87 Prozent planen mit negativem Haushalt

Schuldenberg wächst - fast jede Kommune in BW wird 2025 wohl neue Schulden machen

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Hendrik Huber

Baden-Württembergs Städte häufen immer mehr Schulden an. Die Haushalte sehen noch schlechter als im vergangenen Jahr aus. Der Städtetag BW kritisiert das Land. Die weisen die Vorwürfe zurück.

Die Städte häufen immer mehr Schulden an und kaum einem Rathaus in Baden-Württemberg wird es aus Sicht des kommunalen Dachverbands in diesem Jahr gelingen, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Nach Angaben des Städtetags Baden-Württemberg zeigen dies die Ergebnisse der Herbststeuerschätzung und eine neue Umfrage alarmierende Entwicklungen.

Schuldenberg der Kommunen um 20 Prozent gewachsen

Demnach planen 87 Prozent der teilnehmenden Städte im Haushalt 2025 mit einem negativen ordentlichen Ergebnis. Beim Haushalt 2024 lag der Anteil noch bei rund 75 Prozent, teilte der Städtetag mit. Die Gewerbesteuereinnahmen gingen in vielen Städten dramatisch zurück, zeitgleich gebe es auch deutlich weniger Geld von Land und Bund an die kommunale Ebene. Der Schuldberg ist laut Umfrage seit 2023 um mehr als 20 Prozent gewachsen. Details will der Städtetag am Mittwochmittag in Stuttgart vorlegen.

Der Grund: Städte haben zu geringe Einnahmen

"Die Finanzlage der Städte ist dramatisch. Die Einnahmen sinken, während die Ausgaben ungebremst steigen", sagte der Präsident des Städtetags, der Karlsruher Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD). "Die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben wird immer größer", so Mentrup. Die Ausgaben beim Nahverkehr stiegen aggressiv, sagte er, auch bei den Kliniken und durch das Bundesteilhabegesetz für Menschen mit Behinderung sei das der Fall. Dies wirke sich bei den Stadtkreisen direkt und bei den Landkreisen über die Kreisumlage auf die kreisangehörigen Städte und Gemeinden aus.

Karlsruher OB Mentrup: Bund und Land müssen handeln

"Bund und Land müssen endlich handeln", forderte Mentrup. Die Kommunen würden von steigenden Ausgaben und wachsenden Aufgaben "schier erdrückt". Als Gesetzgeber dürfe der Bund die Aufgabenlast der Kommunen nicht beständig erhöhen, ohne dass den Städten und Gemeinden die damit verbundenen Kosten auch nur annähernd erstattet werden. "Es kann nicht sein, dass die Kommunen mehr als 25 Prozent des öffentlichen Haushalts tragen, dafür aber nur 14 Prozent der Steuereinnahmen erhalten", sagte Mentrup. Es müsse klare Finanzierungszusagen bei neuen Aufgaben geben.

Wirtschaftswissenschaftler gibt Kommunen recht

Im SWR erklärte Frank Kupferschmidt von der Hochschule für Öffentliche Verwaltung und Finanzen in Ludwigsburg, dass die Sorgen der Kommunen schon sehr ernst zu nehmen sind: "Die Kommunen führen zu Recht an, dass es vor allem der Aufgabenzuwachs ist, den man ihnen aufbürdet. Das sind viele Aufgaben, die die Kommunen ausführen müssen, die aber nicht vollständig ausfinanziert sind durch Bund und Land."

Die Probleme könnten die Kommunen nicht alleine lösen, so der Wirtschaftswissenschaftler. Es brauche einerseits eine komplette Ausfinanzierung der Aufgaben durch Bund und Land, andererseits müsse der Kuchen, "den man verteilen kann" wieder größer werden. Dafür seien Bund, Länder und auch die EU gefragt.

Das ist nicht das übliche Geplänkel vor einer Finanzierungsrunde oder auch kein strategischer Pessimismus in den Kämmereien.

BW-Finanzministerium weist Vorwürfe zurück

Das baden-württembergische Finanzministerium zeigte zwar Verständnis für die Lage der Kommunen, es wies aber auch Vorwürfe zurück. Ein Sprecher erklärte: "Wir wissen, dass viele Kommunen in einer schwierigen finanziellen Situation sind. Deshalb seien die Mittel an die Kommunen auch gestiegen." Auch das Land müsse mit weniger Steuereinnahmen auskommen und es habe Aufgaben ohne eine ausreichende Finanzierung durch den Bund übernommen. Dennoch unterstütze kaum ein Bundesland seine Kommunen so intensiv wie Baden-Württemberg. 

Kommunen warnen vor weiteren Investitionen

Ganztagsschulen, Deutschlandticket, Flüchtlinge - neben den laufenden Belastungen warnen die Kommunen des weiteren vor großen anstehenden Investitionen. Auf dem Weg zur Klimaneutralität müssten bundesweit 600 bis 700 Milliarden Euro eingeplant werden, auch der Sanierungsstau, etwa bei Brücken, sei immens. "Diese Summen können die Kommunen und ihre Stadtwerke nicht allein stemmen", sagte Mentrup. Land und Kommunen müssten sich auf neue Finanzierungsbausteine und einen offenen Dialog einigen. Der Städtetag will laut Mentrup mit Forderungen und Vorschlägen auf die Landesregierung zugehen und hofft auf weitere Gespräche.

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