, Stuttgart, Heilbronn - illegale Autorennen führen in Baden-Württemberg immer wieder zu tödlichen Unfällen. Seit 2017 ist das Veranstalten oder die Teilnahme an solchen Rennen eine Straftat, geregelt unter dem sogenannten Raser-Paragrafen 315d des Strafgesetzbuches (StGB). In den letzten fünf Jahren stieg die Zahl der illegalen Straßenrennen im Land an.

Wie das Innenministerium dem SWR mitteilte, hat die Polizei 2020 rund 270 illegale Rennen festgestellt und angezeigt. Drei Jahre später stieg die Zahl auf 392. Im ersten Halbjahr vergangenen Jahres zählte die Polizei bereits 207 illegale Rennen. Das Problem: Die Täter sind mit Präventiv-Maßnahmen kaum zu erreichen.

Illegale Autorennen: Wie kann man Raser erreichen?

"Im Grunde sind sie gleichgültig gegenüber anderen und nehmen deswegen auch ihre Schädigung in Kauf", so beschreibt Verkehrspsychologe Wolfgang Fastenmeier im SWR-Interview die Raser. Meistens seien es junge Männer mit Migrationshintergrund aus schwierigen Verhältnissen, denen es um Macht und Prestige ginge. Sie würden in einer Parallelwelt leben und seien mit Präventiv-Maßnahmen und härteren Strafen kaum zu erreichen.

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"Die Motive und Einstellungen dieser Menschen werden sich damit nicht verändern", sagt Fastenmeier. Dem stimmt auch Kay Schulte, Referatsleiter für Unfallprävention des Deutschen Verkehrssicherheitsrats zu. Daher sei es wichtig, an anderen Stellen anzusetzen.

Limousine nicht mehr als Mietwagen

Viele der Rennen finden in Mietwagen statt. "Als Gesellschaft könnte man darüber nachdenken, ob man derartig hochgezüchtete Autos überhaupt - und vor allem an diese Zielgruppe - vermieten darf", sagt Schulte. Bei einem Mietwagen zahle man eine gewisse Gebühr für einen Versicherungsschutz. "Ob der Wagen dann bei einem potentiellen Unfall kaputt geht, interessiert die Fahrer nicht", erklärt Schulte. Anders sei es beim eigenen Auto.

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Rasen auf sicherem Gelände

Als weiteren Ansatz nennt Schulte die Überlegung, Raser ein sicheres Gelände anzubieten. Er bezieht sich auf eine Dokumentation des WDR, die sich mit dem Rasen auf deutschen Straßen auseinandersetzt. Die Journalisten haben dafür unter anderem einen ehemaligen Teilnehmer von illegalen Autorennen begleitet, der nach einem tödlichen Unfall eines Freundes nach Alternativen gesucht hat. Auf einem Flugplatz in NRW organisiert er nun legale Rennen unter sicheren Bedingungen. So möchte er die Szene runter von den öffentlichen Straßen holen.

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Verpflichtendes Kennzeichen für Fahranfänger

In eine ganz andere Richtung geht Schultes dritte Überlegung: ein verpflichtendes Kennzeichen für junge Fahranfänger mit einem besonders hohen Unfallrisiko. Das ist in anderen Ländern bereits üblich. Denn viele der Teilnehmenden der illegalen Autorennen sind dem Experten zufolge junge Männer mit geringer Risikowahrnehmung.

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Eine wissenschaftliche Arbeit zeige: Die generelle Akzeptanz junger Menschen für ein Anfänger-Kennzeichen wäre vorhanden. Mit einer Ausnahme: "Das ist genau die Gruppe, die sich im Straßenverkehr produzieren möchte - durch Rasen und Rennen fahren", erklärt Schulte. Diese lehne ein Kennzeichen für Fahranfänger kategorisch ab, denn es würde sie im Straßenverkehr bloßstellen. Das Kennzeichen würde diese jungen Männer zumindest in ein Dilemma stürzen.

Ein gesellschaftliches Problem

Abschließend ist sich Kay Schulte vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat sicher: Rasen auch ist ein gesellschaftliches Problem. "Ich bin froh, dass in Berlin damals die Tötung von Menschen durch ein illegales Straßenrennen als Mord gewertet wurde." In Jahr 2020 bestätigte der Bundesgerichtshof das Mord-Urteil gegen einen der sogenannten Ku'damm-Raser. Bei ihrem illegalen Straßenrennen war eine unbeteiligte Person ums Leben gekommen. "Das war ein klares Signal an die Szene", sagt Schulte.

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